Insel der schwarzen Perlen
hervorgerufen durch Schläge mit einem Stock.
Eine Tür schlug oben im Haus. Maja zuckte zusammen. Doch, da musste jemand sein. Das Geräusch kam eindeutig von dem alten Dachboden, in dem um die Jahrhundertwende die jungen Sklavenmädchen schliefen. Sie wollte in aufkommender Panik die Polizei anrufen, als sie hörte, wie die beiden Schwestern die Treppe hinuntergepoltert kamen. Sie erkannte Mais Stimme.
Wie so oft scherzte die alte Hawaiianerin in hawaiischem Singsang. Sabji lachte ihr raues, kehliges Lachen.
Kurz darauf standen sie in Majas Büro. Nachdem die Schwestern Maja ausgiebig begrüÃt hatten, teilten sie ihr einen Beschluss mit. Sabji und Mai hatten die Treppe zum Dachboden notdürftig repariert und dort ein paar Matratzen, Decken und Kissen hingelegt.
»Wir träumen das Rote Haus gesund â¦Â«
»Und wie geht das?«
»Ganz einfach«, grinste Mai. »Sabji und ich machen jetzt immer unser Mittagschläfchen dort oben ⦠singen ein altes Kahuna-Lied und rufen das Ha der unglücklichen Mädchen.«
Dann ergriff Sabji ohne jegliche Vorwarnung Majas linke Hand. Sie presste ihre Lippen fest auf den Ring mit dem kleinen Rubin, den sie Maja kürzlich entwendet und auch wieder zurückgegeben hatte. Mai lächelte Maja an.
»Sabji mag deinen Ring ⦠Er erinnert sie an einen Ring, den sie einmal besessen hat. Woher kommt er?«
»Weià ich nicht genau, mein Vater gab ihn mir zu meinem zwölften Geburtstag. Aber ich glaube, er ist eigentlich ein Geschenk meiner GroÃmutter und stammte aus Familienbesitz.«
»Das hat man dir erzählt?«
Maja nickte. Der Rubin war in Herzform geschliffen, gefasst war der Stein in Rotgold. Ein zarter Jugendstilring, vielleicht einst zum Anlass einer Verlobung gefertigt, sie wusste es nicht. Ursprünglich hatte sie den zarten Ring am Ringfinger ihrer linken Hand getragen, doch inzwischen passte er nur noch auf ihren kleinen Finger.
Mai schüttelte jetzt missbilligend ihren Kopf über das eigenartige Verhalten ihrer Schwester, da Sabji begonnen hatte, sich auf der Stelle hin und her zu wiegen, so als würde sie ein Baby in ihren Armen halten.
»Kaikuaâ ana pupule«, schimpfte sie Sabji, was so viel bedeutete wie »verrückte groÃe Schwester â¦Â«.
Sabji lächelte. Ihre Augen leuchteten in einem stillen Glück, fast glaubte Maja so etwas wie Zärtlichkeit in ihrem Blick zu erkennen.
Als sie zurück zur Baustelle fuhr, schien die Sonne auf ihr Lenkrad. Ein Strahl traf auf den roten Rubin. Er leuchtete fröhlich.
5. Kapitel
Jansons Reich, 1901â1903
Mehr als ein Jahr war vergangen, seitdem Kelii im Dorf verhaftet und ins Gefängnis von Lihue geworfen worden war. Der Frühsommer brachte die ersten schwülen Winde mit sich, Blumen blühten im Ãberfluss, die Luft war geschwängert mit süÃem verführerischem Duft.
Bereits einige Male hatte Elisa den beschwerlichen Weg nach Lihue auf sich genommen, um Kelii zu besuchen, doch jedes Mal musste sie unverrichteter Dinge ins Dorf zurückkehren, und zwei Mal hatte sie für ihre Sehnsucht nach ihrem Mann sogar einen bitteren Preis bezahlt. Die zarten Zwillinge waren krank geworden, dann war Elisa wochenlang in einer schweren Erschöpfung versunken, weil sie zu früh das Wochenbett verlassen hatte. Amala hatte ihr täglich ihre Verantwortung vorgebetet, um sie zur Vernunft zu bringen. Die Kinder brauchten Elisa, ihr Mann war erwachsen und würde sich selber aus dem Gefängnis befreien. Johannes würde helfen, so etwas war Männersache.
Tatsächlich hatte Elisa nichts erreicht. Stunden hatte sie vor Gefängnismauern ausgeharrt, doch nicht einmal durch die Fensterluken hatte er nach drauÃen gesehen, obwohl sie all ihre Kahunakünste angewendet hatte. Fühlte er nicht, wie sehr sie sich nach seinem Anblick sehnte?
Ihr Herz wurde krank, ihre Seele schwer vor Kummer, und sie brachte danach im Dorf tagelang keinen Bissen runter, sondern trank nur Wasser. Ihr blieb die Milch weg, sie verlor an Kraft, und mehr als einmal wünschte sie sich den Tod herbei. Doch so gnädig war ihr Herrgott nicht und auch nicht Pele, denn immerhin hatte Elisa inzwischen die Verantwortung für sechs Kinder, wie Amala ihr täglich sagte.
»Wahine, noch dazu eine Kahuna wahine, also eine Heilerin zu sein, bedeutet Verantwortung â¦Â«
Wären ihre Freunde im Dorf nicht gewesen, allen
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