Insel der schwarzen Perlen
hatte sie hastig geschrieben, doch beim Lesen spürte sie seine Liebe schon nach wenigen Worten.
Meine wunderbare Maja,
Du schenkst mir mit meinem jüngsten Enkelsohn eine Wurzel in dem Land, nach dem ich mich immer gesehnt habe.
Vielleicht hätte ich dieses Land einst umarmen können, doch dazu ist es jetzt zu spät ⦠oder vielleicht auch nicht?
Sie stutzte. Diese Worte klangen ungewöhnlich für ihren Vater, sehr geheimnisvoll. Was meinte er mit dieser Umarmung? Ganz hatte Maja ihm nie geglaubt, wenn er sagte, er fühle sich zu hundert Prozent wie ein Deutscher. In ihm lebte etwas, das auch ihrer Mutter immer fremd geblieben war. Sie las weiter.
Ich muss etwas sehr Wichtiges mit Dir besprechen, wenn wir uns bald sehen. Bevor Du selber Mutter wirst, solltest Du etwas sehr Wichtiges über Deine Herkunft wissen.
Bis dahin: Nimm bitte Dein Herzgeräusch ernst, höre auf Stefans Rat. Er ist ein guter Kardiologe. Grüà auch Ina, und richte Keanu aus, er soll gut auf Dich und Euer Baby aufpassen!
Ich melde mich spätestens aus Honolulu.
Dein Dich liebender Papa (der leider im Leben nicht immer mutig war)
Was meinte er damit? Sie war drauf und dran, ihm ebenfalls eine E-Mail zu schreiben, als ein Auto in die Einfahrt fuhr. Keanu hupte fröhlich. Ihre Freunde aus München waren da.
11. Kapitel
Liliâuokalanis Quilt der Weisheit, 1907
Elisas heftiges Fieber lieà seit Tagen nicht nach. Sie war schwach und daher dankbar, eine weitere Woche im Haus der Königin am Washington Place verbringen zu dürfen, während die Kinder mit Amala in ihrem Haus wohnten. Es war nur ein paar Häuser weiter. Doch während es hier ruhig und friedlich zuging, tobte bei den Kindern das Leben. Zudem wusste Elisa nicht, wie sie Amala gegenübertreten sollte, wie sie ihr das Unglaubliche mitteilen sollte. Alles war anders als noch vor einer Woche, als Elisa so voller Zuversicht war. Kelii hatte ihr das Herz gebrochen. Nach fast sieben Jahren des Schweigens hatte er Elisa in den Dreck getreten.
Bestimmt hatte sie auch diesmal kein Gelbfieber, sondern einen leichten Anfall von Influenza, weil sie sich bei ihrem Besuch bei ihm im Krankenhaus verausgabt hatte. Wie hätte sie ahnen können, was ihr im Gefängniskrankenhaus bevorstand, welch niederschmetternde Eröffnung ihrer harrte.
Kelii gehörte nicht mehr ihr allein. Es gab eine andere Frau. Die Erschöpfung, die sie nach dieser Enttäuschung ereilt hatte, war wie ein bodenloser Schacht, in den sie immer tiefer hineinfiel.
Nach alldem, was sie seinetwegen ertragen hatte, gehörte er nicht mehr ihr allein! Sie liebte ihn nach wie vor mit ganzem Herzen. Er jedoch gab seine Kraft einer anderen. Am schlimmsten war, dass Elisa seine neue Frau kannte. Es war Okelani, Amalas verschwundene Nichte, die so wunderschön für Kelii und sie gesungen hatte, als sie ihre Familienhütte im Dorf mit den Kindern bezogen.
Elisa schluchzte laut auf. Immer wieder lieà sie das Unaussprechliche Revue passieren, das vor nur fünf Tagen geschehen war und ihr Leben von Grund auf verändert hatte:
Der britische Doktor war mit frohen Neuigkeiten zu Elisa gekommen. Er hatte auf ihre Bitte hin schon mehrfach im Gefängnis von Honolulu angefragt, ob ein Besuchstermin gewährt würde, um Kelii zu sehen. Bisher bekam er keine Erlaubnis, obwohl er nun schon zwei Jahre in Honolulu praktizierte und sich einen Namen gemacht hatte. Kelii unterlag verschärften Haftbedingungen. Niemand wusste genau warum, aber in seiner Akte war er als gefährlich eingestuft.
Elisa hatte nicht wirklich damit gerechnet, ihn sehen zu dürfen, doch diesmal hatte Doktor Wellington Glück. Kelii war im Gefängniskrankenhaus. Dort galten nicht ganz so strenge Regeln, wenn keine Ansteckungsgefahr vorlag. Das war nicht der Fall, wie ihr der Doktor mitgeteilt hatte, und ein paar Münzen hatten ein Ãbriges bewirkt. Elisa durfte ihn sehen. Der gute Doktor hatte noch versucht, sie zu warnen.
»Laut Direktion hat sich Kelii mit einem anderen Insassen wegen einer Frau geprügelt ⦠und ist dabei übel zugerichtet worden.«
Elisa hätte es ahnen können, wäre sie nicht so unendlich froh gewesen. Sie würde ihren Liebsten sehen, zum ersten Mal seit fast sieben Jahren. Die Kinder würde sie zunächst noch nicht mitbringen, das hatte sie nach ausführlicher Beratung mit Amala beschlossen. Sie war sich nicht sicher, ob es ihm
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