Insel der Sehnsucht, Insel des Gluecks
sie und Leon waren wieder allein. Er ließ sie los und betrachtete sie spöttisch.
"Du bist immer noch meine Frau, Chloe", sagte er kühl. "Und in Griechenland gilt die Ehefrau immer noch als Besitz ihres Mannes, der mit ihr tun kann, was er will."
"Und wir beide wissen genau, was du mit mir vorhast", sagte Chloe bitter. "Du willst ein Kind mit mir zeugen. Warum, Leon?"
Er zuckte die breiten Schultern. "Jeder Mann will Söhne, oder nicht? Ich bin reich und brauche Erben von meinem Blut, die in meine Fußstapfen treten. Du bist meine Frau ..."
"Verdammt, hör auf damit! Wir beide wissen doch ganz genau, warum ich deine Frau bin. Warum du mich geheiratet hast!"
Bevor Leon etwas erwidern konnte, klopfte der Mann, der Chloe am Abend zuvor vom Hubschrauber abgeholt hatte, an die Zimmertür, die Leon bereits halb geöffnet hatte. Leon trat sofort vor Chloe, um sie mit seinem Körper vor den Blicken des Mannes, der offenbar sein persönlicher Assistent war, zu schützen. Sein Assistent informierte ihn höflich, dass ihn ein Anruf aus New York erwarte.
"Versuch nicht wegzulaufen", warnte Leon Chloe, bevor er sie allein ließ. "Du wirst es nicht schaffen. Und selbst wenn es dir gelingen würde, diese Insel zu verlassen - was du allenfalls schwimmend versuchen könntest -, vergiss nicht: Ich habe deinen Pass."
Zehn Minuten später überlegte Chloe unter der Dusche, was wohl Leons Angestellte über diese Situation denken mochten.
Das luxuriöse Bad war in den gleichen Farben wie das Schlafzimmer dekoriert und besaß neben der geräumigen Dusche eine riesige runde Badewanne, die in den Boden eingelassen und von zartgrünen Marmorfliesen eingefasst war.
Als Chloe nach einem der weichen silbergrauen Frotteetüchern griff, fiel ihr Blick in den großen Wandspiegel auf der gegenüberliegenden Seite. An ihren Armen zeigten sich rote Flecken, wo Leon sie gepackt hatte.
Sie konnte immer noch nicht wirklich glauben, dass sie hier auf Eos und praktisch Leons Gefangene war. Unwillkürlich schweifte ihr Blick zur Badezimmertür, hinter der sich das Schlafzimmer mit dem großen Doppelbett befand. Leon hatte mit solcher Selbstverständlichkeit davon gesprochen, es mit ihr zu teilen. Ein heißer Schauer jagte ihr über den Rücken, als sie daran dachte, wie er sie an sich gedrückt hatte. Eigentlich hätte sie doch nach allem ihm gegenüber Hass oder zumindest Gleichgültigkeit empfinden müssen. Aber sosehr sie Leon auch vom Verstand her verabscheute, seine Macht über ihren Körper schien ungebrochen.
Eine Frau wird ihren ersten Liebhaber nie vergessen.
Irgendwo hatte Chloe das einmal gelesen, und es war wahr. Fast als wäre Leons Berührung ein Geheimkode, auf den ihr Körper immer reagieren würde.
Nachdem Chloe sich die Sachen angezogen hatte, die sie für ihren erwarteten Aufenthalt in Athen mitgenommen hatte, versuchte sie, in Ruhe ihre Lage zu überdenken. Sie war doch keine geistlose Maschine, und jeder Mensch besaß einen freien Willen. Musste sie nicht fähig sein, die Schwäche ihres Körpers zu überwinden? Natürlich war sie dazu fähig. Hatte sie es nicht in diesen vergangenen zwei Jahren bewiesen? Ohne Versuchung ist Enthaltsamkeit leicht, warnte sie eine innere Stimme, doch Chloe wollte nicht darauf hören. Die Liebe, von der sie einmal geglaubt hatte, sie für Leon zu empfinden, war gestorben, und was sie jetzt fühlte, war lediglich eine Reaktion auf sein unerwartetes Erscheinen in ihrem Leben.
Ungebeten tauchte Leons Ausdruck vor ihr auf, als er ihr gesagt hatte, er wolle von ihr das Kind, das sie ihm zuvor verweigert habe. Ihr schauderte. Wie konnte Leon ihr diesen Vorwurf machen? Aber vielleicht war das nur ein weiteres Beispiel für seine verdrehte Denkweise. Ein Mann, der fähig war, seine junge Halbschwester zu verführen und dann eine andere Frau zu heiraten, um der anstößigen Affäre die nötige Tarnung zu verschaffen, war vermutlich zu allem fähig.
Dennoch hätte Chloe für einen Moment schwören können, dass echter Schmerz aus seinen Worten geklungen hatte, als er von ihrem ungeborenen Kind gesprochen hatte - jenem Kind, dessen werdendes Leben Marisa in einem eifersüchtigen Wutanfall zerstört hatte. Leon aber hatte sich immer geweigert zu glauben, Marisa wäre für ihren, Chloes, fatalen Sturz verantwortlich gewesen.
Während der ersten Monate ihrer Ehe, bevor Chloe die Wahrheit erfahren hatte, war es ihr stets ein Rätsel gewesen, warum ein so intelligenter Mann wie Leon so bereitwillig
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