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Ins offene Messer

Ins offene Messer

Titel: Ins offene Messer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Baker
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könnte irgendwie in die Sache verwickelt sein?»
    «Ich weiß, daß es so ist», sagte Sam. «Ich habe ihre Heiratsurkunde überprüft. Willst du raten, wie ihr Mädchenname lautet?»
    «Überrasch mich», sagte Gus.
    «Golding», antwortete Sam. «Getauft wurde sie auf den Namen Jane Debra Golding.»
    «Jesus. Die sind Schwestern? Sie und Frances?»
    Sam nickte. «Ja», sagte er. «Aber wirklich interessant ist, warum Jane Debra nicht möchte, daß es jemand erfährt.»
    «Wenn Frances deine Schwester wäre», sagte Gus, «würdest du es irgendwem erzählen?»
    «Die Göttin der Düsternis», sagte Sam. Das Grinsen kehrte flüchtig zurück.
    «Die schafft es noch, daß du den Mond anheulst.» Gus ging zur Tür. «Okay», sagte er. «Ich werde dir Bescheid geben, was das Krankenhaus sagt.»
    Sam blieb im Sessel sitzen, hörte, wie der Motor des Volvo angelassen wurde, der Wagen fortfuhr. Das Krankenhaus ist nicht sehr wahrscheinlich, nicht denkbar. Wahrscheinlicher ist, daß der Junge die Biege gemacht hatte, vielleicht wegen etwas, das Sam gesagt hatte. Er ließ die Unterhaltungen des gestrigen Abends noch einmal Revue passieren, des vergangenen Tages, der letzten Woche. Geordie hatte es offensichtlich widerstrebt, in die Wohnung einzuziehen. Könnte das der Grund sein? Daß Sam zu sehr betont hatte, seinen eigenen Raum zu brauchen? Wo er doch gar keinen Raum brauchte, nur einen Sessel, um darauf zu sitzen. Der Junge konnte den ganzen übrigen Raum für sich allein haben. Was spielte es für eine Rolle? Raum? Geordie, komm einfach nach Hause, vergiß die Wohnung, wir können uns die hier teilen. Sam konnte sich im Schlafzimmer einrichten. Geordie, wenn du jetzt einfach zurückkommst, wohne ich auch auf einem beschissenen Regal. Alles schien wunderbar zu laufen. Das war die Tragödie. Alles schien bestens zu klappen. Also, der Junge steht unter Druck, versucht sich anzupassen, lernt zu lesen und zu schreiben, lernt, anständig zu leben. So übel ist der Druck gar nicht. Es mußte allemal besser sein, als auf der Straße zu leben. Das mußte sogar jemand erkennen, der so dumm war wie Geordie.
    Du hast einen Fehler gemacht, Sam. Du hast dem Burschen ein Almosen gegeben und ihn sehen lassen, daß du es tust. Du hast versucht, es zu verschleiern, hast dir sogar selbst eingeredet, es würde alles zu seinem Lohn gehören, aber er hat dich durchschaut. Konnte ein Almosen nicht annehmen, genausowenig wie du. Jemand bietet dir eine Hand an, was machst du?
    Du beißt einmal gottverdammt kräftig zu.
    Also, was soll das Gejammer? Du hättest es genauso gemacht. Wenn es nichts ist, wofür du gearbeitet hast, etwas, das du dir verdient hast, dann willst du es nicht. Geordie ist genau wie du. Ist lieber allein in einem Hauseingang, als von den Almosen eines anderen zu leben.
    Wenn er zurückkommt, ist alles wieder in Ordnung. Es wird bedeuten, daß er es schafft. Bedeuten, daß er stark genug ist zu leben. Wenn er nicht zurückkommt? Tja, scheiß auf den Kerl.
     
    Celia kam, klopfte an und trat gefolgt von Wanda ein. Gleichzeitig klingelte das Telefon. Sam dachte, er sollte irgend etwas tun, blieb aber sitzen. Celia nahm den Anruf entgegen. «Gus», sagte sie und höre einen Moment zu. Dann: «Okay, ich werde es ihm sagen.»
    Während sie noch telefonierte, kam Wanda zu ihm herüber und kniete sich neben Sam. «Wie geht’s dir?» fragte sie.
    «Beschissen», sagte er. Dann schaute er zu Celia hinüber, als sie den Hörer auflegte.
    «Gus hat die Krankenhäuser überprüft», sagte sie. «Jemand wie Geordie ist nicht aufgenommen worden.» Sie kam herüber und kniete sich neben Wanda, legte eine Hand auf Sams Knie. «Sie haben noch nichts gehört?»
    Er schüttelte den Kopf.
    «Wir werden ihn suchen», sagte Wanda. «Wenigstens ist er nicht im Krankenhaus, Sam. Das muß ein gutes Zeichen sein.»
    «Dann sind wir jetzt auch schon wieder weg», sagte Celia. «Melden uns bald. Wenn er noch in der Stadt ist, werden wir ihn finden.»
    Wanda drückte ihm einen Kuß auf die Wange, dann folgte sie Celia auf die Straße. Sam blieb im Sessel. Er blieb noch eine halbe Stunde sitzen, dann zog er die Jacke über und ging über dunkel werdende Straßen zu Janes Haus.
     
    «Das ist ja schrecklich, Sam», sagte Jane. «Er kann doch nicht einfach so verschwinden. Irgendwas muß ihm zugestoßen sein.»
    Sam gab ihr keine Antwort, durch seinen Kopf spukte eine Vision von Geordie, der auf dem Grund des Flusses lag. Barney auch.

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