Insel der schwarzen Perlen
Elisa merkwürdig bekannt vorkam. Zuerst dachte sie an den Schmuck ihrer Mutter, doch dann fiel ihr ein, wo sie den ungewöhnlichen Ring mit dem herzförmigen Rubin schon einmal gesehen hatte. Es war vor vielen Jahren im Dorf gewesen, in Ulanis Schatz.
Janson stand jetzt sehr dicht vor Elisa. Sie roch seinen aufdringlich männlichen Geruch, den sie unter tausend anderen wiedererkennen würde. Gewalt und Grausamkeit waren für sie mit diesem Geruch verknüpft.
Panisch sah sie in Richtung Bett. Sofort stellte sie sich vor, wie verzweifelt Ulanis Mutter als junges Dienstmädchen hier mit Janson gerungen haben musste, um ihre Unschuld gegen ihn zu verteidigen. Nur gut, dass sie sich den Ring dafür genommen hatte. Besser wäre gewesen, sie hätte ein Messer dabei gehabt, um sich zu schützen â¦
Elisa konnte nichts dagegen tun, ihr Herz begann zu rasen. Bilder der nächtlichen Höhle tauchten vor ihr auf und nahmen von ihr Besitz. Seine Hände, die ihr weiÃes Kleid zerreiÃen, seine brutale Männlichkeit, die ihren Körper entweiht. Sein stinkender Atem, der grausame Worte ausstöÃt, die nur danach trachten, ihre Liebe zu Kelii zu zerstören. Seine erbarmungslosen Augen, die im Dunkel der Höhle wie Dämonen nach ihrer Seele greifen.
Der Pfau ⦠denk an die blaue Perle. Sein linkes Auge, du musst in sein linkes Auge sehen. Dort wartet der Schlüssel zur blauen Perle ⦠dann wirst du frei sein.
Wieder hörte Elisa die Stimme von Hoku in ihrem Inneren, diesmal dringlicher als zuvor.
Wieder schrie der Pfau direkt vor ihrem Fenster.
»Wunderbares Portrait, nicht wahr? Meine Mutter war eine sehr schöne Frau. Victoria kommt ganz nach ihr â¦Â«
Janson lächelte Elisa an.
»Dieses Zimmer könnte auf Dauer Ihnen gehören. Alle Gemälde sind sorgfältig ausgesucht. Meine Mutter liebte Kunst. Leda und der Schwan war eins ihrer Lieblingsmotive. Diese künstlerische Anmut ⦠diese ehrliche Sinnlichkeit.«
Janson schloss die schwere Zimmertür und machte sich in der Nische dahinter zu schaffen. In der dunklen Wandtäfelung öffnete er eine Tür. Dahinter war ein Schränkchen, in dem eine Kristallkaraffe mit einer dunklen Flüssigkeit und zwei halb gefüllte Whiskygläser standen. Er hatte sich vorbereitet und bestand darauf, mit Elisa anzustoÃen.
»Wir beide müssen zunächst feststellen, ob unsere Ehe wirklich eine so gute Idee ist. Immerhin haben Sie sich für einen, sagen wir mal, für eine WeiÃe sehr ungewöhnlichen Lebensweg entschieden ⦠und dann noch eine Zwillingsgeburt!«
Er hielt ihr mit aufforderndem Lächeln ein Whiskyglas entgegen. Sein eigenes war kurz darauf leer, und er schenkte sich schnell nach.
»Bitte sagen Sie jetzt nichts Unpassendes ⦠Ich weiÃ, ich habe über die Jahre die unterschiedlichsten Mätressen gehabt. Jedoch standen die Frauen stets ausschlieÃlich zu meiner Verfügung. Ich teile nicht gerne.«
Er leerte sein zweites Glas.
»Ihr bisheriges Leben verstieà gegen die europäischen Sitten und Gepflogenheiten ⦠Sie lebten in wilder Ehe.«
Erneut schenkte Janson sich nach, während Elisa sich verkrampft an ihrem Glas festhielt. Er sah sie von Kopf bis Fuà an, so wie man ein Stück Vieh mustert.
»Einerseits widern Sie mich an, aber andererseits kann ich nicht anders, als Ihren Mut zu bewundern ⦠Sie sind eben, Sie sind⦠Sie sind etwas ganz Besonderes â¦Â«
Janson war inzwischen ein wenig angetrunken, doch er schenkte sich erneut nach. Sein Lächeln in ihre Richtung war mehr als deutlich. Breitbeinig stand er mit seinem Glas vor der Tür.
»Mit mir heiraten Sie einen Gouverneur, der auch die kommende Wahl gewinnen wird! Auf dieser Insel will keiner mehr von den Aliâi regiert werden! Die Zeit der arroganten Adeligen ist vorbei!«
Um nicht antworten zu müssen und darüber nachdenken zu können, wie sie möglichst elegant wieder aus dieser verfahrenen Situation herauskam, nippte Elisa an ihrem Glas. Sie durfte ihm keine Chance geben, sie für eine unbedachte Bemerkung zu bestrafen, diesmal nicht. Und sie musste ihn um Bedenkzeit bitten, was nicht allzu schwer sein durfte, denn immerhin trat er am nächsten Tag ohnehin seine Geschäftsreise an. Janson gefiel es, dass sie mit ihm trank, und er schenkte ihr nach.
»Ist gutes Zeug aus Schottland, kam letzte Woche vom Boot,
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