Insel der Rebellen
genau das rüberbringen, was Ihnen vorschwebt ...«
»Blödsinn!« Der Gouverneur erinnerte sich plötzlich an die Unterhaltung von vorhin. »Wenn Sie die Sache SCARE nennen, wissen doch alle auf Tangier Island, dass wir ihnen nur einen Schrecken einjagen wollen, und keiner nimmt die Sache ernst. Lassen Sie sich was einfallen, was offizieller klingt und weniger Bedeutung hat. Das werden die Inselbewohner ernst nehmen.«
»Wie gesagt, die Insulaner werden uns Schwierigkeiten machen.« Trader wollte sich nicht nachsagen lassen, dass er den Gouverneur nicht gewarnt hatte. »Vergessen Sie nicht, dass ich es Ihnen gesagt habe, und machen Sie mir keine Vorwürfe, wenn die Leute auf die Barrikaden gehen.«
»Wenn ich Ärger bekomme, mache ich Sie sowieso dafür verantwortlich.«
»Das ist Ihr gutes Recht«, sagte Trader. »Sie sollen sich durch meine Warnung ja auch nicht davon abhalten lassen, dem Gesetz Geltung zu verschaffen, Governor.« Trader war ein Meister der Doppelzüngigkeit. »Ich denke, wir sollten sofort einen Hubschrauber hinüberschicken und unser Programm ausprobieren. Was meinen Sie?«
»Warum nicht? Wir schicken sowieso einen Hubschrauber hin, um meine Meeresfrüchte zu holen.«
»Ganz meine Meinung«, stimmte Trader zu.
Trader legte den Hörer auf und kritzelte eine weitere Stunde auf seinem Block herum. Er probierte jede bedeutungslose Kombination von Wörtern aus, die ihm einfiel oder die er im Synonymwörterbuch finden konnte. Am Ende des Nachmittags verfiel er auf VASCAR, was in etwa für Visual Average Speed Computer stehen konnte -Visuelle Computererfassung de r Durchschnittsgeschwindigkeit - und hieß: Wenn ein Fahrer erkennbar schneller fuhr als erlaubt, wurde von einem Computer entschieden, ob ein Verkehrsvergehen vorlag, indem er die Durchschnittsgeschwindigkeit zwischen zwei festgelegten Punkten, A und B, errechnete. A und B sollten durch zwei aus der Luft gut zu erkennende weiße Streifen auf dem Straßenpflaster markiert werden. Trader war überzeugt, dass die Abkürzung unklar und bürokratisch genug klang, um allen Angst einzujagen. Vor allem aber musste er dafür sorgen, dass sich der öffentliche Zorn gegen die State Police richtete und nicht gegen die Regierung oder ihn selbst.
Einfach brillant, dachte er beglückt, während er sich ins Internet einloggte. Rasch zeichnete sich in seinem Kopf ein Plan ab. Als er die Trooper-Truth-Website auf den Bildschirm holte, beschleunigte sich sein Puls. Nichts fand er aufregender als die eigene Schlauheit und seine Gabe, andere zu manipulieren. Dank seiner Initiative würde sic h VASCAR in Windeseile über den Cyberspace verbreiten und aller Welt klar machen, dass Virginia jetzt und in Zukunft keine Raser duldete und dass der Staat bereit war, von seiner Macht rücksichtslos Gebrauch zu machen, indem er mit seinen gewaltigen Hubschraubern eine Insel voller friedlicher Fischer heimsuchte. Er würde dafür sorgen, dass sich die Öffentlichkeit darüber aufregte und alle Kritik gegen die Chefin der State Police, Superintendent Hammer, richtete. Damit hatten der Gouverneur und natürlich auch er, Trader, alle Vorwürfe, die das Verkehrswesen und die Straßenpiraterie betrafen, abgewälzt.
Judy Hammer war neu im Amt und kam nicht aus Virginia, daher bot sie sich als Zielscheibe an. Trader konnte sie nicht leiden. Bisher waren alle Polizeichefs kräftige, raue Typen aus alteingesessenen VirginiaFamilien gewesen. Sie hatten die Hackordnungen gekannt und waren dem Pressesprecher mit dem gebührenden Respekt begegnet, bestimmte der doch letztlich, was der Gouverneur dachte und die Öffentlichkeit glaubte. Hammer war die Pest. Sie war unverblümt, konfliktbereit und trug gern Hosen. Als Trader ihr bei ihrem Vorstellungsgespräch vorgestellt worden war, hatte sie ihn behandelt, als sei er Luft und kein einziges Mal über seine zweideutigen Anekdoten und Witze gelacht, ja sie nicht einmal zur Kenntnis genommen.
Traders Finger hielten auf der Tastatur inne, dann begannen sie, eine E-Mail einzutippen:
Lieber Trooper Truth, ich habe Ihre »Kurze Einleitung« mit großem Interesse gelesen und hoffe, Sie haben Verständnis für die Sorgen einer alten Frau, die nie verheiratet war und allein lebt und sich nicht ans Steuer wagt, weil sie Angst vor all den Verrückten auf der Straß e hat, besonders vor diesen schrecklichen Autobahnpiraten!
Doch Raserfallen und Hubschrauber, die Jagd auf ehrliche Bürger machen, sind bestimmt keine Lösung! VASCAR wird
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