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Insel der schwarzen Perlen

Insel der schwarzen Perlen

Titel: Insel der schwarzen Perlen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noemi Jordan
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Nachdem sie das Siegel gebrochen hatte, überflog sie rasch die wenigen Worte.
    Meine liebe Tochter Elisa,
    hoffentlich wirst du meine Worte bei deiner Ankunft in Gerit Jansons Haus nicht falsch verstehen. Dafür bete ich. Aber Gerit hat mich gebeten, dir in seinem Namen zu schreiben. Er bat vor einigen Tagen bei mir und Fried um deine Hand, weil du keinen Vater mehr hast. Wir waren außer uns vor Freude und sind dem Herrgott unendlich dankbar für diese göttliche Fügung, vor allem wegen Victoria, unserer geliebten Enkelin. Was für ein Segen!
    Ich möchte dir hiermit noch einen mütterlichen Rat geben, denn nur selten im Leben bekommt ein Mensch eine zweite Chance, wenn er einen entscheidenden Fehler gemacht hat: Bitte mäßige dein Temperament!
    Johannes, Leilani, mein lieber Fried und ich haben uns für dich eingesetzt, mein Liebes. Sage heute Ja zu Jansons großzügigem Angebot und heirate ihn mit Gottes Segen! Dann werden wir uns bald wiedersehen.
    Deine dich liebende Mutter
    Elisa ließ den Brief in ihren Schoß sinken. Dann schloss sie ihre Augen. Vier harte Jahre hatte sie auf Jansons Plantage gedient. Geweckt vom ersten Hahnenschrei bis oft spät in die Nacht hinein war sie auf den Füßen gewesen, nur an den Wochenenden hatte sie Zeit, auszuruhen und sich um ihre Familie zu kümmern. Oft war sie dem Zusammenbruch nah gewesen, jeden Winter hatte sie ein böser Husten in dem feuchten Haus in Lihue für Wochen ans Bett gefesselt. Ihr Körper war geschwächt, ihre Seele war müde. Sie wünschte sich nichts weiter, als in Frieden und Harmonie mit beiden Teilen ihrer Welt zu leben. Doch Janson zu heiraten, war ihr unmöglich.
    Heirate Janson mit Gottes Segen! Was dachten ihre Freunde sich nur dabei? Nur weil sie inzwischen nicht mehr täglich von ihrer Liebe zu Kelii sprach, war ihr Liebster immer noch das Licht, das sie überhaupt am Leben hielt.
    Elisa sah sich in dem luxuriösen Zimmer um. Es lag im ersten Stock des hinteren Seitenflügels und hatte eine unheimliche Ausstrahlung. Die Läden waren halb geschlossen, damit das Sonnenlicht die kostbaren Stoffe nicht ausbleichen würde. Ein prächtiger, roter Samtüberwurf überdeckte ein ungewöhnlich breites Bett mit Mahagonipfosten. Es sah aus, als würde es aus Europa stammen. Der dunkel polierte Dielenboden glänzte fast wie ein Spiegel. Unzählige Schichten Wachs hatten ihn geglättet. Die kostbaren Vorhänge waren ebenfalls aus schwerem, rotem Samt, in dem ein Muster von Hibiskusblüten eingewebt war.
    An den Wänden um das Bett herum hingen Ölgemälde aus der griechischen Mythologie, teilweise waren die Motive erotisch. Bis auf ein großes Ölbild über der Kopfseite des Bettes waren es gekonnt nachgearbeitete Meisterwerke, wie Elisa mit Kennermiene feststellte.
    Besonders ins Auge stachen ihr zwei Szenen aus Zeus’ erotischen Abenteuern. Eins trieb ihr die Schamesröte ins Gesicht. Die laszive Leda schlang ihre Beine einladend um den Hals eines Schwans.
    Wieder schrie der Pfau vor dem Fester.
    Elisa wollte gerade die Holzläden öffnen, um ein wenig Licht hereinzulassen, als sie hinter sich schwere Schritte hörte. Kurz darauf stand Janson im Zimmer.
    Â»Bitte nicht öffnen. Die Sonne ist um diese Tageszeit noch zu stark. Sie würde das Portrait von meiner Mutter zerstören … Warten Sie.«
    Janson griff über Elisas Arm und zog die beiden Läden noch dichter als zuvor.
    Â»Nur auf meine Anweisung werden die Läden geöffnet. Meine Sammlung ist ein Vermögen wert. Hier, was halten Sie von dem Portrait meiner Mutter? Es wurde in Hamburg gemalt.«
    Â»Ihre Mutter war gebürtige Hamburgerin?«
    Â»Natürlich war sie das. Meine gesamte Familie stammt ursprünglich aus dem hanseatischen Raum …«
    Elisa sah sich das überdimensionale Portrait der jungen Frau über dem Bett an. Vornehm reserviert lächelte sie den Betrachter an, war jedoch mit freien Schultern gemalt worden, wobei ein Ärmel neckisch tiefer hing als der andere. Ungewöhnlich für diese Zeit.
    Jansons Mutter war als hanseatische Schönheit mit einer sehr schmalen Taille portraitiert worden, die sie noch dadurch betonte, dass sie ihre Hände in die Hüften stemmte. Das verlieh ihr etwas ungewöhnlich Tatkräftiges für eine junge Frau. Sie trug keinen Ehering, jedoch blitzte ein Ring an ihrem linken kleinen Finger, der

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