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Inkasso Mosel

Titel: Inkasso Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
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Jacke fest: »Lass’, es ist einer von uns.«
    Jetzt sah Walde den Kopf des versteckten Fotografen: »Mensch, das ist doch …«
    »Rob der Schnauz, keine Bange.« Gabi hielt ihn immer noch am Ärmel fest. »Er weiß, dass ich ihm höchstpersönlich seinen Schnauz ausreiße, wenn ich eines seiner Bilder in der Presse entdecke.« Gabi zog den Hut tiefer ins Gesicht. Es fing an zu nieseln.
     
    Als sich Pastor und Messdiener nach der Zeremonie zurückgezogen hatten, traten nach und nach die Trauergäste zum Grab, um Erde auf die hinabgesenkte Urne zu streuen.
    Der Nieselregen hatte inzwischen die schützende Weide durchdrungen. Walde zuckte jedes Mal zusammen, wenn ihm ein dicker Tropfen auf den Kopf platschte.
    »Prinz Eisenherz hat mir erzählt …«, flüsterte Gabi.
    »… wer?«
    »Der blonde Roland«, Gabi nahm den Hut ab und schüttelte die Nässe herunter. »… Hanna habe sich während der vier Jahre, die sie zusammen waren, für die Ehe aufgespart.«
    »Gibt’s das noch?«
    »Jedenfalls behauptet er das.« Gabi setzte den Hut wieder auf.
    »So wie er behauptet, ein Alibi zu haben?«
    Die Trauergesellschaft hatte sich in alle Richtungen aufgelöst. Im Hintergrund warteten zwei Arbeiter, bis Hannas Vater und Roland sich voneinander verabschiedet hatten. Ein Mitarbeiter des Bestattungsinstituts begleitete den Richter zu dem Wagen, der ihn bereits zum Friedhof gebracht hatte.
    Gabi und Walde folgten dem blonden jungen Mann. Als sie ihn fast erreicht hatten, hörten sie Schluchzen. Sie ließen sich ein wenig zurückfallen und gingen eine Weile hinter ihm her, bis sie das offene Gelände im Bereich der Friedhofskapelle erreichten, wo der junge Mann sie bemerkte und stehen blieb.
    Von den Spitzen seiner Haare tropfte das Wasser auf die vom Regen dunkel gefärbten Schultern seines grauen Mantels. Waren es Tränen oder Regentropfen, die ihm über die Wangen liefen? Gabi reichte ihm ein Taschentuch, mit dem er sich das Gesicht abwischte.
    »Mein Beileid, das ist mein Kollege, Kommissar Bock.«
    Eine nasse Hand wurde Walde gereicht.
    »Haben Sie einen Moment Zeit?« Gabi steuerte auf einen überdachten Anbau neben der Kapelle zu, wo sie Schutz vor dem Regen fanden. »Wie lange bleiben Sie in Trier?«
    »Ich muss noch heute zurück nach Tübingen, mein Zug geht kurz nach 16 Uhr.«
    »Da können wir Sie zum Bahnhof mitnehmen«, bot Walde an.
    Als sie sich wieder auf den Weg machen wollten, hielt Gabi die beiden Männer zurück. Sie beobachteten, wie die Fotografen und das Kamerateam, ihre Ausrüstung mit Schirmen vor dem Regen schützend, über den Kiesweg zu den Gräberfeldern eilten, um, nachdem die Kontrollen an den Toren aufgehoben worden waren, wenigstens noch Aufnahmen von Hannas Grab zu machen.
    Nebenan in der Kapelle erklang ein vielstimmig gesungenes Wir sind nur Gast auf Erden.
    Walde hatte nicht bedacht, dass die Rückbank des Volvos umgelegt war und sich darauf Baumaterial, Säcke mit Tapetenabfällen und Schutt befanden.
    »Kein Problem, wir zwei Hübschen kommen auch vorne unter«, entschied Gabi und teilte sich mit Hannas früherem Freund, der in der Mitte des Wagens Platz genommen hatte, den Beifahrersitz.
    Das Gebläse der Heizung schaffte es kaum, die beschlagenen Scheiben von der Feuchtigkeit frei zu halten, welche Kleidung und Haare der Insassen ausströmte.
    »Was studieren Sie?«, fragte Walde.
    »Theologie und Geschichte, am Montag steht eine wichtige Klausur an.«
    »Für die Sie am Wochenende büffeln müssen.«
    »Ja, zumindest möchte ich es versuchen. Ich wäre gerne noch bei Winfried geblieben, aber …«
    »Winfried?«
    »Winfried Harras. Er war früher mal so was wie ein zweiter Vater für mich, als Hanna und ich noch …« Der junge Mann fasste sich an die Stirn und strich die Haare nach hinten. »Ich bin bei ihnen zu Hause ein- und ausgegangen, habe auch oft dort übernachtet, mich um den Garten gekümmert, manchmal auch gekocht, sogar Winfrieds Hemden gebügelt.«
    »Sie haben also zur Familie gehört.«
    »Könnte man so sagen. Winfried hat mich wie einen Sohn behandelt. Ich habe da mehr Zeit verbracht als zu Hause.«
    »Wie Bruder und Schwester«, sagte Gabi.
    »Wie bitte?«
    »Sie und Hanna waren für ihn wie seine Kinder.«
    »Hanna und ich waren ein Paar«, sagte Roland. »Für mich war klar, dass wir heiraten würden.«
    »Aber für Hanna war das anscheinend nicht so klar«, sagte Gabi.
    »Ich habe gewartet«, er sprach zögernd weiter, »es wäre vielleicht nicht so gut gewesen,

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