Inkarnationen 05 - Sing ein Lied fuer Satan - V3
wie sich ein Sterblicher nur erhoffen darf. Warum
geben Sie Ihre Suche nicht auf und bleiben hier, um mich zu heiraten?«
Orb starrte ihn sprachlos an und wußte nicht, ob er sie auf den Arm nehmen wollte.
»In Ihrer Musik ist soviel Magie. Mit Ihnen an meiner Seite könnte ich meine Musik zur höchsten
Vollendung führen. Außerdem sind Sie verdammt hübsch.«
Er meinte es ernst! Orb war an einer Heirat nicht interessiert, aber sie wollte Csihari auch
nicht vor den Kopf stoßen. Wie konnte sie sich nur herausreden? »Ich weiß nicht, ob das so klug
wäre«, sagte sie schließlich. »Vielleicht sollten Sie lieber einen Seher befragen, ob einem
solchen Ehebund Glück beschieden wäre.«
»Sie sind nicht nur hübsch, sondern auch sehr gescheit!« entfuhr es dem Zigano. Er schickte einen
Jungen nach dem Seher.
Eine alte Frau erschien und stellte sich als Seherin vor. »Ich will dieses Weib zur Gattin
nehmen. Befragen Sie das Schicksal, ob diesem Bund Glück beschieden ist.«
»Zeigen Sie mir Ihre Hand«, sagte die Alte.
Orb hielt ihr die Hand entgegen, und der Zigeuner tat es ihr nach. Die Alte schloß die Augen und
versuchte, in die Zukunft zu blicken. Doch schon nach einem Moment brach die Seherin ihr Bemühen
ab (wie Orb es erwartet hatte). »Ich sehe nichts«, erklärte die Alte.
»Wie ist das möglich?« fragte Csihari.
»Ich sehe in die Zukunft, aber ich kann nichts erkennen. Eine undurchdringliche Wand erhebt sich
dort.«
Der Zigeuner wandte sich an Orb. »Wissen Sie etwas darüber?«
»Mein Halbbruder ist ein Zauberer. Er schützt meine Zukunft mit einem Bann. Ich fürchte, für eine
Heirat ist es bei mir noch zu früh.«
»Das würde ich auch meinen«, sagte die Seherin. »Nur die mächtigsten Zauberer können mir den
Blick in die Zukunft versperren. Ich fürchte, das bedeutet, Sie sollen die Frau ziehen und nach
dem Lied suchen lassen.«
Csihari seufzte. »Ich hätte mir denken können, daß ein solcher Bund zu schön gewesen wäre, um in
Erfüllung zu gehen. Anscheinend kann ich Sie nicht zur Frau gewinnen.«
»Mir schwante schon, daß es so kommen würde«, gestand Orb ein. Der Zigeuner war so lieb und
höflich, daß es ihr schon halb leid tat, ihn so enttäuscht zu haben.
»Begeben Sie sich nach Mazedonien«, riet Csihari. »Meines Wissens nach ist es das Ursprungsland
der europäischen Zigeuner. Vielleicht finden Sie dort eine Antwort.«
In Mazedonien traf Orb mehr Zigeuner als irgendwo sonst an. Das Calo, das hier gesprochen wurde,
war die reinste und unverfälschteste Form der Zigeunersprache. Orb erfuhr, daß Alexander der
Große die Zigeuner in dieses Land gebracht hatte. Denn er hatte erkannt, was für geschickte
Metallhandwerker sie waren, und es lag ihm dran, die Ausrüstung und Schlagkraft seiner Armee zu
vergrößern. So waren die Zigeuner nicht, wie bei anderen Völkern üblich, als Sklaven nach
Mazedonien gekommen, sondern als geehrte Gäste. Sie waren hier stets gut behandelt worden, und
ihre Fähigkeiten hatten mit dazu beigetragen, daß die Armee von Alexander dem Großen in den
späteren Feldzügen unbesiegbar wurde.
Jahrhunderte später war Rom zur Großmacht aufgestiegen, und das mazedonische Reich war unter
diesem Ansturm zerfallen. Die Römer sprangen anders mit den Zigeunern um und wollten sie in ihre
Dienste zwingen. Die goldene Zeit war für die Zigeuner vorüber. Sie flohen, versteckten sich in
den Bergen oder wanderten in andere Länder aus, um ihre Freiheit nicht aufgeben zu müssen. Doch
sehr viele wurden von den neuen Herrn in den Dienst gezwungen; und viele wollten sich nicht von
ihrer Heimat trennen.
Orb gewann bald das Gefühl, hier nicht viel vom Llano erfahren zu können. Sie erkundigte sich
weiter. Wo hatte Alexander denn die Zigeuner gefunden? Nicht in Ägypten, obwohl die englische
Bezeichnung Gypsies für dieses Volk darauf schließen ließ. Nein, sie kamen ursprünglich
aus einer Gegend, die noch hinter Persien lag, aus einem Land namens Hind. Und Hind lag in
Indien.
Also wollte Orb nach Indien weiterziehen.
Orb bestieg ein Flugzeug, das von Mazedonien über Anatolien an die Küste von Kleinasien
flog.
Dort mußte sie umsteigen und über Arabien nach Indien weiterfliegen. Orb lehnte sich in ihrem
Sitz zurück und versuchte zu schlafen.
Doch ihr wurde kein Schlaf gewährt. Bewaffnete Männer tauchten plötzlich im Flugzeug auf. Ihr
Anführer befahl etwas in einer Sprache, die Orb nicht verstand. Die meisten Passagiere verstanden
die
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