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Ins Leben zurückgerufen

Ins Leben zurückgerufen

Titel: Ins Leben zurückgerufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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das?«
    »Mitte der siebziger Jahre.«
    »Ach ja. Sie hat ihren kleinen Willi noch durch die Uni gebracht, was? Dann hat sie sich abgesetzt.«
    »So in der Art. Sie ist eine sehr bemerkenswerte Frau. Was zum Teufel soll das alles, Mr. Dalziel? Man hat die Kohler auf freien Fuß gesetzt. Heißt dies, daß man auch Mickledore für unschuldig hält? Wird das Verfahren wiederaufgenommen?«
    »Davon weiß ich nichts«, sagte Dalziel. »Wie ich gesagt habe, ich komme gerade vom Bahnhof und mußte mir die Zeit vertreiben. Da Sie um die Ecke wohnen, habe ich gedacht, es wäre nett, eine alte Bekanntschaft zu erneuern. Nun muß ich mich aber auf den Weg machen. Wie komme ich von hier nach Essex?«
    »Essex?«
    »Ja. Es liegt doch in der Nähe von London, oder? Kann ich den Bus nehmen?«
    »Essex ist eine große Grafschaft«, holte Stamper aus. »Es hängt ganz davon ab, wohin …«
    Er brach ab, als er Dalziels Erstaunen ob des Ausmaßes seiner Weisheit sah.
    »Ich glaube, Sie sind durchaus in der Lage, den Weg nach Essex selbst zu finden, Superintendent«, unterbrach er sich.
    »Nein, mein Junge. Ich dachte, Sie würden mir eine Mitfahrgelegenheit anbieten. Sie haben doch ein Auto.«
    »Richtig. Aber kein Taxi.«
    »Ich wollte Sie eigentlich nicht bezahlen. Aber wenn Sie nicht mitkommen, fahr ich am besten allein. Man weiß nie, wie lange sie noch unter dieser Adresse zu erreichen ist. Haben Sie von ihr gehört? Nach dem zu urteilen, was Sie im Radio gesagt haben, waren Sie doch ziemlich von ihr angetan.«
    Stamper fragte ruhig: »Wen wollen Sie besuchen, Mr. Dalziel?«
    »Hab ich das nicht gesagt? Cissy natürlich. Cissy Kohler.«
    Stamper fuhr sich mit der Hand über die Bartstoppeln.
    »Ich muß duschen und mich rasieren.«
    »Ja, das wäre am besten, wenn Ihr Auto klein ist. Keine übermäßige Eile. Man erwartet uns nicht.«
    Dalziel hob seinen Becher und sah einen braunen Ring auf dem Manuskript. Hinter der Wand hörte er, wie die Dusche angestellt wurde. Ohne eine Minute zu verlieren, machte er sich über die Schreibtischschubladen her. Ein Adreßbuch hielt ihn für eine Weile gefangen. Er machte sich ein paar Notizen, wühlte dann noch etwas tiefer, bis er auf einen Stapel Briefe stieß, die alle in der gleichen, fließenden Schrift geschrieben waren.
    Er griff sich einen heraus. Wie die meisten anderen war er mit Goldener Hain überschrieben. Er trug das Datum 3. Januar, 1977.
    Lieber Will,
    es war eine große Freude, Deine Weihnachtskarte und Deinen Brief zu erhalten. Wenn Du wüßtest, wie sehr ich mich freue, von Dir zu hören, würdest Du öfter schreiben, aber wenigstens kann ich jetzt sicher sein, daß Du nur aus Schreibfaulheit nicht von Dir hören läßt und nicht, wie ich befürchtet hatte, weil Du mir böse bist. Hättest Du uns doch besucht! Mit Sicherheit wäre Dein Ärger, so denn doch ein kleiner Rest vorhanden wäre, verflogen, wenn Du miterlebt hättest, wie wahrhaft glücklich ich bin …
    Die Dusche wurde abgestellt. Dalziel überflog rasch das Ende.
    … Also versuche doch bitte zu kommen. Und wenn Du Wendy siehst, grüß sie ganz lieb von mir. Ich schreibe ihr natürlich, aber sie war nie eine große Briefeschreiberin, und seit ich im vergangenen Sommer wieder geheiratet habe, hat sie sich nicht mehr gemeldet. An der Vergangenheit kann man nichts ändern, nicht? Aber das sollte uns nicht davon abhalten, an einer besseren Zukunft zu weben. Klingt das nach Binsenwahrheit? Was erwartest Du anderes? Wir wären beide für die nächsten dreißig Jahre (Gott möge uns verschonen) glücklich und zufrieden, wenn wir nur auf der Veranda in unseren Schaukelstühlen sitzen und die Touristen vorbeiziehen sehen dürften! Paß auf Dich auf und melde Dich bald. Ein glückliches neues Jahr wünscht Dir Deine Dich liebende Mutter.
    Er hörte, wie die Badezimmertür aufging.
    Als Stamper wieder das Zimmer betrat, lag Dalziel im Schreibtischsessel zurückgelehnt, hatte die Füße hochgelegt und studierte das mit Kaffee befleckte Manuskript.
    »Das hier schreiben Sie doch nicht etwa unter Ihrem eigenen Namen, oder doch?« fragte er.
    »Ich könnte mir vorstellen, daß ich eine gründliche Abneigung gegen Sie fasse, Dalziel«, erwiderte Stamper.
    »War nicht ernst gemeint«, sagte Dalziel. »Ist ganz interessant. Es handelt sich um den Fall bei den Rennen in Chester, oder? Bei dem sich Lord Emtitrope im Stall erhängt hat. Sind Sie noch immer bei den Mordfällen des Goldenen Zeitalters?«
    »Mein Agent hat mir

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