Insel der Sehnsucht, Insel des Gluecks
Gesicht.
"Sag das nie wieder!" warnte er sie heiser. "Hast du mich verstanden? Nie wieder! Marisa ..."
Leon brachte seinen Satz nicht zu Ende, denn in diesem Moment wurde die Tür auf gestoßen, und eine junge Griechin betrat ungestüm das Zimmer. Ihr Blick wurde hart, sobald sie Chloe erblickte.
"Was tut sie hier?" fragte sie feindselig. Mit ausgestreckter Hand deutete sie auf Chloe. Ihre langen Fingernägel waren dunkelrot lackiert, passend zu dem Lippenstift, der ihren vollen, sinnlichen Schmollmund betonte.
Als Leon vor drei Jahren Chloe gegenüber seine
Halbschwester erwähnt hatte, für die er verantwortlich sei, hatte Chloe sich einen schüchternen, linkischen Teenager vorgestellt -
ein Mädchen, mit dem sie sich hätte anfreunden können und das vielleicht ihre Zuneigung und ihren Rat gebraucht hätte. Doch Marisa brauchte nichts von der Frau ihres Bruders, außer dass sie ihr durch ihre Ehe die nötige Fassade lieferte, um die Öffentlichkeit zu täuschen, so wie Chloe selbst getäuscht worden war. Unwillkürlich legte Chloe jetzt die Hände auf ihren Bauch, bevor ihr einfiel, dass dort kein werdendes Leben mehr zu beschützen war.
Marisas Blick folgte ihrer Geste. Wütend fuhr sie zu Leon herum. "Was tut sie hier? Warum ...?"
Leon hatte Chloe einen Arm um die Taille gelegt. Vergeblich versuchte sie, sich aus seinem Griff zu befreien. Es war offensichtlich, dass Marisa nichts von ihrer, Chloes, Anwesenheit auf Eos gewusst hatte. Chloe konnte daraus nur schließen, dass Leon augenscheinlich auf der Fortsetzung ihrer Ehe bestand, um seine junge Halbschwester zu schützen. Wobei Marisa selbst sich nicht im Geringsten um die öffentliche Meinung scherte. Sie hätte ganz offen mit Leon
zusammengelebt, das hatte sie Chloe unmissverständlich gesagt.
Leon hatte darauf bestanden, dass sie die Konventionen wahren mussten. Er hatte sich entschlossen, sich eine junge, fügsame Frau zu suchen, die zu naiv war, um zu erkennen, was vor ihren Augen ablief. Sie, Chloe, war diese Frau gewesen - bis Marisa ihr in einem Anfall von Eifersucht die Augen geöffnet hatte.
Chloe wurde ganz elend zu Mute, als sie daran dachte.
"Warum? Weil es notwendig ist."
Wenn Leon in diesem Ton sprach, wagte nicht einmal Marisa, ihm zu widersprechen. Chloe sah die hilflose Wut in ihrem Blick und fragte sich, ob Leon das Mädchen nicht auf subtile Weise bestrafte. Ihr Verdacht wurde bestärkt, als er ihr scheinbar gelassen unters Kinn fasste, so dass sie ihn ansehen musste, und fragte: "Ist es nicht so, Chloe?"
Er flüsterte diese Worte dicht an ihren Lippen, so dass es wie eine erotische Herausforderung wirkte. Chloe versuchte, ihr nicht zu erliegen, doch ihr angespannter Körper verriet sie, und das triumphierende Aufleuchten in Leons Augen bestätigte ihre Befürchtung, dass ihm nicht entgangen war, welche Wirkung seine Nähe auf sie ausübte.
Die Luft in dem Raum schien plötzlich zu knistern. So war es auch gewesen, als sie sich zum ersten Mal begegnet waren.
Leon war zu einer Modenschau gekommen. Chloe hatte auf dem Laufsteg gerade ein Abendkleid vorgeführt. Sie hatte aufgeblickt, Leon gesehen, und es war, als hätte er die Hand nach ihr ausgestreckt und sie berührt. In den Jahren seit ihrer Trennung hatte sie sich eingeredet, sie sei inzwischen immun gegen die Art, wie er ganz bewusst ihre Sinne erregte. Doch als er jetzt die Fingerspitzen langsam über ihren Rücken gleiten ließ, sie an sich drückte und sie spüren ließ, dass auch sie ihn immer noch körperlich erregte, wusste sie, dass sie immer noch empfänglich dafür war.
Chloe schloss die Augen und schluckte. Als sie sie wieder öffnete, beobachtete Leon sie wie eine Katze, die auf Beute lauerte. Einen Moment glaubte sie, er würde sie küssen.
Unwillkürlich ließ sie die Zungenspitze über ihre Lippen gleiten und erschauerte, als Leon ihr sacht eine Haarsträhne aus dem Gesicht strich. Dachte er so wie sie daran, wie er sie in ihren Flitterwochen mit zärtlich Küssen geweckt hatte? Wie er die Lippen über ihren Hals hatte gleiten lassen und dann weiter hinab zu ihren Brüsten, bis sie die Finger in sein dichtes Haar gekrallt und ihn gedrängt hatte, mit seinem Liebesspiel fortzufahren?
Sie durfte nicht daran denken! Sie musste vergessen, wie sehr sie sich nach ihm gesehnt hatte. Vielmehr sollte sie sich ins Gedächtnis rufen, was sie später von Marisa erfahren hatte.
Das laute Zuschlagen der Zimmertür brachte Chloe zur Besinnung. Marisa war verschwunden,
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