Insel der Rebellen
Sie haben klug gehandelt, Detective Slipper anzurufen und selbst nichts anzufassen. Wir haben einen latenten Fingerabdruck gefunden, aber bislang noch keine Übereinstimmung im AFIS erzielt. Mit Hilfe der STR-Analyse haben wir auf dem Briefumschlag Spuren von DNA entdeckt, aber auch hier gab es keine Übereinstimmung. Ansonsten haben wir mehrere sehr lange schwarze Haare gefunden, die auf der blutigen Kleidung des Opfers klebten.«
»Haare einer Frau?«
»Weiß ich nicht«, antwortete Scarpetta. »Aber gut möglich.«
»Jedoch keine Übereinstimmung? Interessant«, überlegte Andy. »Ich frage mich, ob das daran liegt, dass der Täter oder die Täterin relativ jung ist. Dann fiele er oder sie unter die Jugendstrafgerichtsbarkeit, und die Akte wäre uns nicht zugänglich. Vor kurzem durften bei Jugendlichen ja noch nicht einmal Fingerabdrücke und DNA-Daten gespeichert werden. Möglicherweise suchen wir also nach einer höchst kaltblütigen Person, die noch ziemlich jung ist, lange schwarze Haare hat, möglicherweise eine Frau ist und aus reinem Vergnügen tötet. Vielleicht hat sie auch eine Verbindung zu Smokes Highway-Piraten, die mit dem Angriff auf Moses Custer und auch mit dem Mord an der Tankstelle letzte Nacht in Verbindung gebracht werden.«
»Ich weiß es nicht.«
»Ich will Ihre Zeit wirklich nicht ungebührlich in Anspruch nehmen, Dr. Scarpetta, aber der Fall dieses toten Anglers bereitet uns einiges Kopfzerbrechen«, wandte sich Andy dem nächsten Punkt zu. »Vor allem weil inzwischen von einem rassistischen Verbrechen die Rede ist. Daher hielt ich es für angebracht, persönlich mit Ihnen zu sprechen und Ihnen die Informationen zugänglich zu machen, die uns vorliegen, und um von Ihnen die Ergebnisse der Autopsie zu erfahren. Es gibt einen Verdächtigen, der zumindest ein Tatzeuge ist und behauptet, beim Tod des Anglers habe es sich um einen Fall von spontaner Selbstentzündung gehandelt. Angeblich haben das heiße Blei und das Schießpulver des Geschosses die synthetischen Fasern im Hemd des Mannes so entflammt, dass er dann in Flammen aufging. Dieser dubiose Augenzeuge ist übrigens auch der Hauptverdächtige in dem eben diskutierten Fall.«
»Wieso haben Sie nicht erwähnt, dass ich auch vergiftet wurde?«, platzte Regina dazwischen. Offenbar hatte sie an der Tür gelauscht und zumindest einen Teil der vertraulichen Unterhaltung mitbekommen.
»Das gehört absolut nicht hierher«, sagte Andy warnend, denn jedes weitere Wort musste ans Tageslicht bringen, dass Regina keine gewöhnliche Praktikantin war, sondern die verwöhnte Tochter des Gouverneurs.
»Es war schrecklich!«, sagte Regina zu Dr. Scarpetta. »Ich habe diese Kekse gegessen, und plötzlich hab ich die schlimmsten Schmerzen meines Lebens gehabt. Na ja, so plötzlich war es auch wieder nicht. Ich hab mich gar nicht so schlecht gefühlt, bevor ich mich hinter dem Buchsbaum im Garten versteckt hab, und dann bekam ich diese Krämpfe und Blähungen.
Ich weiß nur noch, dass mich ein Personenschützer mit Blaulicht ins Krankenhaus gefahren hat, wo ich höchs t demütigende Prozeduren über mich ergehen lassen musste. Zum Beispiel musste ich Pipi in einen Plastikbecher machen und zuschauen, wie eine Schwester einen kleinen Streifen hineinhielt. Sie wollten auch, dass ich ein großes Geschäft mache, aber nach diesem schrecklichen Anfall war nichts mehr da, es ging nicht mehr. Mein Pipi wurde rosa, und ich bekam einen Riesenschreck! Ich dachte, ich hätte da Blut drin, aber die Schwester sagte, es sei nur ein chemischer Test, der es rosa färbt. Aber es bedeutete das Schlimmste. Jemand hatte mir Ex-Lax in meine Kekse getan und versucht, mich kaltblütig umzubringen.
Vielleicht wollte der Täter ja auch jemand anders umbringen, und die Kekse waren gar nicht für mich bestimmt.« Ganz offensichtlich genoss sie es, ihre Geschichte in aller Ausführlichkeit zu erzählen. »Die Schwester sagte, dass Pipi normalerweise einen pH-Wert von vier oder sechs hat, und dass das Ex-Lax Pipi rosa färbt, wenn der pH-Wert über sieben geht.«
Regina hatte keine Ahnung, was es mit diesen Werten auf sich hatte, aber sie nahm an, das >p< in pH stehe für Pipi. Egal, was das H bedeutete, es musste durch das Ex-Lax enorm beeinträchtigt worden sein. Sie war sich ziemlich sicher, dass ihr H-Wert noch immer weit von aller Normalität entfernt war, denn als sie sich am Morgen aus dem Bett gequält hatte, war sie noch immer blass und schwach gewesen.
»Es ist
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