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Insel der blauen Delphine

Titel: Insel der blauen Delphine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott O Dell
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breiten Felsvorsprung, der sich über dem Höhleneingang von einer Seite des Raums bis zur anderen erstreckte. Auf dem Felsvorsprung gewahrte ich eine Reihe seltsamer Gestalten. Es mochten gegen zwei Dutzend sein und sie lehnten steif an ‘der schwarzen Wand. Sie hatten alle ungefähr meine Größe. Ihre Arme und Beine waren lang und an ihren kurzen Leibern, die, wie ich bemerkte, aus Schilfrohr bestanden, hingen Kleider aus Möwenfedern. In ihren Köpfen steckten runde oder ovale Muschelscheiben, doch außer diesen Augen waren die Gesichter leer. Die Augen glitzerten mich an. Sie bewegten sich mit dem Licht auf dem Wasser, das sich in ihnen spiegelte. Sie waren lebendiger als die Augen lebender Menschen. In der Mitte der Gruppe saß eine einzelne Gestalt, ein Skelett. Es saß mit hochgezogenen Knien an der Wand und in den Fingern, die es zum Mund erhoben hatte, hielt es eine Flöte aus Pelikanknochen. Es gab noch andere Dinge da oben auf dem Felsenband, in den Schatten zwischen den stehenden Gestalten, doch ich konnte nicht erkennen, was es war, weil mein Kanu in den Raum zurücktrieb. Als ich wieder auf die Öffnung zusteuerte, sah ich zu meiner Überraschung, dass sie sich inzwischen merklich verengt hatte. Jäh fiel mir die Flut ein. Wir waren bei Ebbe hereingerudert und jetzt konnten wir nicht mehr hinaus. Wir waren in der Höhle gefangen, bis das Wasser wieder sank, eine halbe Nacht lang. Ich paddelte ans andere Ende der Höhle zurück, ohne mich nach den Gestalten auf dem Felsenband und ihren glitzernden Augen umzusehen. Am Boden des Kanus liegend beobachtete ich das sanfte Erlöschen des Lichtes über mir. Der Höhlenausgang wurde zusehends kleiner, bis er schließlich ganz verschwand. Die Nacht brach an. Durch den Riss in der Höhlendecke schimmerte ein Stern. Der Stern entschwand meinen Blicken und ein anderer trat an seine Stelle. Die Flut hob das Kanu immer höher und das Plätschern des Wassers an den Wänden klang wie sanftes Flötenspiel. Die Flöte spielte die ganze Nacht. Ich fand nicht viel Schlaf. Meine Augen folgten den stetig wechselnden Sternen jenseits des Deckenspaltes, während ich an das Skelett dachte, das auf dem Felsen saß und auf seiner Flöte spielte. Ich wusste, dass es einer unserer Vorfahren war. Auch die anderen, die mit den glitzernden Augen, gehörten zu uns, wenngleich sie nur Abbilder unserer Toten waren. Doch trotz dieser beruhigenden Gedanken fürchtete ich mich so sehr, dass ich nicht schlafen konnte. In der ersten Morgendämmerung, als die Ebbe einsetzte, verließen wir die Höhle. Ich warf keinen Blick auf die stillen Gestalten oder auf den Flötenspieler, der für sie spielte. So schnell wie möglich paddelte ich hinaus in die morgenfrische See, ohne mich ein einziges Mal umzusehen. “Diese Höhle muss einst einen Namen gehabt haben”, sagte ich zu Rontu, der sichtlich froh war, dem düsteren Gefängnis entronnen zu sein. “Ich erinnere mich aber nicht, ihn je gehört zu haben. Niemand hat mir von dieser Höhle erzählt. Wir wollen sie die Schwarze Höhle nennen und kein einziges Mal, solange wir leben, dorthin zurückkehren. ” Nach jeder Fahrt zum Hohen Felsen versteckte ich das Kanu in der Höhle unter meinem Haus. Es war ein hartes Stück Arbeit, doch selbst wenn ich am nächsten Tag wieder auszufahren gedachte, zog ich das Kanu jeden Abend aus dem Wasser und stieß und zerrte es auf den Felsvorsprung, wo keiner es sehen konnte. Zwei Sommer waren gekommen und wieder gegangen und die Aleuter hatten sich nicht blicken lassen. Dennoch hielt ich mich ständig zur Flucht bereit. In der Frühe, wenn Rontu und ich über die Klippen wanderten, suchte ich den Ozean nach ihren roten Segeln ab. Die Sommerluft war klar und ich konnte viele Meilen weit sehen. Und wohin wir auch fuhren, nie entfernte ich mich länger als einen halben Tag von der Insel. Auf dem Rückweg hielt ich mich dicht an der Küste und achtete auf alles, was um mich her vorging. Die Aleuter kamen an dem Tag, da wir von unserem letzten Ausflug zum Hohen Felsen zurückkehrten. Ich hatte das Kanu wie immer in der Höhle versteckt und war mit zehn Kormoranhäuten auf dem Rücken die Klippe emporgeklettert. Oben blieb ich eine Weile stehen, um zu verschnaufen. Auf dem Meer schwebten kleine Wolken. Eine davon, die kleinste, schien anders zu sein als die anderen, und als ich sie eine Zeit lang beobachtet hatte, wusste ich, dass es ein Schiff war. Die Abendsonne blendete mich, doch trotz der rot glühenden

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