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Insel der Sehnsucht: Roman (German Edition)

Insel der Sehnsucht: Roman (German Edition)

Titel: Insel der Sehnsucht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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gehenlassen?
    Er weckte Verlangen in ihr. Und in ihrem Innern wußte sie, daß die Lust noch größer werden würde, wenn sie es nur zuließ.
    Warum hatte sie Angst, es zuzulassen?
    Angewidert wandte sie sich vom Fenster ab. Weil sie im Augenblick alles in Frage stellte. Weil sie jede ihrer Bewegungen beobachtete, sie genau analysierte. Körperlich fühlte sie sich schon viel besser. Die nächtlichen Alpträume und plötzlichen Panikattacken waren seltener geworden.
    Aber da war immer dieser Zweifel, diese Angst, daß sie psychisch nicht stabil war. Warum sah sie im Geist immer noch das Foto – das Foto der Toten? Der Toten, die in einer Sekunde ihre Mutter, in der nächsten sie selbst war. Die aufgerissenen Augen, die wächserne Haut. Die Schatten des Haares, das sich kunstvoll wie eine Woge ergoß. Die Art und Weise, wie die Hand drapiert, der Ellbogen angewinkelt war, wie der Arm zwischen den Brüsten ruhte.
    Wie konnte sie dieses Bild so deutlich sehen, wenn es niemals existiert hatte?
    Und gerade weil sie es konnte, mußte sie davon ausgehen, daß sie alles andere als gesund war. Und es hatte gar keinen Sinn, über eine Beziehung mit Nathan nachzudenken, bevor sie nicht wieder bei Verstand war.
    Und das wiederum – gestand sie sich selbst ein – war nur eine Ausrede.
    Sie hatte Angst vor ihm – das war es. Sie hatte Angst, daß er ihr mehr bedeuten könnte, als sie verkraftete. Und daß er mehr von ihr erwartete, als sie zu geben bereit war.
    Er rief bereits Gefühle in ihr wach, die sie noch nie zuvor verspürt hatte. Und deshalb verschanzte sie sich hinter ihrer Feigheit, die sie als Logik tarnte.
    Sie hatte es satt, logisch und ängstlich zu sein. Wäre es denn so falsch, es einmal so wie Lexy zu machen? Impulsiv zu sein, sich zu nehmen, was man bekommen konnte?
    Sie brauchte jemanden, mit dem sie reden konnte, jemanden, der wenigstens für eine Zeitlang all diese Selbstzweifel und Ängste vertrieb.
    Warum konnte es nicht Nathan sein?
    Bevor sie ihre Meinung ändern konnte, stürmte sie aus ihrem Zimmer. Und sie griff nicht mal nach ihrer Kamera. Erst als sie Kate ihren Namen rufen hörte, hielt sie inne.
    »Ich will gerade weg.« Jo blieb in der Tür zum Büro stehen. Kate saß am Schreibtisch, der unter einem Berg von Papieren und Prospekten verschwand.
    »Ich wühle mich gerade durch die Herbst-Reservierungen.« Kate zog einen Stift hinter ihrem Ohr hervor. »Wir haben eine Anfrage bezüglich einer Hochzeit im Oktober. So etwas haben wir noch nie gemacht. Sie wollen, daß sich Brian um das Essen kümmert. Auch die Trauung und der Empfang sollen hier stattfinden. Es wäre herrlich – wenn ich nur wüßte, wie wir das organisieren sollen.«
    »Das wäre toll. Kate, ich bin wirklich auf dem Sprung.«
    »Entschuldige.« Sie klemmte den Stift wieder hinters Ohr und lächelte zerstreut. »Ich bin so in Gedanken vertieft. Ach, übrigens, hier ist Post für dich gekommen. Ich wollte sie dir in dein Zimmer bringen, aber dann klingelte das Telefon, und seitdem sitze ich hier wie festgeschraubt.«
    Wie auf Befehl klingelte das Telefon erneut, und das Faxgerät meldete mit einem durchdringenden Piepton eine eingegangene Sendung. »Heute kommt auch wirklich alles zusammen«, stöhnte Kate, als sie nach dem Hörer griff. »Sanctuary Inn, was kann ich für Sie tun?«
    Jo hörte nichts mehr – außer dem Rauschen in ihren Ohren.
Wie in Trance trat sie einen Schritt vor. Die Luft um sie herum kam ihr plötzlich so dick wie Wasser vor. Ihre Hand berührte den weißen, steifen Umschlag. Er war mit einem dicken schwarzen Filzstift in Druckbuchstaben adressiert.
    JO ELLEN HATHAWAY
SANCTUARY
LOST DESIRE ISLAND, GEORGIA
    Der Aufkleber in der Ecke sagte deutlich: FOTOS. BITTE NICHT KNICKEN.
    Mach ihn nicht auf, sagte sie sich. Wirf ihn in den Müll. Schau nicht rein. Aber ihre Finger öffneten schon die Klappe. Sie hörte nicht Kates überraschten Ausruf, als sie den Umschlag mit der Öffnung nach unten drehte und die Fotos auf den Boden fallen ließ. Leise stöhnend ließ sich Jo auf die Knie fallen und durchwühlte sie, schob eines nach dem anderen zur Seite, in verzweifelter Suche nach dem einen. Dem entscheidenden.
    Ohne zu zögern, beendete Kate das Telefongespräch und kam auf Jo zugestürzt. »Jo, was ist das? Jo Ellen, was ist passiert? Was hat das zu bedeuten?« fragte sie, während sie Jo am Arm gepackt hielt und auf die Dutzende von Bildern starrte, auf denen ihre Nichte zu sehen war.
    »Er war hier. Er war

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