Insel der schwarzen Perlen
aà das Gebäck, das der Wärter für ihr Geld besorgt hatte. Eine edle Dame im Seidenkleid mit einem geschundenen kanaka. Sie lachten sogar über die Unmöglichkeit ihres Zusammenseins als Paar. Sie liebte ihn in diesem Moment mehr als je zuvor in ihrem Leben. Sie hätte alles gegeben, um auch nur die kleinste Chance zu haben. Doch er schüttelte seinen Kopf. Und sie verstand.
»Deine Frau hier, Okelani ⦠sie bekommt ein Kind?«
»Sie hat schon mehrfach ein Kind getragen, doch jedes Mal starb es. Es soll nicht sein. Wir Aliâi gehen durch eine schwere Zeit, denn wir haben verraten, wer wir sind und wer unsere Götter sind. Auch deshalb kann ich jetzt keine weiÃe Frau an meiner Seite brauchen ⦠Es wäre ⦠es wäre falsch. Bitte verzeih mir.«
Elisa konnte darauf nichts erwidern. Sie verstand ihn und achtete ihn für seine Haltung. Doch gleichzeitig hasste sie ihn dafür.
»Und ich, was wird mit meinem Leben, mit unseren Kindern, mit Emma und Gerd?«
Er sah sie lächelnd an. »Warum sprichst du nicht auch von Eli, meinem Sohn? Und warum gabst du unseren Kindern deutsche Namen? Sind sie nicht Hawaiianer?«
Elisa sah ihm lange in die Augen. Er war weit weg von ihr, das begriff sie plötzlich, doch gleichzeitig waren sie sich vielleicht nie zuvor so nahe gewesen.
»Ich bin jetzt erwachsen, Kelii. Ich bin stark und klug. Ich bin Kahuna und auch die Beraterin eurer letzten Königin. Aber ich komme aus Deutschland, und ich werde meine Wurzeln nie verraten ⦠Meine Liebe zu dir ist grenzenlos.«
Dann küsste sie ihn, wie sie Kelii noch nie zuvor geküsst hatte, leidenschaftlich und rücksichtslos. Sie wusste, sie würde ihn nicht wieder besuchen, nicht bevor er ihr gab, was sie für ihn die ganzen einsamen Jahre lang beschützt hatte, ihr Herz.
Seine Augen waren nach ihrem Kuss traurig.
»Ich gebe dich frei, Elisa. Unsere Wege trennen sich vielleicht noch für Jahre, doch eines Tages werden wir wieder zusammen sein.«
Ihre letzte Umarmung war innig. Sie wollte, dass sie für immer und ewig dauert und ertappte sich bei dem Gedanken, dafür alles andere aufs Spiel zu setzen, ihre Kinder, das Leben, das sie sich aufgebaut hatte. Ihre Vertrauensstellung bei Liliâuokalani, in der sie jetzt schon einiges für das hawaiische Volk tun konnte, all das würde sie aufgeben, nur um wieder bei ihm sein zu können, bei ihrem Liebsten.
»Und wenn ich ein Verbrechen begehen würde und ebenfalls im Gefängnis wäre, so wie du, würdest du sie dann verlassen?«
Mit seinem langen Seufzer strich Kelii ihr über Stirn, Wangen und zuletzt über ihre bebenden Lippen.
»Du bist meine groÃe Liebe, Elisa ⦠zweifle nie daran, bitte. Es liegt nicht an dir und mir, dass unsere Wege sich trennen müssen. Das Schicksal ist gröÃer als wir, mächtiger und unausweichlich. Wenn du bei meinem Volk bist, meinem Volk hilfst, dann liebst du mich, und ich liebe dich. Verstehst du das nicht?«
Doch Elisa war immer noch unsicher. Sie fühlte sich durch Okelani in die zweite Reihe versetzt, und es tat weh.
»Wenn ich ebenfalls im Gefängnis wäre, würdest du sie dann verlassen? Wäre ich dann wieder deine Frau?«, wiederholte sie ihre Frage.
Kelii schüttelte traurig den Kopf. »Das würde nicht gehen. Okelani ist mir anvertraut. Sie hat sonst niemanden auf der Welt ⦠ihre Liebe zeigt sie mir mit jedem Tag. Sie würde für mich sterben. Doch wenn ich sie verstoÃen würde, könnte sie nicht weiterleben. Sie ist nicht wie du, Elisa. Sie braucht mich ⦠Sie ist eine Frau aus meinem Klan, wer wäre ich, wenn ich das Geschenk ihrer Liebe mit FüÃen treten würde?«
Elisa wusste später nicht, wie sie den Weg aus seinem Zimmer, durch den Flur und aus dem bewachten Krankenhaustrakt bewältigt hatte.
Die Kutsche, die ihr Liliâuokalani an diesem Nachmittag zur Verfügung gestellt hatte, fuhr sie zurück zum Washington Place. Sie hatte am frühen Abend eine Besprechung mit der ehemaligen Königin wegen eines Briefes, den Elisa in Liliâuokalanis Auftrag an Kaiser Wilhelm II schreiben sollte.
Alleine der Gedanke an die weisen Augen der ehemaligen Königin lieà sie in der Kutsche aufschluchzen. Vielleicht würde sie Rat wissen und konnte ihr helfen, ihre aufgewühlten Gefühle in ruhigere Bahnen zu lenken.
Wie so oft saà Elisa
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