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Insel der Sehnsucht: Roman (German Edition)

Insel der Sehnsucht: Roman (German Edition)

Titel: Insel der Sehnsucht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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Jo, und die Freude in ihrer Stimme erstarb. Sie fuhr mit den Fingern hinter die Brillengläser, um ihre Augen zu reiben. »Ich bin ganz früh aufgestanden, um Mr. David auf seinen Streifzügen zu begleiten. Wir haben unsere Schinkensandwiches verspeist und uns im Fluß abgekühlt. Mama hat eine alte Kamera für mich ausgegraben, die alte Brownie, und ich bin zum Cottage der Fitzsimmons’ rübergerannt, um so lange zu fotografieren, bis Mrs. Fitzsimmons Kirby und mich rausgeschmissen hat. Die Tage damals waren so lang. Wir hatten Stunden und Stunden, so viele Stunden, bis die Sonne unterging und Mama uns zum Abendessen rief.«
    Sie schloß fest die Augen. »So viele Bilder, und ich kann kein einziges wirklich deutlich sehen. Und dann war sie weg. Eines Morgens bin ich aufgewacht und habe mich auf einen herrlichen Sommertag gefreut, und sie war einfach weg. Und wir konnten nichts machen.«
    »Der Sommer war vorbei«, sagte Brian leise. »Für uns alle.«
    »Ja.« Ihre Hände hatten wieder zu zittern begonnen. Jo suchte in ihrer Tasche nach Zigaretten. »Denkst du manchmal noch an sie?«
    »Warum sollte ich?«
    »Fragst du dich nicht manchmal, wohin sie gegangen ist? Was sie gemacht hat? Oder warum?«
    »Es hat nichts mehr mit mir zu tun.« Brian erhob sich und nahm den Teller. »Oder mit dir. Oder mit irgend jemandem von uns. Es ist in diesem Sommer zwanzig Jahre her, Jo Ellen, viel zu lange, um sich den Kopf darüber zu zerbrechen.«
    Sie öffnete den Mund und schloß ihn gleich wieder, als sich Brian abwandte und schweigend zurück zum Haus ging. Aber ich zerbreche mir den Kopf darüber, dachte sie. Und ich habe Angst.
     
    Lexy kochte noch immer vor Wut, als sie über die Dünen zum Strand hinunter lief. Jo war einzig und allein deshalb zurückgekommen, um mit ihren Erfolgen und ihrem tollen Leben anzugeben.
    Jo würde triumphieren, während sie, Lexy, ihren Mißerfolg zu verdauen hatte. Dieser Gedanke machte sie rasend, während sie durch die Dünen lief und mit ihren Sandalen den Sand aufwirbelte.
    Aber diesmal würde sie sich nicht vor ihrer Schwester verbeugen. Sie würde nicht mehr die kleine Schwester des großen Stars mimen. Aus dieser Rolle war sie herausgewachsen. Und es war höchste Zeit, daß auch alle anderen es merkten.
    Auf dem breiten, halbmondförmigen Strand waren nur wenige Menschen. Ihre Reviere hatten sie mit Decken und bunten Sonnenschirmen markiert. Lexy bemerkte einige der fröhlich gestreiften Lunch-Boxen von Sanctuary.
    In ihre Nase drang ein Duftgemisch aus Seeluft, Sonnencreme und gebratenem Hühnchen. Ein kleines Kind schaufelte eifrig Sand in sein rotes Eimerchen, während seine Mutter im Schatten des faltbaren Sonnendachs ein Taschenbuch las. Ein Mann verwandelte sich unter der gnadenlosen Sonne langsam in einen Hummer. Zwei Paare, die sie beim Frühstück bedient hatte, verspeisten gemeinsam ihr Picknick und lachten, während Annie Lennox’ Stimme aus dem tragbaren Kassettenrecorder erklang.
    Sie wollte niemanden hier sehen – keinen von ihnen. Das war ihr Strand. Sie drehte sich um und lief noch ein gutes Stück, der natürlichen Biegung des Strandes folgend.
    Sie sah jemanden im Wasser, glänzende gebräunte Schultern, von der Sonne gebleichtes Haar. Giff war zuverlässig, ein richtiges Gewohnheitstier, dachte sie. In jeder Mittagspause ging er kurz schwimmen. Und Lexy wußte, daß er scharf auf sie war.
    Er hatte nie ein Geheimnis daraus gemacht, und sie wäre die letzte gewesen, der es nicht schmeichelte, das Interesse eines attraktiven Mannes zu wecken. Und sie genoß es besonders dann, wenn ihr Ego gelitten hatte. Vielleicht konnten ja ein kleiner Flirt und ein rasches Abenteuer den Tag noch retten.
    Die Leute erzählten, daß ihre Mutter gern geflirtet hatte. Lexy war zu klein gewesen, als daß sie sich an mehr als an undeutliche Bilder und vage Düfte erinnern konnte, aber sie war fest überzeugt, daß ihr eigener Hang zum Flirten kein Zufall war. Ihre Mutter hatte es genossen, immer gut auszusehen und den Männern den Kopf zu verdrehen. Und wenn die Theorie von einem geheimen Liebhaber stimmte, dann hatte Annabelle mit zumindest einem Mann mehr getan, als ihm nur den Kopf zu verdrehen.
    Zu diesem Schluß war jedenfalls die Polizei nach monatelangen Ermittlungen gekommen.
    Lexy war ihrer eigenen Meinung nach in Sachen Sex ziemlich gut. Sie hatte es schon so oft bestätigt bekommen, daß sie es als eine Art Kunstfertigkeit betrachtete. Für sie gab es nichts, das besser

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