Insel der schwarzen Perlen
Stellen hatte sie auf den Inseln angeschrieben.
Elisa sollte ursprünglich das Herzstück der permanenten Ausstellung über frühe Einwanderer aus Europa werden, und viele von Elisas Aquarellen, Zeichnungen und auch einige Ãlgemälde waren bereits zusammengetragen worden. Doch noch reichte es nicht. Elisa Vogels Leben war in den Augen der Kuratorin aus San Francisco nicht gut genug dokumentiert. Zudem hatte sie angeblich zu ihren Lebzeiten niemals ausgestellt. Auch das recherchierte Maja gerade, da Elisa auf ihrer Reise nach Europa, in den DreiÃigerjahren, laut einem Tagebucheintrag einige Bilder im Gepäck hatte.
Doch auf Hawaii hatte Maja bis jetzt nicht einmal ihre Todesurkunde gefunden oder ein Todesdatum, das irgendwo vermerkt worden war. Mai und Sabji, die als Kinder dabei waren, als das Paar für immer zu den Haien schwamm, erinnerten sich nur, dass es eine Vollmondnacht war, vermutlich im Jahr 1947.
Mit einer solchen Angabe konnte die Kuratorin Sarah Bloom jedoch wenig anfangen. Auch interessierte sie sich nicht sonderlich für Elisas Berufung zur Kahuna. Nur Elisa Vogels Zeichnungen und Malereien hatten die spröde Frau begeistern können. Würde es Maja allerdings nicht gelingen, Elisas Leben als Malerin ausreichend zu dokumentieren, würde der Fokus der Ausstellung sich ändern. Die Geschichte der christlichen Missionierung auf Kauai war ein gut dokumentiertes Thema, hatte Sarah Bloom bei ihrem letzten Telefonat angedeutet.
Die Tatsache, dass Elisa Vogel das Rote Haus offiziell mit einer Handvoll wertvoller schwarzer Perlen erworben hatte, war immerhin ein gutes Argument für mehr Ausstellungsfläche für Elisas Kunst gewesen. Zwei der groÃen unteren Ausstellungsräume waren noch für sie reserviert, und die letzten ihrer präzisen Naturaquarelle wurden gerade gerahmt. Maja liebte diese Arbeiten. Es waren vor allem zarte Pflanzen- und Tierstudien, darunter die Tausend-Nebel-Pflanze, die sie sowohl gezeichnet als auch mit Aquarellfarben festgehalten hatte.
Maja träumte davon, im Roten Haus Elisas gesamte Lebensgeschichte auszustellen, mit Fotos, Briefen, Bildern und Dokumenten, am besten in lückenloser Chronologie. Jedoch waren in dem Umschlag aus Honolulu weder eine Heiratsurkunde noch ein Todesschein. Wieder eine Niete. Doch dafür waren zwei andere alte Dokumente in dem Umschlag.
Das erste offizielle Dokument war auf April 1900 datiert. Es musste eine Kopie aus dem Polizeiarchiv sein und bezeugte die Verhaftung von Kelii wegen des Diebstahls einer schwarzen groÃen Perle von enormem Wert.
Das zweite Schriftstück war umfangreicher, es war eine Abschrift im Original, ein Urteilsspruch aus dem Gericht von Lihue, datiert im Juni 1900. Das Strafmaà war lebenslänglich.
Das Begleitschreiben war an Maja adressiert. Darin hieà es, ein Wasserschaden hätte viele der historischen Dokumente leider zerstört, mehr habe man zu den Namen im Archiv nicht finden können.
Zu Fuà ging Maja in ihr Lieblingscafé, in dem sie auch gerne mit Keanu zu Mittag aÃ. Das Tagesmenü war ein rotes Gemüsecurry mit Kokosnuss und frischer Mango, und sie setzte sich an einen der kleinen Tische.
Während sie aà und das bunte Treiben der Gäste auf sich wirken lieÃ, tauchten wie aus dem Nichts Bilder auf.
Elisa, die gerade ihre Zwillinge zur Welt gebracht hatte und verzweifelt weinte, als ihr Liebster von den beiden Polizisten und Piet van Ween verhaftet wurde.
Säuglingsgeschrei im Doppelpack. Der wütende Eli, der mit Steinen nach den Polizisten warf. Der höhnisch lachende Piet van Ween. Ein Schlagstock ging erbarmungslos auf die protestierenden Hawaiianer nieder. Stiefel, die zutraten und nackte Haut verletzten, bis Elisa ihren Mann loslieÃ, um Schlimmeres zu vermeiden. Ein kreisendes Paar Alalas kreischte über dem Dorfplatz, während der blutende Kelii an seinen Haaren hinter den beiden Polizisten hergeschleift wurde. Elis schrille Kinderstimme schrie Keliis Namen in den Wind, während die blutende Elisa ohnmächtig zu Boden sank.
Maja zuckte zusammen. Woher kamen diese Bilder? War es wirklich so gewesen? Oder war es wieder einmal ihre Phantasie? Oft fragte sie sich das, wenn sie mit wilden Träumen aus Elisas Leben erwachte.
Zurück an ihrem Schreibtisch war Maja nervös. Sie wünschte sich, Mai oder ihre seltsame Schwester wären im Gebäude, sie kam sich mit einem Mal verloren vor. Waren die
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