Ins Gras gebissen: Ein neuer Fall für Pippa Bolle (Ein Pippa-Bolle-Krimi) (German Edition)
Doubletten anfertigen und als Warnung hinstellen zu lassen? Nein, meine Herren, ich pflege meine Igel selber zu kämmen, das bürde ich niemand anderem auf. Außerdem wäre ich klug genug, den betreffenden Personen die Zwerge vor ihrem Tod zukommen zu lassen, und nicht erst danach.«
Jetzt verstehe ich, was Seeger will, dachte Pippa, in Wirklichkeit wird Christabel verhört und nicht Florian. Und mich als seine Bundesgenossin bringt er damit in eine schöne Zwickmühle.
»Wir zweifeln keineswegs an Ihrer Klugheit, Frau Gerstenknecht«, sagte Hartung so freundlich, dass es wie eine Provokation klang. »Ganz im Gegenteil. Wir glauben, dass die Zwerge als Warnung für die noch lebenden Mitglieder der Doppelkopfrunde gedacht waren.«
Christabel behielt die Ruhe. »Wenn ich etwas mitzuteilen habe, dann tue ich das offen. Ich benötige keine symbolhaften Andeutungen. In Hollwegs Fall hätte ich zudem befürchten müssen, dass er derart dezente Hinweise gar nicht zu interpretieren weiß. Subtilität war nie seine Stärke.« Sie dachte kurz nach und fuhr fort: »Dennoch eine interessante Theorie, Herr Hartung. Welchen Grund hatte ich denn Ihrer Meinung nach, Florian für dieses Spiel zu missbrauchen?«
»Sie wollten Hollweg zur Räson bringen. Er redete seit Wochen überall im Storchendreieck schlecht über Ihre Manufaktur, schwadronierte von Zahlungsschwierigkeiten und Absatzeinbrüchen. Sie wollten es so aussehen lassen, als hätten diese Morde etwas mit ihm zu tun. Sie wollten den Verdacht auf ihn lenken und ihn so loswerden.«
Christabel winkte ab. »Meiner Firma geht es ausgesprochen gut, daran konnte auch Hollwegs Gerede nichts ändern. Wir haben gerade einen sehr lukrativen Vertrag mit China unter Dach und Fach gebracht. Pausenlose Dementis zu Gerüchten schaden eher, als dass sie nützen. Also habe ich darauf verzichtet.«
»Und damit unwidersprochen zugelassen, dass Hollweg den Ruf Ihrer Firma schädigt und so ihren Wert zu mindern versucht? Das sollen wir Ihnen glauben?«
»Wenn ich meinen Betriebsleiter hätte loswerden wollen, hätte ich ihm gekündigt oder ihm den Kauf meiner Firma verweigert. Beides habe ich nicht getan. Und ich kann auch kein Interesse daran haben, durch vorzeitige Präsentation einiger Exemplare der geheimen neuen Kollektion meiner eigenen Firma zu schaden. Noch dazu mit einem Wichtel, der mir selbst noch unbekannt war, weil Lohmeyer ihn mir bis dahin nicht gezeigt hatte. Nur jemand, der diesen Gartenzwerg kannte, hätte ihn auch nachmachen können.«
Florian stöhnte leise auf und schlug die Hände vors Gesicht.
Wenn er es wirklich war, hat er gerade begriffen, dass er sich mit diesem unbekannten Wichtel verraten hat, dachte Pippa.
Hinter seinen Händen sagte Florian gequält: »Ich gebe es zu. Ich war es. Christabel hatte keine Ahnung.«
Nachdem diese Bombe geplatzt war, schwiegen alle.
Pippa hatte Mitleid mit Florian, denn sein Kummer war beinahe körperlich spürbar. Jetzt müsste Heinrich kommen, um dem Ärmsten mit einem seiner Zaubertränke ein wenig Linderung zu verschaffen, dachte sie und schrie leise auf, als sie den alten Mann urplötzlich aus der Dunkelheit direkt hinter der Scheibe der Terrassentür auftauchen sah.
Sie sprang auf und öffnete ihm, froh, etwas anderes tun zu können, als stumm zuzuhören.
»Ich hatte das Gefühl, ich werde hier gebraucht«, sagte Heinrich bei seinem Eintreten.
Sebastian Brusche hatte sich die ganze Zeit redlich bemüht, nicht aufzufallen, um seinen Logenplatz nicht zu riskieren. Ein Notizblock lag auf seinen Knien, und natürlich hatte er eifrig mitgeschrieben. Jetzt grinste er über das ganze Gesicht.
Was ist hier los?, dachte Pippa alarmiert. Welche unsichtbaren Fäden werden hier von wem gezogen? Und auf wessen Kosten?
Auch Christabels Gesicht hellte sich auf, und sie bat Heinrich mit einer Handbewegung an den Tisch. »Wunderbar, du kommst wirklich immer zur rechten Zeit. Florian will uns gerade etwas Wichtiges erzählen. Es ist gut, wenn er dabei die Unterstützung eines wirklich loyalen Freundes hat.«
Heinrich setzte sich und sah sie ernst an. »Die Unterstützung seiner Mutter wäre noch besser. Du solltest sie endlich zurückholen. Und Severin ebenfalls, denn auch du benötigst Beistand.«
»Bravo«, entfuhr es Pippa leise.
Sie registrierte erstaunt, dass Christabel Heinrichs Vorschlag nicht brüsk zurückwies, sondern ihrerseits auf die antike Standuhr sah. Dann nickte die alte Dame. »Brusche, Sie versuchen alles, um
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