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Insel der schwarzen Perlen

Insel der schwarzen Perlen

Titel: Insel der schwarzen Perlen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noemi Jordan
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ist wichtig, dass ich dich kurz sehe. Amala hat mir alles erzählt … es tut mir so leid.«
    Â»Später vielleicht, ja? Komm morgen, dann habe ich geschlafen. Dann reden wir über alles, und ich fasse auch einen Beschluss …«
    Â»Was für einen Beschluss? Was willst du denn tun?«
    Seine Stimme klang dumpf durch die Tür, sie hörte seine Sorge um sie. Die letzten Jahre war er ihr immer ein guter Freund gewesen, hatte ihr bei vielem geholfen und den einen oder anderen wertvollen Rat in Geldgeschäften gegeben. Doch über Kelii hatte auch er sie im Dunkeln gelassen. Dabei hatte er bestimmt von Okelani gewusst. In ihren Schläfen pochte der Schmerz.
    Â»Geh, Johannes, bitte geh …«
    Sie wollte ihm keine Fragen stellen, die er nicht beantworten konnte. Aber sein verlogenes Mitgefühl wollte sie nicht.
    Nachdem Johannes’ Schritte sich von ihrer Tür entfernt hatten, nahm sie von den Tropfen auf dem Nachttisch. Es war ein starkes Opiat, das schon bei geringer Überdosis wie ein Rauschmittel wirkte. Nahm sie mehr als die verschriebene Menge, würde es Halluzinationen bei ihr auslösen, doch das war ihr egal. Sie wollte sich wegträumen, weg von dem Schmerz in ihrem Herzen, der viel schlimmer war als das Hämmern in ihrem Kopf.
    Sie hätte viel darum gegeben, hawaiische Medizin zu haben, vor allem den Extrakt aus der Tausend-Nebel-Pflanze. Dann hätte sie über die Zeit hinwegsteigen können, um die höhere Wahrheit in ihrem Leid zu erkennen. Doch diese Pflanze zu besitzen oder zu Heilzwecken zu verabreichen, war inzwischen bei Gefängnisstrafe untersagt. Keine der Kahuna, die Elisa im Iolani-Palast vor zehn Jahren durch ihre Lehrerin Hoku kennengelernt hatte, praktizierte noch in Honolulu. Es war kapu, und einige Kahuna waren streng bestraft worden.
    Seit dem verheerenden Brand in Chinatown vor sieben Jahren wurden die Gesetze immer strenger. Für die Kahuna wurde das Leben in Honolulu zäh und so schwierig, dass auch ihre Lehrerin Hoku wieder in den Bergen auf der anderen Seite der Insel lebte.
    Elisa zählte die Tropfen sorgfältig ab. Sie erlaubte sich sieben, ihr wurde schon beim Trinken angenehm kühl in Hals und Brust. Die Tropfen ließen ihre Sinne wach werden. Ein zartes Kribbeln kroch über ihre Bauchdecke nach oben. Als sie die Augen schloss, war dort der Pfau. Er sah sie mit seinen Augen an, lange und prüfend. Dann hörte sie im Inneren die Stimme ihrer Kahuna-Meisterin Hoku.
    Der Körper einer Frau ist ein geheimnisvolles Wesen voller Sehnsucht. Vergiss ihn nicht …
    Elisa stöhnte. Ihr Körper war schon vor Jahren zu einem gehorsamen Werkzeug der Arbeit geworden. Seit sie auf Jansons Plantage diente, war sie nicht mehr in erster Linie Frau, sondern Arbeiterin und Mutter vieler Kinder. Auch jetzt, obwohl Lili’uokalani ihre Dienste selten mehr als fünf Stunden am Tag in Anspruch nahm, war Elisa nicht wirklich Frau. Sie war zugleich Mutter, Sekretärin, Ernährerin und Familienoberhaupt. Ihr Frausein hatte sie in ihren Träumen von Kelii gelebt. In den Momenten zwischen erschöpftem Tiefschlaf und Wachsein war sie mit ihm in ihr Paradies entflohen. Nun gab es auch dieses Paradies nicht mehr. Was lag in der Zukunft jetzt noch vor ihr? Würde sie nur noch für ihre Kinder leben?
    Ihre Hände zitterten, als sie das Wasserglas an ihre Lippen hob, um den Durst zu stillen, den die Tropfen stets in ihr weckten. Das Opium brachte Durst nach Wasser und ein schier unstillbares Verlangen nach Liebe und Zärtlichkeit. War es ihrer Mutter damals auch so gegangen, nachdem Elisas Vater gestorben war? War sie ebenso verzweifelt gewesen, weil sie ihre große Liebe verlor, und hatte sich deshalb aufgegeben?
    Sie wünschte sich so sehr, endlich wieder in Keliis Armen zu liegen, und suchte in ihrer Erinnerung nach den schönsten gemeinsamen Erlebnissen mit ihm. Ihr erstes Mal in der Höhle hinter dem Wasserfall. Seine behutsamen Berührungen, als er ihren Körper nach der Schändung erneut zum Leben erweckte. Die vielen Lektionen der Lust im Iolani-Palast, die ihren Körper zu einem fein gestimmten Instrument seiner Liebesmelodie hatten werden lassen. Und dann ihre gemeinsamen Jahre auf Maui, in denen Elisa in seinen liebevollen Armen endgültig zur Frau und Mutter wurde.
    Sie verachtete sich für ihre Schwäche, die sie zu dem Opiat des Doktors greifen ließ, doch nur das Gift der

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