Insel der Sehnsucht: Roman (German Edition)
dich lieben und sich Sorgen um dich machen. Es ist ganz normal, daß du es tust«, fügte Kate hinzu, »aber es ist trotzdem nicht richtig.«
»Das tue ich doch gar nicht.«
»Um so besser.« Kate tätschelte ihr beschwichtigend die Hand. »Wie ich sehe, willst du heute fotografieren«, sagte sie mit einem kurzen Blick auf Jos Kameratasche. »Ich hab’ spaßeshalber das Buch rausgekramt, in dem Nathans Vater Bilder von der Insel veröffentlicht hat. Es sind wirklich hübsche Fotos dabei. Das Buch liegt im Salon.«
»Er war ein guter Fotograf«, murmelte Jo.
»Ja, finde ich auch. Ich hab’ darin sogar ein Foto von Nathan, seinem kleinen Bruder und Brian gefunden. Sie haben im Fluß Forellen gefangen und halten sie stolz in die Luft. Das solltest du dir ansehen, Jo.«
»Mach’ ich.« Bei der Vorstellung, wie der zehnjährige Nathan eine Forelle hochhob, mußte Jo lächeln.
»Vielleicht hast du ja auch Lust, einen Bildband über die Insel zu veröffentlichen«, plauderte Kate weiter. »Für unser Geschäft wäre das hervorragend. Sam, du könntest Jo mit in die Sümpfe nehmen, an das Plätzchen, wo gerade der Lavendel so herrlich blüht. Und in den Wald könntet ihr gehen, dort wo
der Weg von Geißblatt überwuchert ist. Das gäbe ein hübsches Bild ab, Jo Ellen.«
Kate plauderte munter weiter, ohne den beiden anderen eine Möglichkeit zu lassen, sie zu unterbrechen. Dem verblüfften Brian bot sich wenig später ein mehr als ungewohntes Bild: die Familie friedlich um einen Tisch versammelt. Kate begrüßte ihn mit einem strahlenden Lächeln.
»Wir machen uns gleich aus dem Staub, mein Lieber. Jo und Sam haben gerade beraten, an welchen Stellen sie heute Aufnahmen machen. Ihr beiden zieht jetzt am besten los.«
Kate erhob sich rasch und griff nach Jos Kameratasche. »Ich kann’s kaum erwarten, die Fotos zu sehen. Beeilt euch, bevor Brian uns rausschmeißt.« Ununterbrochen redend, schob Kate Sam und Jo entschlossen zur Tür hinaus.
»Was hat das denn nun schon wieder zu bedeuten, Kate?« erkundigte sich Brian stirnrunzelnd.
»Mit ein bißchen Glück war dies der Anfang einer wundervollen Freundschaft.«
»Kaum sind sie durch die Tür, werden sich ihre Wege wieder trennen.«
»Nein, das glaube ich nicht«, widersprach Kate, während sie auf das klingelnde Telefon zuging. »Keiner von beiden wird sich vorwerfen lassen wollen, als erster die Flucht ergriffen zu haben. Und während beide darauf warten, daß der andere sich zuerst verabschiedet, werden sie den Tag gemeinsam verbringen. Ja, guten Morgen«, sagte sie in den Hörer hinein. »Wie bitte? Was sagen Sie? Ja, ja, natürlich.« Automatisch griff sie nach einem Stift und machte auf dem Block neben dem Telefon eilig Notizen. »Ich kümmere mich sofort darum. Machen Sie sich keine Sorgen, die Insel ist nicht groß. Wir tun, was wir können, Mr. Peters. Ich komme selbst schnell zu Ihnen rüber. Ja, sofort. Bis gleich.«
»Haben die Moskitos wieder eine undichte Stelle im Fliegendraht gefunden?« erkundigte sich Brian. Aber er ahnte, daß es um etwas Wichtigeres ging.
»Die Peters’ haben gemeinsam mit Freunden für eine Woche das Wild Horse Cove Cottage gemietet. Mrs. Peters ist verschwunden.«
Brian spürte, wie ihm ein Schauer den Rücken hinunterlief. »Kate, es ist noch nicht mal sieben. Sie ist wahrscheinlich früh aufgewacht und macht einen Morgenspaziergang.«
»Er sucht sie schon seit einer Stunde. Ihre Schuhe hat er unten am Strand gefunden.« Sie fuhr sich mit der Hand durchs Haar. »Wahrscheinlich hast du recht, aber er macht sich große Sorgen. Ich werde rübergehen und versuchen, ihn zu beruhigen.«
Sie lächelte zaghaft. »Tut mir leid, mein Lieber, aber Lexy muß heute wohl die Frühstücksschicht übernehmen. Vermutlich wird sie nicht gerade glücklich darüber sein.«
»Um Lexy mach’ ich mir kein Kopfzerbrechen«, sagte Brian, während Kate auf dem Weg zur Tür war. »Kate, ruf mich bitte an, wenn Mrs. Peters wieder auftaucht, ja?«
»Aber natürlich. Vielleicht ist sie ja schon wieder da, bevor ich dort ankomme.«
Aber sie tauchte nicht auf. Und gegen Mittag lief die Suche nach Susan Peters auf Hochtouren. Feriengäste und Einheimische durchkämmten die Insel. Auch Nathan war dabei. Er hatte Tom und Susan Peters ein- oder zweimal gesehen und erinnerte sich vage an eine hübsche Brünette von mittlerer Größe.
Er ließ die anderen den Strand und die Bucht absuchen, während er sich auf das schmale Landstück zwischen
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