Insel der schwarzen Perlen
ihr noch weitere Fragen zu stellen. Das war nicht einfach, denn obwohl sie ein gutes Verhältnis hatten, das über ein normales Arbeitsverhältnis hinausging, war Keliis Mutter eine der engsten Vertrauten von Liliâuokalani. Jedes Wort könnte weitergetragen werden, damit musste Elisa rechnen. Trotzdem musste sie aussprechen, was ihr so schwer auf dem Herzen lag.
»Emma und Gerd sind unsere gemeinsamen Kinder, sie tragen beide Kulturen in sich, und ich möchte sie ihrem Vater bringen. Er soll sie auch in seinem Sinne erziehen können, das halte ich für sehr wichtig. Ich hatte immerhin einige Jahre mit meiner Tochter Victoria â¦Â«
Nie würde Elisa den Moment vergessen können, in dem die Königin ihre neugeborene Tochter an Gerit Janson übergab, weil er ein Anrecht auf sie hatte, wohingegen sie als Mutter ihr Recht verwirkt hatte, da sie ihr Bett mit Kelii teilte. Die Königin nickte. Sie erinnerte sich gut, auch hatte sie Victoria bei einem ihrer Besuche in Honolulu empfangen.
»Für uns Frauen ist das Leben nicht immer einfach. Es gibt oft keine Gerechtigkeit, nicht wahr? Oder sagen wir besser, es gibt viele Widerstände, die es zu überwinden gilt, wie zum Beispiel einen Mann wie Gerit Janson. Oder auch eine Mutter, die in ihrem Herzen keine Liebe kennt â¦Â«
Das war ein weiteres Thema, über das sie bereits gesprochen hatten. Elisas Mutter Clementia, auch in Honolulu öfter bei gesellschaftlichen Anlässen zugegen, hatte nicht ein einziges Mal ihre Tochter oder ihre Enkelkinder am Washington Place besucht. Elisa nickte traurig, doch Liliâuokalani lächelte jetzt.
»Es sind die Lieblinge der Götter, die viele Hindernisse auf ihrem Weg finden ⦠Sie lernen über glühende Lava zu laufen, ihre Herzen weit wie das Meer werden zu lassen und ihren Blick stets gen Himmel zu richten. Seien Sie einfach nur dankbar, Elisa. Wer auch immer seine schützende Hand über Sie hält, meint es gut mit Ihnen.«
In dieser Nacht kam das Fieber. Wie eine schwarze Welle aus den Tiefen ihrer Seele weckte die Hitze Elisa mitten in der Nacht auf. Sie hatte unbändigen Durst und trank Glas nach Glas, doch es wurde nicht besser. Ihre Augen schmerzten in den Höhlen, und sie ertrug noch nicht einmal den Schein der Kerze, die ihre besorgte Freundin Amala ihr mit einem kühlen Wickel ans Bett brachte. Als sie wieder gehen wollte, hielt Elisa ihre Hand fest. Sie hatte ihr noch nicht gesagt, was sie im Gefängnis von Kelii erfahren hatte. Doch brachte sie es nicht über sich, ihrer Freundin die gute Nachricht vorzuenthalten.
»Deine Nichte Okelani lebt ⦠sie ist hier im Gefängnis, schon sehr lange, so lange wie Kelii. Sie war die namenlose Rebellin, die er auch schon im Gefängnis von Lihue beschützte. Erinnerst du dich?«
Amala sah sie fassungslos an, sie konnte nicht glauben, was Elisa ihr sagte. Okelani lebte! All die Jahre war sie am Leben und hatte Amala noch nicht einmal eine Nachricht zukommen lassen. Was musste ihre Nichte alles angestellt haben, um sich derartig zu schämen.
Elisas Hals brannte, in ihrem Kopf hämmerten Dämonen, und jede ihrer Bewegungen war ihr eine Qual. Doch sie brachte es nicht über sich, ihre Freundin im Unklaren zu lassen.
»Kelii hat Okelani zur Frau genommen, vielleicht war das auch ein Grund, warum sie in deinen Augen tot sein wollte. Sie wusste, du würdest es niemals gutheiÃen â¦Â«
Amala schwieg. Immer hatte sie Worte, oft eine Lösung, doch in diesem Moment zerbrach für sie eine Welt. Und gleichzeitig fanden einige Puzzlesteine der vergangenen sieben Jahre ihren Platz. Ohne zu reden, legte sie ihre kühle Hand auf die explodierende Hitze in Elisas Stirn.
»Weine, mein Kind, weine.«
Dann verlieà sie das Zimmer.
Am nächsten Tag war Elisa in das Haus der ehemaligen Königin umgezogen. Ihr Fieber hatte nicht nachgelassen, auch zu Tränen war sie nicht fähig gewesen, obwohl ihr Herz fast vor Wut und Trauer platzte. Alles, was ihr ungehorsamer Körper vermochte, war, eine unglaubliche Hitze zu produzieren, die ihr fast den Verstand raubte.
Sie hatte dem Doktor versprechen müssen, sich von ihren Kindern fernzuhalten, solange er keine endgültige Diagnose gestellt hatte. Fälle von Gelbfieber waren während der letzten Jahre immer wieder in Honolulu vorgekommen, doch dazu waren ihre Symptome noch zu uneindeutig. Elisa bat um
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