Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ins Eis: Roman (German Edition)

Ins Eis: Roman (German Edition)

Titel: Ins Eis: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Nieberg
Vom Netzwerk:
»Kirsten, tu nicht so scheinheilig! Die Polizei wird nach Mordindizien suchen. Dazu gehören auch Motive. Und bei dir geht es doch ums Geld! Ohne Kristoffer, wie willst du denn deinen Lebensstandard halten? Mit deinen kleinen Malereien? Ohne Fredrik würdest du doch mit den Zähnen klappern! Aber Fredrik wird nicht mehr ewig leben, und wer beerbt ihn jetzt? Jetzt, wo Kristoffer tot ist? Wo Erland tot ist? Jonas! Ziemlich günstig für dich und deinen Sohn, dass Erland und Monika keine Kinder haben. Und nun auch niemals mehr haben werden.«
    Peter, Hartmut, Tobias, Tanja – sie saßen in einem Dreiviertelkreis um den Tisch herum vor Kirsten, aufrecht, leicht nach vorne gebeugt, als stünde ihr Stuhl im Zentrum eines Amphitheaters. Hätte sie nicht jahrelang trainiert, die Pferde nicht mit sich durchgehen zu lassen, damit das Ross unter ihr nicht ebenfalls durchdrehte, sie hätte womöglich nach ihrem Nachtischteller gegriffen und ihn Elisabeth um die Ohren geschlagen.
    Deine Wut brennt kalt, hatte Ingrid gesagt.
    Gezügelt war nicht gezähmt.
    »Berichtige mich, liebste Stiefmama, falls ich mich irre, aber sieht die Erbfolge nicht fünfzig Prozent des Vermögens für die Ehefrau vor? Fredriks Tod ist der Moment, in dem du und Hartmut die Kontrolle über die Bank zurückgewinnen werdet. Peter und Hartmut an der Führungsspitze und dahinter die Eminenz Elisabeth Stolt, so wird es doch sein, nicht wahr? Beide Männer in deiner Tasche. Mehr als du jemals Fredrik unter deiner Kontrolle haben wirst. Mehr als du Erland und Kristoffer hättest manipulieren können.«
    Elisabeths Mundwinkel sackten nach unten. Peter, der neben ihr saß, hatte sich versteift. An Tobias’ Tischende ging etwas mit einem hellen Klirren zu Bruch.
    In das Echo der Scherben hinein fragte Hartmut: »Hat eigentlich heute Morgen auf dem Schiff einer den Zettel, der an meiner Tür hing, gesehen? Der hat auf dem Tisch gelegen, als wir ins Bett gegangen sind. Ich bin um sechs Uhr aufgestanden, um ihn zu holen. Da war er nicht mehr da.«
    Tobias leckte sich die Lippen. »Diese Polizistin hat ihn genommen. Beim Frühstück lag er in einer Plastiktüte neben ihr.«
    Er verstummte. Elisabeth war aufgestanden. »Kirsten, ich möchte gerne unter vier Augen mit dir sprechen.«
    Kirsten lehnte sich zurück. Sie verschränkte die Arme. Sie hatte genug. »Nein, Elisabeth. Ich werde jetzt schlafen gehen. Deine Reden kannst du bis morgen üben, vorbereitet bist du mit Sicherheit überzeugender.«
    Ihr Zimmer war kalt. Aber sie stand nicht in der Dunkelheit zitternd am Fuße ihres Bettes aufgrund einer ausgeschalteten Heizung. Ein Geräusch hatte sie aus dem Schlaf hochschießen lassen, sie konnte sich bloß nicht auf Anhieb erinnern, welches.
    Die Tür.
    Sie lauschte mit rasendem Herzen. Draußen im Flur scharrte etwas an ihrer Zimmertür vorbei. Kirsten schnappte sich den Stuhl und hob ihn hoch, bereit, ihn auf alles zu schleudern, was gleich zur Tür hereinbrechen mochte.
    Nichts geschah. Das Geräusch wiederholte sich nicht. Sie lauschte der nächtlichen Stille vor der Tür nach, bis ihre Ohren knackten. Im Flur lag Teppich, sie würde keine Schritte hören.
    Die Vorhänge waren zugezogen, das Fenster geschlossen. Nichts bewegte sich. Sie machte einen lautlosen Schritt nach vorne, hob ein nacktes Bein und betätigte, gerade so mit dem Stuhl in den Händen das Gleichgewicht bewahrend, mit den Zehen den Lichtschalter. Im Spiegel über dem Tisch erblickte sie sich selbst mit dem Stuhl als Wurfgeschoss vor ihrer Brust.
    Dämlich, urteilte der kühle Beobachter in ihrem Kopf.
    Sie ließ den Stuhl zu Boden gleiten, sprang ins Bad und schnappte sich ihre Nagelfeile. Sie klemmte die neue Waffe zwischen die Finger ihrer Faust, die Spitze zwischen Zeige- und Mittelfinger nach vorne gerichtet, und wartete eine weitere endlose halbe Minute. Dann öffnete sie mit einem Ruck die Tür zum Flur.
    Leer.
    Trotz der kühlen Luft brach ihr der Schweiß aus. Sie griff zum Telefon, wählte die Rezeption und ließ sich mit Monikas Zimmer verbinden. Ein Blick auf die Uhr zeigte zwölf Uhr und einunddreißig Minuten. Monika meldete sich nach dem zweiten Klingeln.
    »Ich bin’s. Ich wollte nur wissen, ob alles in Ordnung ist.«
    »Ja. Ja, ist es.«
    »Schläft Jonas?«
    »Bis gerade eben auf jeden Fall.«
    »Okay, entschuldige. Ich, ich hatte nur … einen Albtraum.«
    »Ich verstehe. Wie könntest du auch nicht, du hast ihn ja gesehen. O Gott, Kirsten, es tut mir so leid.« Es dauerte

Weitere Kostenlose Bücher