Insel der glühenden Sonne
falsche Gesellschaft gerätst, zu den Männern mit den Waffen. Das Gefängnis ist eine Brutstätte für Radikale, das hast du sicher schon gemerkt. Es heißt, Matt hätte sich ihnen angeschlossen.«
»Was blieb ihm denn anderes übrig? Sie beschützen ihn, so kann er sich endlich zur Wehr setzen. Wir müssen jetzt für unser Land kämpfen, statt nur Blödsinn zu treiben, wie ich es getan habe.«
»Lauter Gerede«, meinte sein Vater. »Darum sind wir auch froh, dass sie dich weit weg schicken. Zu viele anständige Jungs werden erschossen, und was bringt es ihnen? Immer mehr Soldaten treiben sich auf den Straßen herum.«
»Willst du damit sagen, es sei gut, dass ich in ein Gefängnis am anderen Ende der Welt geschickt werde? Ins Exil! Habt ihr mich etwa satt?«
Seine Mutter nahm ihn in die Arme. »Niemals. Wir tragen dich im Herzen und beten jeden Tag für dich, solange wir leben. Gott liebt dich.«
»Was redet ihr da eigentlich? Ich wandere nicht aus, ich werde kein Gold auf den Straßen von New York finden, sondern in einem verdammten Gefängnis Steine klopfen!«
»Fluch nicht im Beisein deiner Mutter! Immerhin bist du am Leben, und ich vertraue dir, Sean, dass du mit Gottes Hilfe deinen Weg findest.«
Im Gefängnis erfuhr Sean, dass man Matt bei einer Razzia in einem einsamen Haus in Galway, in dem Anhänger der Young-Ireland-Bewegung untergekommen waren, verhaftet hatte.
Bei seinem letzten Besuch war sein Vater allein, seine Mutter hatte den Abschied nicht ertragen können.
»Du wirst es ja ohnehin bald erfahren. Dein Cousin wird nicht hingerichtet, er fährt zusammen mit dir nach Van Diemen’s Land. Ich habe mit dem Colonel gesprochen und ihn daran erinnert, dass ihr nur wegen der schlechten Zeiten auf die schiefe Bahn geraten seid. Er …«
»Du hast das Schwein angebettelt?«
»Das fiel mir nicht schwer, da es um das Leben deines Cousins ging. Und hör gefälligst auf, über mich zu urteilen!«
»Schon gut, schon gut, Pa, es tut mir Leid. Du hast vernünftig gehandelt. Aber ich verspreche dir, wir kommen zurück. Und die Molony-Jungs sollen dir zur Hand gehen, das tun sie bestimmt gern. Verzeih mir, dass ich dich so im Stich lasse, Pa … Leider erinnere ich mich nicht mehr, wo ich das Geld damals hingeworfen habe, ich war so betrunken.«
»Ich weiß«, meinte sein Vater müde. »Ich habe es gefunden und zurückgegeben.«
Später kündigten die schweren Stiefel des Wärters einen letzten Besucher an: Glenna!
Sean musste sich an einen Baum lehnen und tief durchatmen, bevor er die Erinnerung verdrängen konnte. Danach war die Reise auf dem Sträflingsschiff gekommen, eine verzweifelte Überfahrt, auf der er erst wirklich begriff, dass er seine Liebste und die Familie nicht mehr wieder sehen würde. Dass sie ihn bald vergessen würden …
Auf dem Rückweg zum Haus entdeckte er Zack Herring, der gerade an einem langen Beet arbeitete.
»Was gibt das?«
»Das soll eine Buchsbaumhecke werden. Sie verläuft bis dort in die Mitte, beschreibt einen Kreis um den Brunnen und säumt den Pfad. Auf der anderen Seite wird sie genauso angelegt.«
»Wird bestimmt schön. Ach, ich habe übrigens nachgedacht. Wieso graben wir keinen Keller unter der Scheune?«
»Wozu? Es ist einfacher, eine zweite Scheune zu bauen.«
»Wichtig ist, einen Ort zu haben, von dem niemand weiß. Vor allem nicht der Boss.«
»Und wen wollen wir in diesen privaten Keller stecken?«
»Jemanden, der sich vielleicht verdrücken möchte.«
Zack nickte. »Ja. Guter Platz für Flüchtlinge. Denkst du an jemand Bestimmten? Etwa an dich selbst?«
»Nein! Ich unternehme nichts, bevor Matt nicht einen anständigen Grabstein hat und diese Schweine Pellingham und Matson hinter Gittern sitzen.«
Zack bückte sich und hob eine Kiste Sämlinge auf, die er gezüchtet hatte. »Ich überlege es mir«, sagte er lustlos.
Sean wusste, dass die Jungs seine Fluchtpläne nicht guthießen und Angst hatten, erneut Flüchtlinge zu verstecken und auf Schiffe zu schmuggeln. Doch Josephs Abreise war ein Hoffnungsschimmer gewesen. Er hatte tatsächlich das
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