Insel aus Stein: Mittsommerglück (German Edition)
ausgetrocknet. Wahrscheinlich wäre sie nicht einmal in der Lage gewesen, einen Laut hervorzubringen, selbst wenn sie es tatsächlich gewollt hätte. Doch was hätte sie schon sagen können? Wie benommen ließ sie sich auf den Bettrand sinken. Was hatte das bloß zu bedeuten? Kurz entschlossen griff sie zum Telefon und wählte erneut die Rufnummer des Verlags. Dieses Mal ließ sie sich jedoch mit Francis Steward verbinden, der jungen Frau, mit der sie sich ein Büro teilte.
“Cassie!”, rief Francis fröhlich. “Hey, was verschafft mir die Ehre deines Anrufes? Ist dieser Dale Prescott so öde, dass du Sehnsucht nach mir bekommen hast?”
Trotz ihrer prekären Situation konnte Cassie sich ein Lächeln nicht verkneifen. “Tut mir leid, dich enttäuschen zu müssen, Francis, aber eigentlich rufe ich an, weil ich dich was fragen wollte.”
“Schieß los.”
“Also, vorhin habe ich versucht, Charles Bond zu erreichen, um ihn auf dem Laufenden zu halten.” Es handelte sich um eine kleine Notlüge, doch Cassie fand, dass man das in ihrer Situation durchaus verzeihen konnte. “Die Zentrale hat mich stattdessen mit dem Büro von Mr. Berkeley verbunden. Und jetzt rate doch mal, wer dort an den Apparat gegangen ist.”
“Nun, das ist nicht weiter schwierig zu erraten, Süße. Ich vermute mal, du hattest die Ehre mit der reizenden Mrs. Masterson.”
Cassie schluckte trocken. “Kannst du mir erklären, was das zu bedeuten hat?”
Sie hörte, wie Francis sich am anderen Ende der Leitung räusperte. “Na ja, es ist so … Also, Mr. Berkeley hatte einen Unfall.”
“Einen Unfall?”, wiederholte Cassie erschrocken. “Mein Gott, er ist doch hoffentlich nicht …”
“Nein, nein”, beruhigte ihre Kollegin sie. “Es geht ihm den Umständen entsprechend recht gut – behaupten jedenfalls die Ärzte. Jedenfalls ist der Boss erst einmal für eine ganze Weile außer Gefecht gesetzt. Tja, und er hat beschlossen, dass seine Nichte für die Dauer seiner Abwesenheit die Geschäfte von Dolphin Books führen soll.”
“Janet Masterson übernimmt also vorübergehend Mr. Berkeleys Posten?” Fassungslos schüttelte Cassie den Kopf. “Ich meine, ich habe gewusst, dass die beiden miteinander verwandt sind, aber da er mich trotzdem eingestellt hat, bin ich davon ausgegangen, dass sie keine sehr enge Bindung zueinander haben. Immerhin muss ihm doch klar gewesen sein, dass sie nicht allzu gut auf mich zu sprechen ist.”
“Oh Gott, daran habe ich ja noch gar nicht gedacht!”, stieß Francis erschrocken aus. “Du warst mal eine Weile lang mit Mrs. Mastersons Mann liiert, nicht wahr?”
“Ja, aber da lebten die beiden gerade in Trennung. Glaub mir, ich hätte mich nie auf Liam eingelassen, wenn ich nicht geglaubt hätte, dass es zwischen ihm und seiner Frau vorbei ist.”
“Ich glaube dir ja, Kleines, und ich bin sicher, dass Mrs. Masterson inzwischen längst genauso über die Sache denkt.”
“Davon bin ich nicht so überzeugt”, erwiderte Cassie bitter. “Ich verstehe das nicht! Warum holt Mr. Berkeley seine Nichte ins Geschäft, wo er doch einen Stellvertreter hat?”
“Glaub mir, wir waren alle ziemlich überrascht, als wir davon erfuhren.” Francis kicherte leise. “Vor allem der gute Mr. Bond. Wie du dir vorstellen kannst, hat der sich nämlich schon als Nachfolger vom alten Berkeley gesehen, und er war ganz schön entsetzt, als er endlich kapiert hat, wie der Hase läuft. Hat gleich seinen Hut genommen.” Francis senkte die Stimme. “Wenn du mich fragst, der Kerl war nicht ganz sauber, und der Chef ist dahintergekommen. Also, ich weine ihm jedenfalls keine Träne nach.”
“Aber wieso dann ausgerechnet Janet Masterson? Okay, sie mag die Nichte vom Chef sein, aber hat sie denn überhaupt Ahnung vom Verlagswesen?”
“Soviel ich weiß, hat sie eine Weile lang erfolgreich einen eigenen kleinen Verlag geleitet, ehe sie ihren Mann kennenlernte. Danach hat sie die Sache wohl auf Eis gelegt.”
“Tja, das bedeutet dann wohl, dass du dich in absehbarer Zeit nach einer neuen Bürogenossin umsehen musst.”
“Sag doch so was nicht”, rief Francis erschrocken aus. “Glaubst du denn wirklich, dass …”
“Oh ja.” Cassie nickte finster. “Sobald Janet Masterson mitbekommt, dass ich jetzt für Dolphin Books arbeite, kann ich meine Sachen packen.” Sie fluchte leise. “Sie macht mich sicher noch immer dafür verantwortlich, dass ihr Mann sie damals verlassen hat. Was für eine Ironie, denn zu diesem
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