Insalata mista: Aus dem Leben einer italienischen Working Mum
eine Minute Zeit, um von den vergangenen neunzehn Jahren zu erzählen.«
Das war gestern Abend, als die Elasti-Mitschüler aus der 3 F um den Tisch einer Pizzeria versammelt saßen. Sie hatten sich seit dem Abitur nicht mehr gesehen.
Mitschülerin Bassani ist Gynäkologin und Tauchlehrerin. Wenn sie ein bisschen down ist, verabreicht sie sich selbst eine Eisen-Infusion.
Mitschüler Grassi sieht inzwischen sehr gut aus, hat aber einen traurigen Blick. Er ist der Mitschülerin Lauzi mit den Katzenaugen wiederbegegnet und sie sind der Realität entrückt.
Mitschüler Meloni ist Dozent für Anthropologie mit Spezialgebiet archäologischer Tourismus und schamanische Kulturen. Manchmal tritt er auch im Fernsehen auf, und wer ihn einmal gesehen hat, vergisst ihn nie wieder.
Mitschüler Bernasca, der Elasti-Mama den Zugang zur Universität ermöglicht hat, indem er sie regelmäßig die Griechisch-Übersetzungen hat abschreiben lassen, spricht lateinisch und gibt Kalauer von sich, bei denen keiner mitlachen kann.
Mitschüler Barbini ist im operativen Strukturfinanzgeschäft tätig und erhält am Jahresende Boni in Millionenhöhe.
Mitschülerin Magri ist Philosophin, arbeitet aber, da man von Philosophie nicht leben kann, in einer Sushi-Bar.
Mitschülerin Guidini sagt verträumt, ihren Ehemann kennengelernt zu haben sei das Schönste, was ihr im Leben passiert sei.
Mitschülerin Salsa ist immer noch eine sehr gute Freundin von Elasti, Mitschülerin Giraschi hat immer noch das gleiche naive Lächeln wie früher, Mitschülerin Schiano hat zwei Kinder, Jungen - und damit Elastis volle Solidarität.
Sie haben sich beschnuppert, um den fernen Duft nach Sägespänen und Kreide wiederzufinden. Sie haben sich prüfend betrachtet, um festzustellen, dass sie dünner, dicker, fröhlicher oder trauriger geworden, im Grunde aber doch dieselben geblieben sind. Sie haben einander angelächelt, um eine in Vergessenheit geratene Vertrautheit wiederaufleben zu lassen.
Es war kein Horrorfilm, wie drohend prophezeit wurde.
Trotzdem hat Elasti-Mama heute Nacht vom Abitur geträumt. Sie saßen alle um den Pizzeria-Tisch herum und mussten die Übersetzung aus dem Lateinischen anfertigen. Sie hatte als Einzige kein Wörterbuch. Und Bernasca saß ganz weit weg.
Mittwoch, 7. November
Religion, Kästchen und Dilemmas
In der Vorschule des großen Hobbit mangelt es, wie in den meisten Mailänder Vorschulen, an Erzieherinnen, an Stiften zum Malen, an Spielzeug zum Spielen, an Büchern zum Lesen, an Klopapier für die Toilette und an Taschentüchern zum Naseputzen.
Es fehlt an Lehrkräften für interkulturellen Unterricht für die ausländischen Kinder, die von weit her kommen und nicht einmal sagen können »Ich mach mir in die Hose« oder »Mir tut der Bauch weh«.
In der Vorschule fehlt es an sehr vielen Dingen. Was es aber manchmal gibt, sind Religionslehrerinnen.
Bei der Einschreibung in die Vorschule müssen Mamas und Papas ein Kästchen auf einem Fragebogen ankreuzen, um festzulegen, ob ihr Dreijähriger am katholischen Religionsunterricht teilnehmen soll oder nicht.
Elasti-Mama und Mister Wonder haben Nein gesagt, weil sie nicht gläubig sind und auf dem Standpunkt stehen, dass ein kleines Kind Stifte, Spielzeug, Bücher, Klopapier und Taschentücher dringender braucht als eine Religionslehrerin.
»Mama, heute war eine neue Lehrerin da«, hat der große Hobbit erzählt.
»Wer denn?«
»Rosaria.«
»Rosaria?«
»Ja, die Religionslehrerin.«
»Ach! Es ist eine Religionslehrerin gekommen?«
»Ja. Aber ich und der A aus Afrika, der keinen Schinken isst, und die S aus Peru, die Zeugin Jeowass ist, wir machen in Religion nicht mit.
3 Kinder von 27. Er, A und S. Sie fühlen sich bestimmt nicht zugehörig, ausgeschlossen, ausgegrenzt. Wegen unserer ideologischen Kämpfe wird der Hobbit mit tausend Komplexen heranwachsen. Vielleicht haben wir alles falsch gemacht.
»Würdest du denn gern mit deinen anderen Kameraden in Religion mitmachen?«
»Nein! Ich habe mit A und S viel Spaß, und außerdem muss man bei Rosaria die ganze Zeit was ausmalen, und ich hasse Ausmalen.«
Bis jetzt gibt es also kein Problem. Sollte Rosaria sich eines Tages irgendetwas Spannenderes, Reizvolleres als Bildchen ausmalen einfallen lassen, wird man das Dossier »Religion« noch mal einer ernsthaften Prüfung unterziehen müssen.
Donnerstag, 8. November
Locken und grüne Augen
Mariagrazia hatte grüne Augen und einen schwarzen Hund
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