Insel der schwarzen Perlen
hineinsehen.
»Hättest du dich je in mich verliebt, wenn in meinem Gesicht nicht auch ein guter Anteil polynesisches Blut zu erkennen wäre?«
Er antwortete nicht, sondern sah sie nur voller Mitgefühl an, dann sprach er mit dem Kapitän, und sie lachten. Sicher redeten sie auf Hawaiisch über Hormone und wie irrational schwangere Frauen bisweilen wären. Dann gab der Kapitän Maja netterweise sein eigenes Käppi gegen die Sonne. Es war höchste Zeit, sie hatte höllisches Kopfweh.
Nach ihrem Ausbruch schwieg sie, lieà die Männer in ihrer geheimen Sprache reden und sah aufs Meer hinaus. Da war ihr, als würden dem Boot Schatten folgen. Mal auf der einen und mal auf der anderen Seite des Bootes glänzte etwas Dunkles im Wasser, Delfine vielleicht. Als sie an dem Leuchtturm von Kilauea vorbeikamen, war der Schatten plötzlich verschwunden.
Spät in der Nacht hatte Maja sich bei Keanu entschuldigt. Sie wusste nicht mehr, was auf dem Boot in sie gefahren sei, es täte ihr leidâ¦
Seitdem hatte Keanu ihr viel über Niâihau erzählt. Die Insel war seit 1864 in Privatbesitz und WeiÃe beschützten dort die alten Traditionen Hawaiis seit nunmehr vielen Jahren. Francis Sinclair hatte die dreiÃig Kilometer lange und zehn Kilometer breite Insel einst von König Kamehameha V. , dem Bruder der letzten Königin von Hawaii, gekauft. Noch heute hatte Niâihau einen Beschützer aus der Familie Sinclair, denn es gab immer wieder VorstöÃe der Amerikaner, die Insel zu kaufen. Im Jahr 1944 war Niâihau bei Kriegsende sogar als Sitz der UN im Gespräch gewesen, war dann aber doch als zu abgelegen verworfen worden.
»Hast du im Roten Haus schon mal etwas von der Schlacht von Niâihau gehört? Vielleicht von Sabji oder von Mai?«
Als Maja verneint hatte, erwähnte Keanu einen Vorfall auf Niâihau im Zusammenhang mit Pearl Harbor. Ein feindlicher japanischer Pilot war auf der Insel gelandet.
»Elisa hat dabei eine wichtige Rolle gespielt.«
»Dann war Elisa also auf der Insel Niâihau?«
»Ja, aber das besprichst du am besten mit den Schwestern im Roten Haus ⦠vielleicht erzählt Mai dir etwas darüber. Jetzt muss ich schlafen.«
Damit hatte er sich von ihr weggedreht und war sofort eingeschlafen, während Maja in dieser Nacht noch lange darüber nachgedacht hatte, wovor Elisa sie eigentlich gewarnt hatte. Sie fühlte sich doch ohnehin nicht wie eine Hawaiianerin.
Am nächsten Morgen, als Maja aufwachte, hatte Keanu ihr einen Zettel hingelegt. Er war Frühstück holen.
Maja ergriff die Gelegenheit und recherchierte Niâihau im Computer, doch am Ende ihrer Nachforschungen über die Familie Sinclair war sie enttäuscht. Insgesamt stimmte Niâihau sie traurig. Ein reicher WeiÃer beschützte die letzten echten Hawaiianer auch heute noch vor dem Einfluss der Amerikaner, die immer aufs Neue versuchten, die Kontrolle über die letzte hawaiische Insel zu erlangen. Sogar ein US -Raketenstützpunkt war geplant, konnte aber verhindert werden.
Beim Frühstück sprachen sie erneut miteinander. Keanu war dankbar für die Sturheit der Familie Sinclair, doch seiner Meinung nach mussten die Hawaiianer dringend selber aufwachen, und zwar auch all die, die sich aufgegeben hatten und nur noch in Arbeitslosigkeit und Alkoholismus vor sich hin vegetierten.
»Wir müssen alle erreichen, sonst geht es uns wie den Indianern auf dem amerikanischen Festland, wir verkommen zu einer Touristenattraktion. Das ist aber nicht Kultur! Uns Königstreuen geht es um die echte hawaiische Kultur, unsere heiligen Kultstätten, unseren Landbesitz, aber vor allem auch um unsere Sprache, die gesprochen werden muss. Hier, das habe ich dir aus dem Buchladen in Hanalei mitgebracht â¦Â«
Er legte ihr ein Hawaiisch-Englisches Wörterbuch hin.
»Jeden Tag zehn neue Vokabeln, bitte ⦠Die Sprache ist die Zunge, ist die Mutter, ist unser Land, sind unsere Götter, bedeutet unsere Freiheit ⦠Das ist mir wichtig, Maja!«
Danach bekamen sie wieder Streit, denn Maja waren andere Dinge wichtig, die Welt war weit gröÃer als Hawaii, und auf Dauer würde sich niemand in einer Nische verstecken können. Als Deutsche empfand sie seine Idee, Hawaii als eine Inselgruppe der Seligen zu erhalten, sogar absurd.
»Ich will keine Existenz in einer Art von Zoo für unser Kind.
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