Insel aus Stein: Mittsommerglück (German Edition)
ihrem Leben schwebte. Was immer sie auch anpackte, diese Frau machte ihr stets einen Strich durch die Rechnung. Aber dieses Mal durfte es ihr auf keinen Fall gelingen, sie so einfach auszubooten. Dieses Mal nicht!
Doch offenbar gab Janet Masterson ihr noch immer die Schuld dafür, dass ihr Mann sie verlassen hatte. Dabei waren Liam und Cassie sich erst nach der, wie sich im Nachhinein herausstellte, vorübergehenden Trennung von seiner Ehefrau begegnet. Anderenfalls hätte Cassie sich niemals mit ihm eingelassen. Männer, die in einer Beziehung lebten, waren für sie von jeher tabu gewesen. Allerdings würde Mrs. Masterson sich davon wohl nicht so leicht überzeugen lassen. Und darin lag Cassies Problem.
“Ich muss sofort mit Dale sprechen”, sprudelte es aus ihr heraus. “Wir haben nur noch sechs Tage, um eine Katastrophe zu verhindern.”
Verwundert hob Malin eine Braue. “Nun, ich vermute, er schläft noch. Ich habe ihn die halbe Nacht in seinem Zimmer herumrumoren hören, aber ich könnte ihn natürlich wecken, wenn Sie es unbedingt wünschen.”
“Es muss sein.” Cassie nickte. “Glauben Sie mir, wenn es nicht so wichtig wäre, würde ich nicht darauf bestehen.”
Malin erhob sich und verließ den Raum, dann hörte Cassie, wie sie die Treppe hinaufstieg. Knapp zehn Minuten später erschien sie mit einem ziemlich übernächtigt aussehenden Dale wieder in der Küche.
“Herrgott noch mal”, brummte er und rieb sich die Augen. “Was gibt es denn so Dringendes, dass man mich mitten in der Nacht aus dem Bett holen muss?”
“Zunächst einmal ist es bereits kurz nach elf, also kann von Nacht wohl kaum mehr die Rede sein”, entgegnete Cassie ernst. “Und zweitens muss ich jetzt unbedingt wissen, wie Sie sich entschieden haben, Dale. Werden Sie von nun an mit mir zusammenarbeiten?”
“Was ist denn los, zum Teufel?” Dale schüttelte den Kopf. “Sie tun ja gerade so, als stünde uns plötzlich das Wasser bis zum Halse. Dabei haben Sie gestern noch gesagt, dass Sie verstehen, welche Tragweite diese Entscheidung für mich hat.”
“Das tue ich auch, aber die Dinge haben sich grundlegend geändert.” Sie atmete tief durch. “Ich habe einen Anruf aus London erhalten. Der Verlag erwartet meine Rückkehr am Mittwochmorgen. Ich fürchte, das bedeutete nichts Gutes. Dale, ich sage es freiheraus: Entweder wir schaffen es gemeinsam, den Roman bis dahin fertigzustellen, oder …”
“Mittwoch?” Seine Augen wurden groß. “Aber das sind gerade einmal sechs Tage. Wie sollen wir denn die ganze Arbeit innerhalb so kurzer Zeit schaffen? Das ist unmöglich, und das wissen Sie so gut wie ich.”
“Das mag sein, aber genau werden wir es nie wissen, solange wir es nicht versuchen”, erklärte Cassie fest. “Zudem müssen Sie ja auch nicht einen ganzen Roman schreiben. Bis zu einem gewissen Punkt ist die Rohfassung absolut in Ordnung. Da müssen wir ansetzen und die Story zu einem überzeugenden Ende bringen. Also, was ist? Haben Sie sich meinen Vorschlag durch den Kopf gehen lassen?” Sie blickte Dale eindringlich an. “Sie wissen, was es bedeutet, wenn ich mit leeren Händen nach London zurückkehre, nicht wahr? Was es für uns beide bedeuten würde.”
Einen Moment lang schien Dale noch zu zögern, dann aber nickte er. “Sie haben recht, wir müssen es wenigstens versuchen.” Seufzend wandte er sich an Malin und sagte: “Könnte ich bitte einen starken schwarzen Kaffee bekommen? Ich fürchte nämlich, dass ich vorerst auf Schlaf verzichten muss.”
“Also, ich weiß ja nicht …”, murmelte Malin kopfschüttelnd und schloss leise die Tür des Arbeitszimmers hinter sich. “Ihr müsst doch wenigstens ab und zu einmal etwas Anständiges essen.”
Zum dritten Mal hatte sie nun schon versucht, Dale und Cassie dazu zu überreden, in der Küche eine Mahlzeit mit ihr einzunehmen. Doch die beiden wollten nicht einmal, dass man ihnen etwas hinaufbrachte. Eine Platte mit Sandwiches, mehr wollten sie nicht. Das kann doch nicht gesund sein, dachte Malin besorgt.
Seit vier Tagen ging das nun schon so. Die beiden schienen völlig vergessen zu haben, dass noch eine Welt außerhalb von Dales Arbeitszimmer existierte. Ständig hockten sie zusammen, brüteten über holprige Textpassagen, diskutierten und tippten ansonsten die ganze Zeit über wie die Verrückten. Der Raum war mittlerweile dunkel und stickig, doch jedes Mal, wenn Malin versucht hatte, eines der Fenster zu öffnen oder gar die Vorhänge
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