Insel der schwarzen Perlen
voran Amala mit ihrer mütterlichen Liebe, hätte Elisa trotz gutem Zureden ihr Krankenlager vielleicht nie mehr verlassen. Alles erschien ihr sinnlos, trist und grau. Doch die Freundin lieà ihr keine Ruhe. Immer neue bittere Tees kochte sie ihr und zwang Elisa, kleine Portionen rohen Fisch und Poi zu essen. Als Elisa endlich wieder zu Kräften kam, wurde ihr erster Spanziergang zum Wasserfall vom halben Dorf begleitet. Die Kinder, allen voran Eli, pfiffen und applaudierten, als seine Mutter es anschlieÃend auch alleine wieder den Berg hinaufschaffte.
Sie war die Kahuna des Dorfes und die Frau des Dorfchefs. Seit Keliis Abwesenheit wurde sie häufiger von den Ãltesten um Rat gefragt, denn es waren schwere Zeiten, und das Dorf brauchte sie. Aber die Kinder brauchten Elisa ebenfalls. Die Zwillinge blühten zusehends auf, sobald es ihr wieder besser ging. Obwohl sie eine Milchamme hatten, liebten die Babys es, wenn ihre Mutter lachte und wieder fröhlich war, was allerdings viel zu selten vorkam, wie die Freundin sie schalt.
»Du musst es täglich versuchen, denn das Lachen ist deine beste Medizin, es jagt die schwarzen Geister davon, die wollen, dass du vor Kummer pupule wirst â¦Â«
Bald bemühte sich das ganze Dorf darum, Elisa mindestens einmal täglich zum Lachen zu bringen. Eli erfand mit Ulani immer neue Geschichten über die Zwillingsgeschwister, wie sie angeblich in den Nächten aufstanden, heimlich im Dorf Vorräte stibitzten und sonstigen Unsinn trieben.
Elua, die Zwei, wie Ulani sie gerne nannte, wären in Wirklichkeit Menehune, Kinder aus dem legendären Zwergenreich. Ulani war eine begabte Erzählerin und nach langer Krankheit letztendlich vollständig genesen. Sie wuchs in sechs Monaten fast einen halben Kopf und feierte ihren elften Geburtstag als ihren letzten Kindergeburtstag.
Amala hatte sie als ihre Wahlenkelin unter ihre Fittiche genommen und bereitete die hübsche Grünäugige auf ihr Leben als junges, begehrtes Mädchen vor. Ulani würde eine Schönheit werden, das konnte man jetzt schon sehen. Einige Jungen aus dem Dorf sahen ihr hinterher, wenn sie mit ihren knospenden Brüsten vom Wasserholen kam.
Von dem, was ihr und ihren Geschwistern widerfahren war und warum sie nach dem Tod der Eltern aus ihrem Dorf ausgestoÃen wurden, sprach sie nie, auch nicht, wo das Dorf genau lag. Selbst den Nachnamen der Eltern verschwiegen die Kinder weiterhin hartnäckig. Die drei kleinen Bettler hatten so gut wie nichts bei sich gehabt, als Elisa sie mit Kelii im Hafen auflas. Lediglich ein geknotetes Baumwolltaschentuch, in dem Ulani ihren Schatz, wie sie es nannte, eingeknotet hatte, gab es. Eines Tages kam sie damit zu Elisa.
»Kannst du das lesen, Ma?«
In dem Bündel waren Papiere, mitgenommen und teilweise zerfleddert, doch einiges war lesbar. Ulani konnte durch Elisas Unterricht bereits alle Buchstaben, doch die Schrift auf dem Brief aus ihrem Bündel war schwer zu entziffern. Auch Elisa konnte nicht jedes Wort lesen, doch die Unterschrift lieà ihren Atem stocken. Unter der Nachricht, die nur aus drei Zeilen bestand, stand der Name Gerit Janson.
Sie bat Ulani, ihr das Papier zu geben, und beriet sich mit Amala. In den Zeilen stand, die Dienerin Kiana musste von Gerit Janson entlassen werden, da das Mädchen bei unzüchtigen Handlungen erwischt worden war. Sie sei unbeherrscht und würde die Moral unter der Dienerschaft schwächen. Er empfahl dem Plantagenbesitzer, bei dem Kiana Arbeit suchen würde, das Mädchen bei der Feldarbeit einzusetzen. Das Kind, das sie unter dem Herzen trug, sollte man zu ihm schicken, wenn es ein Junge werden würde, der helle Augen hatte. Amalas Blick wurde finster.
»Ist doch jedes Mal wieder so, oder? Erst vergewaltigen sie die Mädchen, und wenn sie schwanger werden, wollen sie ihre Dienerinnen wieder loswerden â¦Â«
»Aber warum? Es heiÃt, auf Jansons Plantage habe er extra Häuser mit seinen Bastarden und ihren Müttern â¦Â«
Amala lachte laut auf. Dann sah sie Elisa an, als wäre sie noch ein unwissendes naives Kind.
»Glaubst du, Janson muss bei seinen Geliebten keine Regeln einhalten? Meinst du, er kann jedes neue geschwängerte Mädchen zu seinen Konkubinen schicken? Da gibt es eine Rangordnung! Wahrscheinlich war Ulanis Mutter noch sehr jung, oder aber sie war einfach zu hübsch. Unsere Prinzessin hier ist wirklich eine Schönheit
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