Innere Werte
unmögliche Methoden.« Milster stand auf und schritt erregt hinter dem Schreibtisch auf und ab. »Ein Rennen in Wiesbaden.« Er schüttelte missbilligend den Kopf.
»Dadurch haben wir sehr genau die Zeit ermittelt, die uns eventuell zum Wagen des Täters führt«, erklärte Martin.
»Eventuell. Das hätten Sie sicher auch anders errechnen können. Was hätte da alles passieren können!«
»Herr Pichlbauer ist ein sehr guter Fahrer und –«
»Aber kein Rennfahrer!«
»Da sehen Sie mal, was die Jungs alles für ihren Job riskieren.«
»Riskieren? Ich glaube eher, dass das eine Spaßveranstaltung war.«
»Das glauben Sie doch nicht im Ernst«, entgegnete Martin und schlug einen empörten Ton an, obwohl er wusste, dass Milster nicht ganz unrecht hatte. »Die Männer opfern doch nicht ihre wohlverdiente Freizeit, nur um Vermutungen zu überprüfen. Außerdem gehört dazu auch eine Portion Mut. Und was wäre das Leben, hätten wir nicht den Mut, etwas zu riskieren?«
»Ach, lassen Sie doch diese Kalendersprüche.«
»Nächstes Mal werde ich Sie fragen«, überwand Martin sich zu sagen, damit das Thema zum Ende kam.
»Das hoffe ich sehr.« Milster setzte sich wieder. »Haben Sie sonst noch irgendwelche halsbrecherischen Aktionen vor?«
Martin setzte ihn über Steffen Wellner und die geplante Durchsuchung in Kenntnis.
»Wellner, Wellner«, überlegte Milster laut. »Den Namen kenne ich.« Plötzlich riss er die Augen auf. »Jetzt weiß ich’s. Meine Nachbarin war mal Patientin bei ihm. Ein sehr renommierter Arzt. Ich kann mich erinnern, auch Verschiedenes über ihn in der Zeitung gelesen zu haben. Er ist unglaublich angesehen in Wiesbaden. Also, gehen Sie diskret vor. Ich möchte nicht derjenige sein, der seinen guten Ruf beschmutzt.«
»Herr Milster«, sagte Martin betont langsam. »Dieser Mann ist vielleicht ein guter Arzt, aber für uns ist er verdächtig und muss überprüft werden. Da ist mir sein Ruf – pardon – scheißegal, zumal er menschlich das reinste Arschloch ist.« Milster hob an, etwas zu sagen, als Martin schnell weitersprach. »Vergessen Sie mal Ihre Standesdünkel und denken Sie bitte an Ihre angesehene Psychologenfreundin Barbara Hansen, die wir letztes Jahr als Serienmörderin überführt haben.« Martin sah sofort, dass dieses Argument zog.
»Kommen Sie mir doch nicht immer wieder mit dieser alten Geschichte«, jammerte Milster, dem diese Sache immer noch peinlich war, weil er diese Frau so lange verteidigt hatte.
»Also? Kann ich an meinem Fall weiterarbeiten?«
»Ja«, sagte Milster gequält. »Tun Sie eben, was nötig ist. Aber informieren Sie mich.«
Martin wollte schon aufstehen, als Milster ihn zurückhielt.
»Noch etwas Sandor. Unsere diesjährige Weihnachtsfeier. Ich habe keine Zeit, mich darum zu kümmern, und dachte, Sie könnten sich da vielleicht was Nettes ausdenken. So zwischen Weihnachten und Neujahr?«
»Na, Sie haben Humor«, platzte es aus Martin heraus. »Ich habe zwei Fälle aufzuklären und soll mich um eine Weihnachtsfeier kümmern? Ich bin froh, wenn ich meine eigene Feier zu Hause nicht vergesse vor lauter Arbeit.«
»Es muss ja nichts Aufwendiges sein. Vielleicht eine Weinprobe oder so.«
Ich muss hier raus, dachte Martin, sonst werd ich noch irre. Deshalb wählte er den Weg des geringsten Widerstandes. »Ich denk drüber nach.«
»Prima!« Milster lächelte versöhnlich und verabschiedete seinen Kommissar.
Unglaublich, dachte Martin auf dem Weg zum Staatsanwalt. Ich und Weihnachtsfeier. Der spinnt doch. Weinprobe. Ich brauch weder Weinprobe noch besinnliches Beisammensein mit Milster. Ich brauch die Lösung meiner Fälle. Verdammt! Ich brauche auch ein Geschenk für Karla. Übermorgen ist schon Weihnachten. Ich muss mir unbedingt was ausdenken. Vielleicht ein Gutschein? Ja, das ist nicht schlecht. Ein Gutschein für ein Musical wär super. Karla liebt Musicals. Das ist eine gute Idee. Ich kauf ihr noch eine Flasche Sekt von Henkell, den Rosé mag sie am liebsten, und hänge den Gutschein dran.
Martin freute sich, wenigstens dieses Problem bereits gedanklich gelöst zu haben. Das zu besorgen, würde nicht viel Zeit in Anspruch nehmen. Plötzlich hatte er auch eine Idee für Milsters ersehnte Weihnachtsfeier. Dieser Gleisinger hatte doch erzählt, dass er Führungen bei Henkell macht. Das wäre sicher nach Milsters Geschmack und kostete ihn nur einen Anruf. Er nahm sich vor, diese Dinge zu erledigen, sobald er wieder im Büro war.
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»Gut
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