Insel der schwarzen Perlen
aussprachen, um das reine hawaiische Blut zu bewahren.
Maja war keine reine Hawaiianerin, würde es nie sein, sondern fühlte sich als Deutsche. Ihr exotisches Aussehen war dabei zweitrangig.
Sie stand von der Bank auf, steckte das Foto von Kelii und Elisa in die Brusttasche des alten weiÃen Herrenhemdes ihres Vaters, in dem sie am liebsten schlief, und befestigte ihren Pareo erneut um Bauch und Hüften. Liebe blieb ein Mysterium.
Das Tuch mit dem traditionellen Muster war ein Geschenk von Keanu, er hatte es ihr vor wenigen Tagen von seiner letzten Reise mitgebracht. Der weiche Stoff fühlte sich gut auf ihrer nackten Haut an. Die Baumwolle war mit einer speziellen Technik an bestimmten Stellen ausgebleicht, in der Mitte prangte eine riesige rote Hibiskusblüte, der Rest war lila. Nun ja. Ein wenig Kitsch fürs Baby darf sein.
Zufrieden strich sie sich über den gewölbten Bauch mit der Hibiskusblüte. Danach sah sie sich auf dem Rückweg zur Hütte in dem kleinen Garten um, in dem Keanu und sie in den letzten Wochen einige Pflanzen gesetzt hatten. Bis ihr Besuch aus München kam, wollten sie eine Laube anlegen und einen AuÃen-Grillplatz, aber vor allem sollte ihr Paradies voll mit blühenden Sträuchern sein. Wie ein Regenbogen aus Freude.
Im Licht dieses Frühlingsmorgens schimmerten ihre gerade angepflanzten Büsche wie frisch gewaschen. Es hatte in der letzten Nacht viel geregnet, doch die Trampelpfade waren nicht so matschig wie in den letzten Wochen, und es war sehr viel wärmer als noch in den letzten Tagen.
Zielstrebig ging Maja zum Rohbau ihres Hauses, um zu sehen, ob der junge Kater ihr erneut eine tote Maus als Opfergabe hingelegt hatte. Tatsache, wieder lag eine da. Irgendwie wurde Maja das Gefühl nicht los, dass der süÃe Streuner ein wenig verzweifelt um ihre Gunst warb.
Maja näherte sich dem Rand der Klippe und schleuderte den Mauskadaver in Richtung Meer. Wahrscheinlich würde er auf den Steinen landen, doch das war egal. Sie liebte diese Stelle. Hier hatte ihr Liebster sie gefragt, ob sie für immer bei ihm bleiben würde. Inzwischen war es zu ihrem Ritual geworden, hier täglich ein kleines Dankeschön zu sagen.
Die letzten Dämonen, egal of Haifischmann, Neider oder missgünstige Exverlobte â auf diesem paradiesischen Flecken Erde würde Maja alle mit ihrer positiven Energie davonjagen.
In Momenten wie diesen, wenn die Harmonie in kleinen lachsfarbenen Wölkchen über den Himmel tanzte und die Vögel ihr Lieder vorsangen, kam ihr zukünftiges Leben ihr möglich vor. Sie sah alles vor sich. Das fertige Haus mit dem funktionierenden Badezimmer, einer Waschmaschine und der wunderbaren Küche, in der sie für ihre zukünftige Familie kochen würde. Dann ihr Arbeitszimmer mit Blick aufs Meer, ideal zum Recherchieren und Schreiben, solange ihr Baby klein war. Wenn ihr Kind dann gröÃer wurde, wollte Maja wieder unterrichten, so war ihr Plan.
Eine Wolke schob sich vor die Sonne. Sofort wurde es merklich kühler, und mit den Schatten kamen auch die anderen Gedanken, die sie sonst eher verdrängte. In ihrer Magengrube pochte seit Tagen eine dunkle Vorahnung, denn in letzter Zeit hatte sich in ihr etwas verändert. Zum einen wurde sie auf Kauai nicht so schnell heimisch wie erhofft, zum anderen fehlte ihr das vertraute München sehr. Keanu und sie hatten sich deswegen bereits gestritten, denn Maja plante seit ein paar Wochen eine Reise nach Hause, bevor ihr Kind auf die Welt kam. Sie dachte sogar bisweilen daran, ihr Kind vielleicht in Deutschland zur Welt zu bringen. Im Sommer würde es auf Kauai ohnehin sehr heià werden, in München hingegen war der Sommer ein Traum. Kurz gesagt â Maja hatte massives Heimweh.
Keanu gab schlieÃlich nach. Er überlieà sogar die Entscheidung ihr, wo das Baby zur Welt kommen würde. Sie versprach im Gegenzug, sich in Zukunft mehr Mühe mit der hawaiischen Sprache zu geben â vielleicht.
In einem automatischen Reflex verschränkte Maja ihre Arme vor der Brust, obwohl sie alleine auf der Klippe stand. Ein gewisser Trotz hatte sich in ihr breitgemacht. Bei aller Liebe würde sie ihrem Liebsten in einigen Dingen die Stirn bieten müssen, wenn sie hier auf Dauer glücklich werden wollte. Fröstelnd sah sie zu, wie jetzt auch das letzte Wölkchen am Meereshimmel seine Farbe von Rosa zu Weià wechselte. Die Sonne kam wieder
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