Insel der glühenden Sonne
fluchen«, sagte Claude leise. »Wurde sie behandelt?«
»Ja, ist noch gar nicht so lange her. Ein Arzt hat die Finger geschient, aber die Dinger haben mich gestört, da habe ich sie abgenommen.«
Claude übersetzte erst seine Worte, dann Lotus’ Antwort. »Sie kann sie heilen.«
»Na, ich weiß nicht.«
»Du solltest den Versuch wagen. Komm, wir reden bei einer Tasse Tee darüber. Lotus liebt Tee.«
Sie hatten Freddy beinahe überredet, es mit der Wunderkur zu versuchen. Beinahe.
»Tut es weh?«
Claude besprach sich mit seiner Freundin. »Sie sagt, sie geht und holt etwas, damit es nicht wehtut.«
Freddy konnte die Augen nicht von ihrem langen geschmeidigen Körper lassen. »Gott, wenn ich sie sehe, fühle ich mich wie im Himmel. Woher kommt sie?«
»Sie und ihre Familie kampieren draußen im Busch. Lotus kommt mich gern besuchen.«
Freddy sah, wie die rauen Wangen seines Gastgebers flüchtig erröteten. »Du alter Schurke, hast mir etwas vorenthalten. Ist sie deine Geliebte? Muss ich etwa deswegen in der Scheune schlafen?«
»Nicht in diesem Sinn. Sie kommt nur manchmal zu Besuch. Ihrem Mann ist es egal. Es war ihre Idee.«
»Mensch, kannst du mir nicht auch eine besorgen?«
Claude runzelte die Stirn. »Nein. Wenn du bleibst und die Schwarzen dich kennen lernen, ergibt sich vielleicht etwas. Aber keine Alleingänge, das habe ich dir oft genug gesagt. Du darfst sie nie ungebeten aufsuchen oder dich ihrem Lager nähern. Das gilt als schlechtes Benehmen. Selbst andere Schwarze dürfen nicht ungefragt ihr Territorium betreten.«
Freddy fand das etwas übertrieben, sagte aber nichts. Er hatte sich entschieden, im Tierheim zu bleiben. Ein Mann wäre verrückt, eine Gegend zu verlassen, in der es solche Frauen gab. Er lachte bei dem Gedanken an Claude, der hier scheinbar so allein lebte und sich in Wahrheit von einer Göttin wie Lotus Gesellschaft leisten ließ.
»Wie genau läuft das mit ihr?«, fragte er neugierig. »Schleicht sie sich nachts rüber?«
»Nein, daran ist nichts Heimliches. Sie kommt einfach, und wenn mir danach ist, tun wir es. Ganz spontan. Das ist das Schöne dabei. Sie ist nicht schüchtern, es stört sie nicht, wenn über uns nur Himmel ist.«
»Gott«, stöhnte Freddy, »ich hab immer nur billige Huren gehabt. Du musst mir helfen, Claude.«
»Ich überlege es mir. Vielleicht ist das hier genau der richtige Ort für dich.«
Lotus flößte ihm etwas Feuriges ein, das wie der schlimmste Gin auf Erden schmeckte, und ehe er sich versah, saß er völlig benebelt auf einem Stuhl am Feuer. Dann schaute er auf seine Hand. Sie war dick verbunden und schwer wie Blei, als er sie hochzuheben versuchte.
»Was hat sie mit mir gemacht?«, stieß er hervor.
»Sie musste deine Finger noch einmal brechen, um sie zu richten, hat sie wieder geschient und einen Verband aus Lehm angelegt, der jetzt hart geworden ist. Er muss eine Weile draufbleiben.«
»Wie lange? Meine Hand fühlt sich an wie ein Ziegelstein. Und wie kriegt sie das wieder ab?«
»Das ist jetzt egal. Du wolltest gerade Finger, nun bekommst du sie.«
»Das habe ich nie gesagt. Es war deine Idee. Und ich muss jetzt mit diesem Klotz herumlaufen. Ist ja schlimmer als Kette und Kugel.«
»Woher willst du das wissen?«
»Das weiß doch jeder.«
»Na schön. Hier mein Vorschlag. Ich will eine umfassende Suche nach streunenden Pferden starten, statt nur zu warten, bis sie sich in die Gegend verirren. Du sollst hier bleiben und auf alles aufpassen, bis ich zurück bin … Allerdings muss ich für dich bürgen. Falls du also auf der Flucht sein solltest, habe ich keine Verwendung für dich, außer ich besorge dir neue Papiere. Aber ich muss die Wahrheit erfahren. Wie viel Jahre hast du bekommen?«
»Zehn.«
»Wofür?«
»Wilderei.«
Claude lachte. »Ausgerechnet. Und woher hattest du das Pferd?«
»Ein Kumpel hat es mir gegeben, damit ich abhauen konnte.«
»Und woher hatte er es?«
»Von der
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