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Inkasso Mosel

Titel: Inkasso Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
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Gebrauchsanweisung heraus. Es handelte sich offensichtlich um ein Regal. Er überlegte, was das Baby mit einem Regal anfangen sollte.
    Als würde sie seine Gedanken erraten, sagte Doris: »Das ist für Bücher.« Sie lächelte. »Für Bilderbücher, Puppen und Schmusetiere.«
    Walde schleppte immer noch Karton um Karton aus dem Wagen. Darunter eine, wie er den Aufklebern entnehmen konnte, Wickelkommode mit Auflage und einem erhöhten Aufsatz für Babypflegeutensilien, ein Schrank, ein Himmelbett und Regale.
    Marie brachte die von der Ikea- Tour erschöpfte Doris nach Hause. Walde begann mit dem Aufbau. Er hielt sich genau an die Bauanleitungen, legte sich jedes Mal fein säuberlich alle Schrauben, nach Größen getrennt, wie in der Zeichnung aufgeführt, zurecht. Das nur aus wenigen Varianten bestehende Aufbauprinzip war ihm schnell wieder vertraut. Viel schneller, als er anfangs geglaubt hatte, leerten sich die Kartons. Stundenlang schraubte er Möbel um Möbel zusammen. Als er endlich den Kleiderschrank aus massiver Buche aufgebaut hatte, bei dessen sperrigen Teilen er gezweifelt hatte, ohne fremde Hilfe zurechtzukommen, musste er feststellen, dass die Rückwand mit der rauen Außenseite nach innen eingebaut war.
    »Schöne Scheiße«, rutschte es Walde heraus. Das Läuten des Telefons riss ihn aus seinen Überlegungen. Es war die weibliche Stimme, die ihn am Vormittag vor dem Tor der Villa gegenüber dem Stadttheater abgefertigt hatte. Sie gab ihm die Nummer eines Ferienhauses auf Gran Canaria durch, wo sich die Hausinhaber zur Zeit aufhielten.
    Walde vertippte sich zweimal, bevor die korrekte Nummer im Display seines Telefons angezeigt wurde.
    Eine Frau meldete sich mit einem Schwall spanischer Worte, aus denen Walde glaubte, por favor herauszuhören. Erst dachte er, an einen falschen Anschluss geraten zu sein, bis eine männliche Person ein »Ja, bitte!«, das misstrauisch klang, in den Hörer brüllte. Im Hintergrund kläffte heiser ein Hund.
    »Hier Bock von der Kripo Trier.«
    »Für eine Entschuldigung ist es reichlich spät«, dröhnte es Walde entgegen.
    Er war an einen Menschen geraten, der glaubte, bei Ferngesprächen die Distanz durch Brüllen überbrücken zu müssen.
    »Ich verstehe nicht.« Walde fügte vorsichtshalber an: »Akustisch verstehe ich Sie gut, aber was meinen Sie mit Entschuldigung?«
    »BILD hält mich auch hier auf dem Laufenden. Könnt ihr den Hund mal rausschaffen!«
    »Das ist schön für Sie«, seufzte Walde, der sich nicht vorstellen konnte, worüber BILD außer den Lottozahlen auf dem Laufenden hielt.
    »Das ist überhaupt nicht schön, was ihr euch da geleistet habt«, brüllte es aus dem Hörer.
    »Guter Mann, ich glaube, da werfen Sie Justiz und Polizei in einen Topf. In Deutschland herrscht Gewaltenteilung zwischen …«
    »Ja, ja, kommen Sie zum Punkt«, unterbrach ihn die Gegenseite. »Das Gespräch kostet schließlich meine Steuergelder.«
    Walde war längst jeder Cent zu schade, den er an diesen Unsympath hing: »Es geht um die Täterbeschreibung des Mannes, der mit Ihnen zur Bank gefahren ist.«
    »Das habe ich doch alles längst zu Protokoll gegeben, südlicher Typ halt …«
    »Aber Sie sagten, dass es sich um einen Russen handelt?«
    »Russenmafia, sagte ich doch, vielleicht aus Südrussland, was weiß ich.«
    »Hat er geraucht?«
    »Das weiß ich doch jetzt nicht mehr, nach über einem halben Jahr, das hättet ihr mich damals fragen sollen, wenn das so wichtig ist.«
    »Überlegen Sie mal.«
    Walde hörte, wie sich sein Gesprächspartner eine Zigarette anzündete und dann kräftig ausatmete.
    »Der hat, glaube ich, Bonbons gelutscht.«
    »Welche Geschmacksrichtung?«
    »Wir haben uns nicht geküsst, sonst könnte ich Ihnen das sagen.«
    »Haben Sie nichts gerochen?«
    »Im Frühjahr ist mein Heuschnupfen am Schlimmsten, da rieche ich monatelang nichts.«
     
    Es klingelte und Walde öffnete die Tür. Gabi kam herein und glättete mit beiden Händen ihren Rock, über dem sie eine elegante schwarze Lederjacke trug.
    »Was soll das?« Waldes Blick blieb an ihrem ausladenden schwarzen Hut hängen.
    »Wie soll ich die Frage verstehen?«
    »Dass du die Frechheit besitzt, hierher zu kommen, nach allem, was passiert ist.«
    »Wenn du schon nicht zum Beischlaf bereit warst, hast du mir wenigstens beigestanden, so sehe ich das, Punkt.«
    »Das sehe ich ganz anders, nämlich so: Du hast mein Vertrauen ausgenutzt und nichts anderes.«
    »Es war mir wichtig, dass du beim

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