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Ins Leben zurückgerufen

Ins Leben zurückgerufen

Titel: Ins Leben zurückgerufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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wie lautet nun die Parole, Dalziel?« fragte Waggs. »Nicht aufgeben und Solidarität mit dem Empire?«
    »Nicht aufgeben? Ja, aufgeben ist das richtige Wort«, sagte Dalziel.
    »Wie
aufgeben?
«
    »Ich bezweifle, daß er das Ende des Tages erleben wird. Es war eine große Anstrengung für ihn.«
    »Ist das eine medizinische Meinung? Oder eine polizeiliche Meinung?«
    »Es ist eine Meinung. Wie fühlen Sie sich, Mädel?«
    Cissy Kohler erwiderte leise: »Gefühle habe ich schon lange nicht mehr. Und ich will auch keine mehr haben. Nicht nach dem, was heute war.«
    »Warum sind Sie dann zu ihm? Worum ist es dabei gegangen?«
    »Jay hat gesagt, er liegt im Sterben. Ich habe gedacht: Früher oder später komme ich aus dem Knast raus, und wenn er tot ist, werde ich nie etwas begreifen. Nein, das ist nicht ganz wahr. Ich dachte, das ist vielleicht meine letzte Chance, daß ich rauskommen
will
. Auf das Wollen kommt es an. Ich war so viele Jahre eingesperrt gewesen. Ich hatte das Gefühl, ich sollte einen letzten Versuch unternehmen, das Ganze zu verstehen. Vielleicht war es ein Fehler.«
    »Lassen Sie sich darüber keine grauen Haare wachsen, Schätzchen«, sagte Dalziel gemütlich. »Ich war die ganze Zeit draußen, und für mich ergibt es auch nicht viel Sinn.«
    »Jesusmaria! Ich wußte gar nicht, daß Sie die Leute auch therapieren!« spottete Waggs.
    »Gewissermaßen. Ihr beide habt euch also hierher auf den Weg gemacht, bevor Westropp stirbt, um … was zu tun? Um die befreiende Wahrheit zu hören? Was ist dabei herausgekommen?«
    »Das erzähle ich Ihnen vielleicht dann, wenn ich die Wahrheit erfahre«, sagte Waggs.
    »Damit kann ich dienen«, sagte Dalziel. »Nur so ganz einfach liegen die Dinge nicht. Pam Westropp stirbt. Wer ist an ihrem Tod schuld? Alle, sie selbst mit eingeschlossen. Es war ein Unfall, es war Selbstmord, und wahrscheinlich war auch ein Anteil Mord dabei. Mickledore versuchte ein wenig aufzuräumen. Aus Nächstenliebe? Vielleicht. Aber seine eigenen Interessen kamen dabei auch nicht gerade zu kurz. Es ist unter seinem Dach passiert. Er hat mit der Toten rumgebumst, und wenn das rauskommt, wird sein reicher Schwiegerpapa allen Heiratsplänen einen Riegel vorschieben. Nur räumt er zu gut auf, besonders als er Hilfe von jemandem bekommt, der bereit ist, alles auf sich zu nehmen. Wie weit wären Sie gegangen, Miss Kohler, wenn Emily nicht ertrunken wäre? Selbst Ihr Motiv ist nicht eindeutig, oder?«
    »Nun machen Sie aber mal halblang, Dalziel!« sagte Waggs. »Das ist doch alles nur Blendwerk für das britische Establishment. Wir holen die ganze Sache ans Tageslicht …«
    »Aber nicht mit Cissys Hilfe«, sagte Dalziel, der einen kurzen Blick in Cissy Kohlers Richtung geworfen hatte und seine Behauptung durch ihr ausdrucksloses Gesicht bestätigt fand. »Ich habe sowieso meine Zweifel, daß Sie es wirklich ernst meinen. Man müßte schon ein ganz schönes Stück Scheiße sein, um einen Blockbuster aus dem Mord an der eigenen Mutter zu machen. Besonders wenn man sich seiner Gefühle für sie nicht sicher ist. Immerhin hat sie Sie irgendwo geparkt, damit sie mit ihrer neuen Familie abhauen konnte …«
    Waggs war aufgesprungen, rot im Gesicht.
    »Ich hab es nicht nötig, mir diesen Scheiß anzuhören …«
    »Ganz recht, Junge«, stimmte Dalziel ihm zu. »In deiner Lage würde ich auch lieber darüber nachdenken, welches Märchen ich meinen Kumpeln in Los Angeles als nächstes auftische. Ganz wie in Tausendundeine Nacht, was? Eine Story pro Tag, und die schweren Jungs bleiben dir vom Leib. Ich hoffe, daß dein Mundwerk im Augenblick gut geölt ist. Da steigen gerade zwei stramme Burschen aus einem Auto, und entweder ist es Liebe auf den ersten Blick, oder sie sind auf der Suche nach jemandem.«
    Waggs warf einen vorsichtigen Blick über das Terrassengeländer. Am anderen Ende des Parkplatzes standen zwei Männer. Einer deutete auf ihren Tisch. Nun kamen sie entschlossen näher.
    »Ciss, du hörst von mir«, sagte Waggs.
    Dalziel sah ihm nach, wie er die Beine unter den Arm nahm, und sagte: »Ein schlechter Kerl ist er nicht, aber er taugt wirklich nicht zum Racheengel.«
    »Sitzt er tatsächlich in der Klemme?«
    »Seit seiner Geburt. Machen Sie sich nicht zu viele Gedanken. Er hat viel Erfahrung, immer wieder auf die Füße zu fallen. Was haben Sie nun vor?«
    »Sie machen sich wohl Sorgen?« Sie lachte kurz. »Ich hatte den Eindruck, als hätten auch Sie Ihren Spaß daran, Racheengel zu

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