Ins Gras gebissen: Ein neuer Fall für Pippa Bolle (Ein Pippa-Bolle-Krimi) (German Edition)
Brusche bei dem Konzert zu treffen, dachte Pippa, und als Politiker versteht er sich darauf, eine derartige Situation sorgfältig zu planen, sie aber gleichzeitig spontan wirken zu lassen.
Die ersten Zuhörer wandten sich kopfschüttelnd ab und gingen weiter. Ihren Bemerkungen entnahm Pippa, dass es sich um Einwohner Salzwedels handelte, die Biberbergs Meinung, die Region brauche für kulturelle Veranstaltungen dringend eine Alternative zur Mönchskirche, keineswegs teilten.
Pippa stimmte ihnen insgeheim zu. Ein Busservice, der die Bewohner der umliegenden Dörfer kostenlos zu den Veranstaltungen in Salzwedel brachte, wäre sofort umsetzbar und allemal günstiger als der Bau eines neuen Kulturzentrums. Trotzdem blieben noch genug Leute stehen und hörten weiter zu; darunter auch Bewohner des Storchendreiecks, wie Pippa feststellte.
Unter ihnen befand sich Gabriele Pallkötter, die zu den nun folgenden Worten Zacharias Biberbergs demonstrativ nickte, nachdem sie sich vergewissert hatte, dass Christabel ihre Nähe zu den Bürgermeistern mitbekam.
»Wir brauchen heute Orte, an denen wir uns treffen und Werte pflegen können, die unsere Region lebbar und er lebbar machen. Wir brauchen Plätze, wo Gemeinschaft gepflegt wird!«, deklamierte Biberberg dramatisch.
»Würde mich nicht wundern, wenn er den zufällig überaus großzügig geplanten Innenbereich des zukünftigen Einkaufszentrums als idealen Ort für die Kultur der Gegend betrachtet«, sagte Christabel. »Um den liegen alle Geschäfte, und es gibt reichlich Platz für eine Bühne und Bestuhlung.«
»So ein Einkaufszentrum hat doch keinerlei Atmosphäre!«, wandte Pippa ein. »Wie soll denn da Stimmung aufkommen?«
Christabel zuckte mit den Achseln und seufzte. »Aber es ist modern. Überaus clever, der Mann. So kommt er seinem Ziel ein gutes Stück näher. Schade, dass er auf der anderen Seite steht.«
Ungeduldig winkte sie Julius Leneke zu sich, der endlich aufgetaucht war und gemeinsam mit Lohmeyer der Rede des Bürgermeisters lauschte.
»Hast du das gehört, Julius? Morgen gehst du zu Mandy und besprichst mit ihr, was wir dieser verdammt guten Idee entgegensetzen können.«
Die Augen ihres Adoptivsohns weiteten sich entsetzt, und er rang sichtlich um Fassung. Hilfesuchend starrte er Pippa an, unfähig, auch nur ein Wort des Protestes über die Lippen zu bringen.
»Du kannst das. Das weiß ich«, sagte Christabel rigoros. »Wenn du dir nur halb so viel zutraust wie ich dir, haben die Biberbergs nicht den Hauch einer Chance gegen uns.«
Ihre aufmunternden Worte beruhigten Julius Leneke keineswegs.
»Vielleicht könnte man eine Halle der Manufaktur nutzen«, schlug Pippa vor. »Oder Sie bauen den Storchenkrug zu einem Dorfgemeinschaftshaus um!«
»Ich wusste, Sie sind gut angelegtes Geld, Pippa.« Christabel nickte anerkennend. »Julius, du findest mit Mandy einen Weg, den Storchenkrug zu erwerben. Er ist der ideale Ort für das zukünftige Storchwinkeler Heimathaus .«
Julius starrte seine Adoptivmutter fassungslos an, nach wie vor um Worte verlegen.
Sebastian Brusche kam heran und fragte: »Was halten Sie von den Plänen Ihres Mitbewerbers, Frau Gerstenknecht? Eine Stellungnahme für unsere Leser, bitte.«
Sofort wandte sich die allgemeine Aufmerksamkeit der alten Dame zu.
»Zacharias Biberberg plant einen Ort der Kultur? Keineswegs: Er wirft Nebelkerzen«, sagte Christabel mit feinem Lächeln. »Wenn sich der Rauch verzogen hat, steht plötzlich ein riesiges Einkaufszentrum auf der grünen Wiese. Diese Ankündigung von Zacharias Biberberg hat mich – ganz ehrlich – zutiefst bestürzt. Wie Sie selbst sehen können, steht mein Sohn Julius aufgrund des eben Gehörten unter Schock. Jemand muss von unseren vertraulichen Plänen erfahren haben, zu meinem hundertsten Geburtstag aus einem bisherigen Sorgenkind des Storchendreiecks, dem Storchenkrug, endlich einen behaglichen Treffpunkt für alle zu machen. Frau Bolle, meine Sicherheitsbeauftragte, wird klären, wie es zu diesem skandalösen Leck kommen konnte. Es verleiht der Tatsache, dass die Biberbergs ausgerechnet jetzt ihre Ideen zu einem Kulturzentrum präsentieren, einen gewissen Beigeschmack. Die Beurteilung dieses Zufalls überlasse ich indes gerne Ihren Lesern.«
Virtuos und kaltschnäuzig gelogen – Ziel erreicht, dachte Pippa, als sie das Interesse des Reporters sah.
»Im Storchenkrug soll die Stiftung Storchwinkeler Heimathaus angesiedelt werden«, verkündete Christabel, »mit
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