Ins Gras gebissen: Ein neuer Fall für Pippa Bolle (Ein Pippa-Bolle-Krimi) (German Edition)
Frau, Eva Lüttmann. Viel zu jung, wenn Sie mich fragen. Aber kommen Sie, gehen wir durchs Haus.« Sie verließ die Küche und durchquerte die Eingangshalle.
Pippa folgte ihr und fragte: »Wie starb sie? Eine Krankheit?«
»Ein grässlicher Unfall, oben in der alten Mühle«, sagte Melitta Wiek über die Schulter, während sie die Flügeltür zum Wohnzimmer öffnete.
Der Raum erstreckte sich über die gesamte Tiefe des Hauses, es gab sowohl Fenster zum Dorfplatz als auch eine große Glastür zur Terrasse. Ein offener Kamin in der Mitte der Wand gegenüber der Tür teilte den Raum in zwei Hälften. Zwei ausladende Sitzgarnituren, hohe Bücherregale und dicke Teppiche sorgten für Gemütlichkeit. Eines der Gartengemälde von Max Liebermann – echt, wie Pippa vermutete – und ein großes Porträt von Christabel Gerstenknecht in jüngeren Jahren schmückten die Wände rechts und links der Flügeltür. Statt eines Fernsehers entdeckte Pippa eine Stereoanlage mit CD-Wechsler samt eindrucksvoller CD-Sammlung. Eine Auswahl Tonträger lag auf einem antiken Butlertisch.
»Eine Ihrer Aufgaben ist es, jeden Morgen die CDs einzulegen, die Frau Gerstenknecht abends ausgesucht hat – in der von ihr vorgesehenen Reihenfolge«, erklärte Melitta Wiek, nahm die CDs vom Butlertisch und bestückte damit das Gerät. »Dann stellen Sie die Musik an.« Sie drückte auf einen Knopf an der Anlage, und überall im Haus erscholl Musik. »Die Musik ist jetzt in allen Räumen zu hören, zu denen Frau Gerstenknecht Zugang hat. Selbstverständlich auch in ihrem Schlafzimmer. Sie wird also wach sein, wenn Sie zu ihr hinaufgehen.«
Sie nahm ein Blatt Papier, das auf der Anlage lag, und gab es Pippa. Alles, was Melitta Wiek ihr bisher erklärt hatte, stand dort aufgelistet: wann Frau Gerstenknecht zu frühstücken wünschte, wann die Musik anzustellen war …
Melitta Wiek führte sie zur Treppe hinauf in den ersten Stock. Mit wenigen Handgriffen zeigte ihr die Haushälterin, wie der Treppenlift bedient wurde oder durch einen Aufsatz in einen Lastenaufzug verwandelt werden konnte.
»Nehmen wir kein Frühstück mit nach oben?«, fragte Pippa.
Die Haushälterin schüttelte den Kopf. »Heute nicht. Heute ist alles anders als sonst, weil Herr Lüttmann und ich später wegfahren. Wir gehen jetzt nur hinauf, um Frau Gerstenknecht beim Ankleiden zu helfen und Hilda Krause zum Frühstück zu bitten.«
Im ersten Stock gab es rechter Hand drei Türen, auf der linken Seite nur eine.
»Hier lebt Severin Lüttmann«, sagte Melitta Wiek. »Er hat eine eigene Wohneinheit. Frau Gerstenknecht wollte es so. Ein erwachsener Mann sollte seine Privatsphäre haben, hat sie gesagt.«
Ob er die nur mit seinen Hunden teilt?, fragte sich Pippa. Aber seine Erwähnung bot ihr die willkommene Gelegenheit, das Gespräch noch einmal auf Eva Lüttmann zu bringen. »Hat ihn der Tod seiner Mutter sehr getroffen?«
»Selbstverständlich. Alles, wie es sich gehört.«
Merkwürdige Antwort, dachte Pippa, offenbar will sie nicht darüber reden. Auch gut, dann wird Professor Meissner mir eben noch ein paar Fragen mehr beantworten müssen.
»Die andere Seite kennen Sie ja bereits zum Teil«, sagte Melitta Wiek und zeigte in Richtung von Pippas Zimmer, »zwei Gästezimmer und in der Mitte das Bad.« Sie klopfte an die erste Tür. »Hilda? Sind Sie wach?«
Als keine Antwort kam, lächelte sie. »Aha – die beiden Freundinnen halten bereits ein Schwätzchen. Kommen Sie, wir gehen jetzt hinauf zur Chefin.«
Im Dachgeschoss gab es auf jeder Seite des Flurs nur eine Tür, die linke war aus wertvollem Ebenholz, die gegenüberliegende aus gebürstetem Stahl.
Pippa blickte durch die großzügige Treppenflucht hinunter bis zur Eingangstür. »Trotz des Treppenliftes – wäre es nicht einfacher, wenn Frau Gerstenknecht weiter unten …«
»Es ist alles genau so, wie Frau Gerstenknecht es haben möchte«, sagte Melitta Wiek knapp und deutete auf die Stahltür, die nur durch Eingabe einer Zahlenkombination auf ein Tastenfeld geöffnet werden konnte und deshalb an die Eingangstüren begehbarer Tresore erinnerte. »Hier ist ihr Allerheiligstes. Wenn sie dort drin ist, ist sie für niemanden zu sprechen. Auch für Sie nicht. Sie können sie dann nur per Telefon erreichen. Dort arbeitet sie an der Buchhaltung, an Verträgen oder Ähnlichem. Versuchen Sie gar nicht erst, sie dabei zu stören. Sie wird nicht reagieren.«
»Aber wenn ihr ausgerechnet dort etwas passiert?«
»Es gibt
Weitere Kostenlose Bücher