Insel der schwarzen Perlen
bekommen würden. Noch wusste man im Dorf nichts von dem vernichtenden Urteil.
Als sie abends auf dem Dorfplatz zusammensaÃen und das Taufmahl aÃen, das von vielen im Dorf zusammengetragen worden war, spürte Elisa bei Johannes und Leilani Verlegenheit, als der Name von Keliis und Leilanis Mutter fiel. Die Tutu der Zwillinge war zur Taufe eingeladen worden, genau wie Elisas Mutter. Keine von beiden war gekommen.
Leilani entschuldigte sich für ihre Mutter. Sie konnte nicht kommen, schickte aber Geschenke. Für die Zwillinge hatte Liliâuokalani aufwendig gearbeitete Taufbecher aus Silber anfertigen lassen, wie sie auch die Kinder von Johannes und Leilani zu ihrer christlichen Taufe bekommen hatten.
»Und das hier ist für dich ⦠von Ma.«
Leilani konnte Elisa kaum in die Augen sehen, als sie ihr die alte, schmucklose Schachtel überreichte. In ihr war eine gebrochene Kaurimuschel. Die Alten an der Tafel begannen zu tuscheln, und auch Elisa wusste, was dieses Geschenk bedeutete. Sie sollte sich offiziell von Kelii lossagen und ihn für immer in Ruhe lassen.
»Keliis Urteil wurde bereits vor längerer Zeit verkündigt, wir wollten dir diesen Tag nicht verderben, auÃerdem versuchen wir es abändern zu lassen â¦Â«, sagte Johannes leise.
Leilanis Stimme war ernst und traurig, als sie aufstand und jetzt laut zu allen versammelten Gästen sprach.
»Mein Bruder, euer neuer Dorfchef, Nachfolger meines Vaters, wurde vom Richter zu lebenslänglichem Zuchthaus verurteilt, obwohl alle wissen, dass Kelii unschuldig ist â¦Â«
Leilani setzte sich wieder hin und ergriff Elisas Hand. In ihren Augen standen Tränen, als sie leise Worte sprach, die Elisa wie Giftpfeile ins Herz trafen.
»Mein Bruder wird sich nie von dir lossagen, eher stirbt er, das weiÃt du ⦠Daher musst du es tun. Wenn du sein Leben retten willst, musst du ihn loslassen. Das Band zwischen euch zerschneiden und deine Gefühle dem groÃen Hai zu FüÃen legen, das ist das Mindeste, was du ihm jetzt schuldig bist. Du hast ihm genug geschadet ⦠bitte töte ihn nicht!«
Tief in der Nacht, als nach der Feier alle Gäste fort waren, die Kinder schliefen und Elisa endlich mit Amala alleine war, nahm sie die Schachtel noch einmal in ihre Hände. Sie öffnete den Deckel und sah sich lange die zerbrochene Kaurimuschel an.
»Was soll ich tun, Amala? Sag es mir!«
Amala hatte viel Respekt vor Keliis und Leilanis Mutter, da sie aus einer im Rang sehr hoch stehenden Aliâi-Familie kam, weshalb sie auch schon seit vielen Jahren im persönlichen Gefolge von Liliâuokalani diente.
»Keliis Mutter liebt ihre beiden Kinder, doch sie liebt unsere Königin noch viel mehr â¦Â«
Amala nahm Elisa die Schachtel energisch ab.
»Sie kennt dich nicht, auch weià sie nichts über deine tiefe Verbindung zu Kelii und zu uns ⦠Sie ist keine Kahuna. Der Geist der Kahuna aber hat damals ihren Mann als Kahuna ausgewählt ⦠und der hat ihren Sohn Kelii als Kahuna ausgewählt. Er ist Kahuna, und du bist Kahuna ⦠diesen Weg müsst ihr beide bis zu eurem Ende gehen. Das ist meine Meinung. Vergiss also diese dumme Muschel.«
Elisa kannte Keliis und Leilanis Mutter zwar aus ihrer Zeit im Iolani-Palast, als sie ihre Tochter Victoria dort zur Welt gebracht hatte, doch sie waren sich nie nähergekommen. Stets hatte sie das Gefühl gehabt, Keliis Mutter würde sie nicht als Schwiegertochter akzeptieren. In den fünf Jahren auf Maui war sie nie zu Besuch gekommen. Doch auch in ihr Dorf kam sie nicht mehr oft, seit sie bei der Königin diente.
»Ihr Herz lebte auf Oahu und für Liliâuokalani, seit ihr Mann gestorben ist ⦠Finde dich damit ab, dass die Tutu von Emma und Gerd in Zukunft vor allem für die Königin leben wird. Und sollte sie nach Kauai kommen, dann wird sie mit Leilani und Johannes am gesellschaftlichen Leben teilnehmen und vielleicht ihren Sohn im Gefängnis besuchen â¦Â«
Amala schlang ihre Arme um die traurige Elisa.
»Eure Kinder sind in wilder Ehe geboren, doch eines Tages wirst du mit Kelii den Bund eingehen ⦠wichtig ist, dass du ihn immer weiterliebst, also vergiss die Kaurimuschel!«
Elisa lieà sich zwar von der Freundin trösten, doch in ihr blieb ein Gefühl von hilfloser Bitterkeit zurück.
»Sie gibt mir die alleinige Schuld dafür, dass ihr Sohn im Gefängnis ist
Weitere Kostenlose Bücher