Insel der schwarzen Perlen

erzählt und ihr ein Foto des jungen Hawaiianers gezeigt, der sein Leben verloren hatte.
    Keanu hatte Maja bei dieser Gelegenheit auch begreiflich gemacht, warum er diesen Kampf gegen Windmühlen vermutlich noch viele Jahre lang führen musste.
    Â»Wehren wir uns nicht, dann verkommen unsere Inseln mehr und mehr zu einem stupiden Ferienparadies. Die Kultur der Hawaiianer wird dann für den Rest der Welt aus billigem Touristen-Hula bestehen … Wir müssen kämpfen, ipo! Wir brauchen mehr Presse, mehr Öffentlichkeit und vor allem mehr Mitstreiter!«
    Er erhoffte sich auch mehr Mithilfe von Maja, sobald sie ihre Arbeit mit Elisa Vogels permanenter Ausstellung im Roten Haus beendet hatte.
    Â»Mithilfe der wichtigen weltweiten Organisationen, die sich für Kulturerhalt einsetzen, müssen wir endlich mehr Anspruch auf unser eigenes Land durchsetzen. Nur so hat unsere Kultur langfristig überhaupt noch eine Chance …«
    Schweigend sah sie ihm nach dem Frühstück beim Packen zu. »Du musst diesmal länger weg als sonst?«
    Â»Gedankenleserin …«
    Â»Wie lange genau?«
    Â»Es könnten vier bis fünf Tage werden …«
    Â»Wo fliegst du hin?«
    Manchmal sagte er ihr, auf welche der Inseln er flog, heute tat er es nicht. Es war kurz nach neun Uhr.
    Â»Ich melde mich …«
    Nach einem langen Abschiedskuss startete er sein Motorrad, setzte seinen Helm auf und schlitterte mit einem letzten Winken über den Kies der Baustelle davon.
    Bis hinter die Biegung ihrer neuen kleinen Straße folgten ihm Majas Augen, dann erstarb ihr Lächeln. Sie hasste es, wenn er sie allein ließ, und heute war der Abschied noch schlimmer als sonst. Und als sie kurz danach aufräumte, verspürte sie wieder den vertrauten Stich der Eifersucht. Seine Exfreundin würde bei der Aktion dabei sein. Sie waren Partner in der Organisation, so würde es auch bleiben, solange Hawaii für den Erhalt von Kultur und Landbesitz kämpfen musste.
    Sie müsse sich damit abfinden, hatte Keanu gesagt und hinzugefügt, Maja sollte sich um eine Freundschaft mit Leilani bemühen, denn seine Ex sei im Grunde genommen eine wunderbare Frau, nur würde sie eben ihre Zeit brauchen, um sich an die neue Situation zu gewöhnen.
    Maja hatte nicht widersprochen, dazu hatte sie in den letzten Monaten zu viel Überraschendes dazugelernt. Und sie hatte auch eine deutliche Warnung erhalten, vor jetzt gut sechs Wochen, als sie mit Keanu zusammen auf ihren Wunsch die kleine Insel Ni’ihau besucht hatten. Dort hatte Maja ein merkwürdiges Erlebnis, das sie immer noch beunruhigte.
    Ni’ihau lag circa dreißig Kilometer westlich vor der Küste Kauais. Für Tourismus war die Insel gesperrt, da dort nur hawaiische Urbevölkerung lebte. Man brauchte für einen Besuch eine Sondergenehmigung des Besitzers. Aber unter den knapp hundertfünfzig Einwohnern waren einige Kinder, die ihre eigene kleine Schule hatten. Das hatte Maja neugierig gemacht, und Keanu bekam die Erlaubnis, sie mitzubringen. Maja war sehr gespannt, denn auf Ni’ihau lebten die Menschen noch immer wie zu der Zeit, als Elisa in dem Dorf am Wasserfall gelebt hatte.
    Auch im Jahr 2011 gab es auf der sichelförmigen Insel weder Elektrizität noch Fernsehen oder Internet, und auch auf andere Errungenschaften der Moderne verzichteten die Einwohner freiwillig, um ihre Traditionen zu pflegen.
    Alle dort sprachen hawaiisch und gingen täglich zum Fischen, die Kinder wurden noch so unterrichtet wie im Jahr 1890. Sie lernten, traditionell zu kochen, zu weben, zu tanzen und die einzigartigen Muschelketten zu fädeln, die es nur auf Ni’ihau gab. Die Menschen wollten so leben wie zu Zeiten ihrer hawaiischen Könige und Königinnen, obwohl auch vor ihrer Küste die Fischgründe immer weniger hergaben und die Fischer immer weiter draußen ihre Netze auswerfen mussten.
    Auf Ni’ihau fühlte Maja sich schnell in das vergangene Jahrhundert zurückversetzt und musste ständig an Elisa denken. Ob sie wohl einst hier gewesen war?
    Keanu hatte sich im Vorfeld verabredet und ließ sich von einem der Männer zeigen, wie man sich in Zukunft auf Ni’ihau vor drohenden Tsunamis schützen wollte. Erst wenige Tage zuvor hatte die Fukushima-Katastrophe alle Inseln alarmiert. Für Kauai, Oahu und auch Ni’ihau hatte es besondere Warnungen gegeben. Die Männer besprachen die