Insel der schwarzen Perlen
Dorfes an der Reihe. Sie übergaben Kelii eine fein gewebte und dunkelrot eingefärbte Decke.
Als Ãberraschungsgäste kamen zu später Stunde noch Keliis Schwester Leilani mit ihrem Mann Johannes und ihren Kindern aus Lihue.
AuÃer Elisa war Johannes van Ween der einzige WeiÃe, der bei der Vollmondzeremonie dabei sein durfte. Er war seit Jahren mit Keliis Schwester verheiratet, das Paar hatte zwei Kinder, Thomas und Elisabeth, und Elisa schätzte Johannes sehr, obwohl sie sich nicht immer in allem einig waren. Zudem hatte Johannes das Pech, Stiefsohn von Piet van Ween zu sein, was immer wieder Anlass zu unerfreulichen Gesprächen gab. Die beiden hatten nie ein gutes Verhältnis gehabt, doch verdrängte Johannes gerne, wie kriminell der Mann seiner Mutter veranlagt war. Es war gut, dass Elisa an diesem Abend noch nicht mit Kelii über den Tod seines Vaters gesprochen hatte. Allein der Verdacht wäre Sprengstoff für den Familienfrieden.
Johannes und Kelii waren zwar schon seit Kindertagen gut miteinander befreundet, da die Missionarsschule sie zusammengeschweiÃt hatte. Dennoch war es nicht ganz einfach gewesen, als Johannes seine Schwester Leilani geheiratet hatte. Piet van Ween und ebenfalls Johannesâ Mutter waren in der Familie nicht willkommen.
Mit Elisa war Johannes zusätzlich noch über deutsche Bande verbunden. Nur wenig älter als sie war er der einzige Patensohn ihres verstorbenen Vaters. Ebenso wie Elisa hatte auch er von Gerhard Vogel geerbt. Klug wie er war, hatte er das bescheidene Vermögen sofort in seine Ausbildung auf dem amerikanischen Festland gesteckt. Dadurch lebte die Familie in Lihue inzwischen in bescheidenem Wohlstand, denn gerade war Johannes erneut von Janson befördert worden.
»Wir haben jetzt eine eigene Kutsche ⦠und ab und zu sogar einen Kutscher!« Leilani erzählte es so freudestrahlend, dass Elisa noch nicht einmal darüber nachdenken wollte, die heutigen Worte Doktor Wellingtons zu wiederholen. Es würde alles zerstören.
Zu weit vorgerückter Stunde saÃen sie nur noch zu viert ums Feuer: Leilani und Johannes, Kelii und Elisa. Ein silbriger Streifen kündete den neuen Tag an. In den Büschen um den groÃen Felsen herum begannen die Vögel ihr Morgenkonzert. Seit einigen Stunden waren Elisas Kontraktionen häufiger und intensiver geworden. Und gerade weil sie wusste, dass sie nur noch eine kleine Weile hatte, bevor es losgehen würde, wollte sie die euphorische Leichtigkeit dieser Nacht durch nichts trüben. Keliis Vater war seit Monaten tot. Selbst wenn es kein Unfall war, sondern kaltblütiger Mord, würde er nicht wieder lebendig werden. Kelii war jetzt der neue Dorfchef, sie war seine Frau und würde als Kahuna ihr Bestes geben. So beruhigte sie ihr schlechtes Gewissen, denn es war nicht ihre Art, etwas zu verheimlichen. Doch gerade erzählte Leilani eine besonders lustige Geschichte, und die beiden Männer bogen sich vor Lachen.
Kelii bemerkte es als Erster, als bei Elisa die erste heftige Wehe einsetzte. Kurz darauf halfen Leilani und die beiden Männer ihr den schmalen Pfad ins Dorf hinunter. Kelii und Johannes stützten sie, während Leilani vorauseilte, um die verschlafene Amala aus ihrer Hütte zu holen.
Viele Stunden später, es war bereits wieder Nacht, wurde Elisa von Keliis zärtlichem Kuss geweckt. Er hielt ihr eine Schale mit Flüssigkeit hin und Elisa trank den bitteren Tee bis auf den letzten Tropfen, während er ihr den Kopf hielt. Sie war zu erschöpft. Die Kräuter würden ihrer Gebärmutter helfen, sich schneller wieder zusammenzuziehen. Alles war gut gegangen, doch die letzten zwölf Stunden verschwammen immer noch in einem Nebel aus Schmerz und übermenschlicher Anstrengung.
Kelii hatte begonnen, seine Finger zärtlich über ihren Bauch wandern zu lassen, wie er es so oft getan hatte, als ihr Leib immer praller und runder wurde. Seine Finger schienen Pupillen an ihren Kuppen zu haben, weshalb sie sein behutsames Tasten auch seinen Doktorenblick nannte. Wenn er sie auf diese Weise untersuchte, machte er stets seine Augen zu, um besser wahrnehmen zu können, was ihr Körper ihm erzählen wollte. Sorgfältig tastete er jetzt ihren Bauch ab, vor allem unterhalb ihres rechten unteren Rippenbogens, wo er den Rändern ihrer Leber nachspürte. Mit einem Lächeln strich er ihr danach die verschwitzten Haare aus der Stirn,
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