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Inkasso Mosel

Titel: Inkasso Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
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gemeinsamen Wohnung war anstelle eines Buches wohl eher ein Geschenk vom Juwelier angesagt.
    Walde bemerkte einen Mann neben sich, der ebenfalls in den erleuchteten Laden schaute. Er schlenderte an den Auslagen vorbei und kam immer näher auf ihn zu. Walde sah, dass er den Kragen seiner dunklen Jacke hochgeschlagen hatte.
    »Buch gefuundän?«, fragte der Mann.
    Der Akzent ließ Walde aufhorchen. Wo kam der Kerl so plötzlich her? War er ihm gefolgt? War es Zufall, dass sie sich hier trafen?
    »Auch noch so spät unterwegs?« Im gleichen Moment, wo er es ausgesprochen hatte, bereute Walde seine Worte.
    »Buch von Schuldbäratung?«
    Waldes Gedanken rasten: Ich bin Polizist, er ein Gangster übelster Sorte. Vor uns arbeiten Leute, die uns beobachten können. Der Typ hat wahrscheinlich immer noch das Messer. Ich habe keine Waffe …
    Zwei harten Schlägen in seinen Bauch folgte eine Linksrechtskombination an Kinn und Schläfe. Er prallte mit dem Rücken gegen das Schaufenster und rutschte daran entlang zu Boden.
    Kaum lag Walde am Boden, wurde er am Kragen seiner Jacke hochgerissen. Ein glatt rasiertes Gesicht mit dunklen Augen erschien über ihm: »Nächstä Mal nix bäzahlt, du todd.«
    Walde roch den Pfefferminzatem des anderen, dann prallte sein Hinterkopf hart an die Scheibe. Für einen Moment war ihm, als flammte die gesamte Weihnachtsbeleuchtung in der Straße wieder auf. Das nächste, was er wahrnahm, waren die beiden Männer, die neben ihm standen und das Schaufenster untersuchten.
    »Das hätte noch gefehlt«, hörte er den einen sagen. »Ich dachte schon, sie ist hin.«
    Der andere kniete sich neben ihn. Walde schaute in ein Gesicht mit Nickelbrille und dunklem Bart und erkannte einen der beiden Buchhändler, die er vorhin im Laden beobachtet hatte: »Kann ich Ihnen helfen?«
    »Ich bin mit dem Fahrrad gestürzt.« Wieder so ein Satz, den Walde am liebsten gleich zurückgenommen hätte.
    »Wo ist denn Ihr Fahrrad?«, fragte der Bärtige allen Ernstes.
    »Zuviel Glühwein auf dem Weihnachtsmarkt«, war der Kommentar des zweiten Buchhändlers, der erneut die Scheibe begutachtete.
    Walde drehte sich auf die Knie und stand auf, ohne die Scheibe zu berühren.
    »Danke«, murmelte er, als er an den beiden Männern vorbei in Richtung Glockenstraße taumelte. Fünfzig Meter weiter ließ er sich auf einen leeren Blumenkasten sinken. Sein Kopf brummte, als habe sich ein ganzer Bienenschwarm darin eingenistet. Er nahm sein Handy aus der Tasche und überlegte, wen er anrufen sollte. Schließlich steckte er es wieder ein. Eine Gruppe junger Männer mit blinkenden Nikolausmützen ging vorbei. Walde fing Wortfetzen in französischer Sprache auf.
     
    Nach einer Weile rappelte er sich auf und wankte zum Hauptmarkt. Die Buden des Weihnachtsmarktes waren dunkel und verrammelt. Durch die Scheiben der Gerüchteküche erkannte er Licht an der Theke. Die Tür war abgeschlossen. Er klopfte. Keine Reaktion. Er klopfte nochmals und lehnte sich an die Tür. Als sie endlich geöffnet wurde, sah er den blutigen Abdruck, den sein Gesicht an der Scheibe hinterlassen hatte.
    Uli starrte ihn erschrocken an: »Oh Gott, was ist denn mit dir passiert?« Er führte Walde an einen Tisch, wo er ihn sanft auf einen Stuhl drückte.
    Jo kam von der Theke herüber. Seine Zunge schien ihm beim Sprechen im Wege zu sein: »Wie viele waren es?«
    »Einer.«
    »Schlecht. Wie viel größer als du war er?«
    »Einen Kopf kleiner.«
    »Schlecht, und wie viel ist 16x 16?« Jo hatte große Probleme mit dem CH.
    »256«, antwortete Walde mechanisch.
    »Gut, wenigstens hast du keine Gehirnerschütterung!«
    »Aber das Ergebnis kennt er doch auswendig«, wandte Uli ein, der mit Eisbeuteln und einem Stück rohem Fleisch in der Hand aus der Küche zurückkam. »Das hat er doch beim großen Einmaleins auswendig gelernt. Walde, wie viel ist 4x7?«
    »28.«
    »Du scheinst wirklich keine Gehirnerschütterung zu haben.« Uli bog Waldes Kopf nach hinten und tupfte ihm mit einem Küchentuch das Blut ab. Dann legte er ihm das Fleischstück übers Auge. »Das verhindert die Schwellung, aber wenn du mich fragst, muss das genäht werden.«
    »Ich wollte in dem Zustand nicht zu Doris. Die bekäme vor Schreck eine Frühgeburt«, sagte Walde und trank einen Schluck Rosé, den Uli ihm reichte.
    »Im neunten Monat kann es keine Frühgeburt mehr geben«, lallte Jo.
    »Als zweifacher Vater und erprobter Geburtshelfer muss ich ihm da ausnahmsweise Recht geben«, ergänzte

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