Insel der Sehnsucht: Roman (German Edition)
legte den Kopf auf die Seite. »Eifersüchtig?«
Eigentlich war sie froh gewesen, daß sich seine Empörung wieder gelegt und die Wut aus seinem Blick verschwunden war, doch diese Unterstellung konnte sie nun auch nicht auf
sich sitzen lassen. »O nein. Ich war nur … ich weiß nicht, was. Tut mir leid.« Sie griff nach seiner Hand, um die Distanz zu überbrücken. »Tut mir wirklich leid.«
»Schwamm drüber.« Er führte ihre Hand an seine Lippen. »Laß uns so tun, als sei nichts passiert.«
Als sie sich lächelnd zu ihm beugte und ihn küßte, richtete er den Blick gen Himmel und fragte sich, ob er Lexy danken oder sie erwürgen sollte.
Siebzehn
Unter den besorgten Blicken der Mutter maß Kirby dem kleinen Yancy Brodie die Temperatur.
»Er hat heute nacht kaum geschlafen, Doc Kirby. Ich habe ihm Tylenol gegeben, aber heute morgen hatte er wieder Fieber. Jerry mußte in aller Herrgottsfrühe mit dem Boot raus; er hat sich schreckliche Sorgen gemacht.«
»Mir ist so heiß«, jammerte Yancy und schaute Kirby an. »Mama hat gesagt, du machst mich wieder gesund.«
»Mal sehen, was ich tun kann.« Kirby strich dem Vierjährigen über den strohblonden Schopf. »Sag mal, Yancy, warst du vor zwei Wochen auf Betsy Pendletons Geburtstagsfest?«
»O ja, da gab’s Eis und Kuchen, und ich bin auf einem Esel geritten«, antwortete Yancy mit matter Stimme und ließ seinen Kopf an Kirbys Arm sinken. »Mir ist so heiß.«
»Ja, ich weiß, mein Kleiner. Und stell dir vor, Betsy geht’s heute auch nicht gut, und Brandon und Peggy Lee auch nicht. Ich denke, es sind die Windpocken.«
»Die Windpocken? Aber er hat doch gar keine Flecken.«
»Die kommen noch.« Die ersten hatte Kirby soeben in seinen Achselhöhlen entdeckt. »Du darfst nicht kratzen, auch wenn’s noch so sehr juckt, hörst du, Yancy. Ich gebe deiner Mom eine Creme, die dagegen hilft. Annie, kannst du dich erinnern, ob ihr, du und Jerry, die Windpocken hattet?«
»Ja, wir hatten sie beide.« Annie seufzte. »Stell dir vor, Jerry hat mich damit angesteckt, als wir Kinder waren.«
»Dann ist es unwahrscheinlich, daß ihr sie noch mal bekommt. Yancy brütet sie jetzt aus, er darf weder mit Kindern noch mit Erwachsenen zusammenkommen, die die Krankheit noch nicht hatten. Ab jetzt bist du in Quarantäne, kleiner Freund«, sagte Kirby und legte ihm einen Finger auf die Nase. »Lauwarme Bäder mit ein bißchen Maisstärke helfen, wenn die Pocken da sind. Ich verschreibe ihm was zum Einreiben und Einnehmen. Hier hab’ ich leider nur ein paar Probepackungen,
also wird Jerry rüber aufs Festland in die Apotheke müssen. Tylenol gegen das Fieber ist gut«, fügte sie hinzu und legte eine kühle Hand auf Yancys Wange. »Ich schau’ bald wieder vorbei.«
Als sie Annies besorgtes Gesicht bemerkte, strich Kirby ihr tröstend über den Arm. »Er wird wieder gesund, Annie. Die nächsten Wochen werden für euch drei nicht gerade angenehm, aber ich wüßte nicht, warum es zu Komplikationen kommen sollte.«
»Hättest du noch … könnte ich dich einen Moment allein sprechen, Kirby?«
»Klar. Hier, schau mal, Yancy.« Kirby reichte ihm das Stethoskop, das um ihren Hals baumelte. »Willst du mal dein Herz schlagen hören?« Sie legte ihm das Instrument um und steckte vorsichtig die beiden Stöpsel in seine Ohren. Sein müder Blick wurde wacher. »Hör gut hin, ich rede noch kurz mit deiner Mom.«
Sie führte Annie hinaus in den Gang und ließ die Tür offen. »Yancy ist ein kräftiger, gesunder vierjähriger Junge«, begann sie. »Es gibt keinen Grund, sich Sorgen zu machen. Die Windpocken sind zwar nicht gerade die angenehmste aller Kinderkrankheiten, aber es kommt selten zu Komplikationen. Ich habe hier Literatur darüber, falls es dich interessiert.«
»Nein, das ist es gar nicht …« Annie biß sich auf die Unterlippe. »Ich hab’ vor ein paar Tagen einen Schwangerschaftstest gemacht – er war positiv.«
»Oh, verstehe. Freust du dich darüber?«
»Ja, sehr sogar. Jerry und ich versuchen schon seit fast einem Jahr, noch ein Kind zu kriegen. Aber … besteht jetzt ein Risiko? Ich meine, kann das Baby geschädigt werden?«
»Du hattest die Windpocken doch als Kind, oder?«
»Ja, meine Mutter hat mir Handschuhe angezogen, um mich am Kratzen zu hindern.«
»Dann ist es wirklich unwahrscheinlich, daß du sie noch mal bekommst.« Und wenn dieser Fall wider Erwarten doch eintritt, dachte Kirby in einem kurzen Anflug von Besorgnis, können wir immer noch
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