Ins Gras gebissen: Ein neuer Fall für Pippa Bolle (Ein Pippa-Bolle-Krimi) (German Edition)
Liste von Verdächtigen haben.«
»Natürlich, aber die kann ich nicht mit Ihnen teilen. Noch nicht. Gehen Sie einfach davon aus, dass ich wirklich niemanden ausschließe.«
»Das ist wirklich furchtbar«, sagte Pippa bedrückt. »Die meisten leben schon seit Jahrzehnten friedlich nebeneinander.«
»Na, wenn das kein Motiv ist«, entgegnete Kommissar Seeger ironisch.
»Dann sagen Sie mir wenigstens, ob wir es Ihrer Meinung nach mit mehreren oder nur mit einem Täter zu tun haben.«
Seeger seufzte. »Wenn ich das wüsste, wäre ich erheblich weiter. Könnte durchaus sein, dass Bornwassers Ermordung überhaupt erst zu den nachfolgenden Morden inspiriert hat.«
Pippa schluckte. »Trittbrettfahrer? Das hieße, wir hätten es nicht mit einem Serienmörder zu tun, sondern mit Morden in Serie.«
Kapitel 25
P ippa machte sich auf den Weg zurück nach Storchwinkel, nahm aber diesmal die Straße, die am Storchenkrug vorbeiführte, da es ihr zu mühsam war, erneut durch den Matsch des Wiesenwegs zu stapfen. Weil es nach Regen aussah, beschleunigte sie ihre Schritte, aber der Wolkenbruch erwischte sie, als sie gerade an der Mühle war.
Triefend nass rettete sie sich hinein und wurde von Heinrich in Empfang genommen. Er forderte sie auf, sich zu setzen und sich aufzuwärmen.
»Ich habe Sie kommen sehen«, sagte er und reichte ihr ein Handtuch, das sie dankbar annahm, um sich die langen Locken zu frottieren.
Der alte Mann schmunzelte. »Früher hätte man Sie wegen Ihrer roten Haare als Hexe verbrannt.«
»Unsere Scheiterhaufen hätten direkt nebeneinandergestanden, Herr Quacksalber und Geisterbeschwörer.«
Heinrich lachte herzlich. »Sie haben eine gute Portion Schlagfertigkeit aus Berlin mitgebracht. Ich wette, Christabel fühlt sich durch Sie bestens unterhalten.« Unvermittelt wurde er ernst. »Das ist wichtig, denn sie braucht Ablenkung und Unterstützung. Dies ist eine schwere Zeit. Eine Zeit wie das Wetter draußen. Meist ist es dunkel, nur ganz selten traut sich ein Sonnenstrahl in die Finsternis.«
Ich werde mich jetzt nicht von deinen Predigten oder Komplimenten ablenken lassen, nahm Pippa sich vor. Wenn ich schon einmal hier bin, will ich handfeste Informationen.
»Ich mag Christabel guttun, aber das reicht mir nicht«, sagte sie. »Ich hätte gern richtigen Schutz für sie, am besten durch die Polizei.«
»Sie glauben, Christabel ist in Gefahr?«, fragte er.
»Solange wir nicht mehr wissen, müssen wir davon ausgehen, dass jemand durch das Storchendreieck läuft und skurrile Morde an den Honoratioren der Region inszeniert – eine verstörende Vorstellung für die noch lebenden. Auch für Christabel.«
»Keine Bange. Wer ihr Böses wollte, der hätte zwanzig Jahre lang Zeit dazu gehabt.«
»Bin ich die Einzige, die sieht, was hier passiert?«, fragte Pippa verärgert. »Warum glauben alle, dass Zeit sich immer nur positiv auswirkt? Die Morde sind außerordentlich grausam, und das ist meiner Meinung nach ein deutliches Zeichen für langgehegten, tiefsitzenden Groll, der sich jetzt beim Täter oder der Täterin Bahn bricht. Es muss vor kurzem einen Auslöser gegeben haben – und jetzt will oder muss der Mörder handeln.« Sie machte eine Pause und sagte dann: »Die Frage ist doch: Zu welchem entscheidenden Moment seiner Biographie folgt ein Mensch dem Pfad der Rache statt dem der Liebe – und wer steht ihm dabei im Weg?«
»Sie machen nicht nur Christabel Konkurrenz, sondern auch mir«, entgegnete Heinrich. »Mit derlei eindringlichen Sätzen versuche ich sonst, meine Schäfchen zu erreichen.«
»Und sind damit äußerst erfolgreich. Mittlerweile denkt selbst die Polizei über Ihre Vier-Elemente-Theorie nach.«
Heinrich nickte nur und trat an das kleine Fenster. Er öffnete es und blickte lange hinaus in den strömenden Regen. Schließlich sagte er, ohne sich Pippa dabei zuzuwenden: »Ich kann das Unheil kommen sehen. Es ist eine Bürde.«
Das ist gruselig, dachte Pippa, riss sich aber zusammen. »Ich glaube nicht an das Zweite Gesicht. Aber ich glaube, dass es Menschen mit außergewöhnlicher Intuition gibt, die unbewusst deutlich mehr wahrnehmen und verarbeiten als andere Menschen und daraus instinktiv die richtigen Schlüsse ziehen. Und es gibt Menschen, die brisante Informationen aus sicheren Quellen erhalten, die sie dann als Spökenkiekerei weiterverkaufen. Zu welcher Kategorie gehören Sie?«
Heinrich drehte sich um. »Sie trauen mir nicht. Warum?«
Pippa beschloss, die Flucht nach vorn
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