Insel der schwarzen Perlen
recht sein würde. Aber sie zog ihr schönstes Kleid an. Liliâuokalani hatte es ihr zur Belohnung für ihre gute Arbeit schneidern lassern. Es war nach neuester westlicher Mode aus weià und hellblau gestreifter Seide. Die Streifen betonten Elisas schmale Taille, und die hellen Farben unterstrichen ihren gepflegten Teint. Seitdem sie Jansons Plantage verlassen hatte und für die ehemalige Königin arbeitete, hatte ihr Leben sich stark verändert. Sie war weder Dienerin noch Gouvernante, sondern arbeite maximal fünf Stunden am Tag im Sekretariat von Liliâuokalani.
Hier in Honolulu konnte Elisa mit ihrer europäischen Bildung punkten, ihre klare Intelligenz wurde geschätzt, und sie hatte eine angesehene Stellung. Zudem war sie mit ihren zweiunddreiÃig Jahren eine umwerfend schöne Frau.
»Mein Liebster!«
Mit Tränen in den Augen stürzte sie auf das Krankenbett zu, umarmte Kelii und wollte nicht mehr von ihm lassen. Wie sie sofort sehen konnte, war er stark abgemagert und sein Körper voller Blessuren, doch es schien ihm nichts Ernstliches zu fehlen. Sie hatte nach fast sieben Jahren Gefängnisaufenthalt mit Schlimmerem gerechnet.
»Du bist nicht erblindet, deine Augen sind unversehrt und klar. Ich bin so unendlich dankbar â¦ich habe Tag und Nacht Ãngste um dich ausgestanden. Endlich haben wir uns wieder â¦Â«
Seine Augen mieden ihre. Das war das Erste, was ihr auffiel. Kelii vermied den echten, tiefen Blick, mit dem sie sich früher täglich begegnet waren. Vielleicht lag es daran, dass sie keinen Augenblick alleine waren. Ein Wärter fixierte das ungleiche Paar von der Tür aus mit kaltem Blick.
»Sagen Sie, könnten Sie uns vielleicht einen Tee besorgen ⦠und ein wenig Gebäck.«
Elisa steckte dem Mann genügend Kleingeld zu, und kurz darauf war er verschwunden. Es standen zwei weitere Wächter auf dem Flur, daher bestand nicht wirklich Fluchtgefahr. Sie waren allein. Jetzt endlich sah er ihr in die Augen, und sie erkannte, dass seine Kraft ungebrochen war. Trotzdem war er ein anderer als früher. Er bedankte sich bei ihr für das Geld, das monatlich im Gefängnis abgegeben wurde, damit er gewisse Privilegien hatte.
»Es ist nicht nur von mir, sondern auch von deiner Mutter ⦠Wir würden noch mehr für dich tun, ich und die Kinder, doch bisher war es nicht erwünscht â¦Â«
Wieder suchte sie seinen Blick, erneut mied er ihre forschenden Augen. Sie schlug die Decke zurück, um seinen geschundenen Körper anzusehen. Er hielt ihre Hand fest.
»Es ist nichts.«
»Dein Bein ist gebrochen. Dein Fuà hat eine böse Quetschung. Was ist mit den Rippen?«
Er zuckte zusammen, als sie ihn vorsichtig abtastete.
»Warum hast du dich geprügelt?«
»Man hat meine Frau beleidigt â¦Â«
In diesem Moment zerfiel ihre Welt in ihre Einzelteile. Es war aber auch der Moment der Wahrheit.
Kelii erzählte ihr alles, ohne sie im Geringsten zu schonen. Im Gefängnis von Lihue hatte er Okelani vor dem sicheren Tod gerettet. Sie hatte einen Wärter mit einer Tonscherbe angegriffen, als er ihr zu nahe gekommen war. Seitdem waren sie ein Paar, soweit das im Gefängnis möglich war. Er musste sie beschützen, würde es auch weiterhin tun.
»Du kommst zurecht, Elisa, du bist stark. Du hast die Kinder, dein Geld, deine Bildung und deine Kraft als Kahuna. Du brauchst mich nicht.«
»Deine Liebe hat mich jeden Morgen aufstehen lassen, die Hoffnung auf unser Wiedersehen und unsere gemeinsame Zukunft mit den Kindern. Ich gehöre zu dir â¦Â«
Viele weitere Worte hatte sie ihm gesagt, um ihm zu zeigen, was sie fühlte und was ihr wichtig war. Er hatte sie nur angesehen. In seinem Blick war nichts auÃer seiner tiefen Liebe zu ihr und grenzenloser Zuversicht.
»Wenn es sein soll, dann werden wir wieder zusammen sein, Elisa. Wir werden uns lieben, miteinander leben und unseren Kindern ein Zuhause geben. Wenn es sein soll â¦Â«
»Es soll sein. Ich will es so. Und ich werde auch dafür sorgen, dass es wieder so sein wird ⦠aber â¦Â«
Sie konnte nicht anders als zu weinen, und er nahm sie in den Arm so wie früher, als sie wehrlos und verletzt in seinen Armen zu einer liebenden Frau wurde.
»Weine nicht, ipo. Du musst einfach nur Geduld haben, dann werden wir wieder zusammen sein â¦Â«
Sie hörte auf zu weinen und trank den Tee und
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