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Insel der Sehnsucht: Roman (German Edition)

Insel der Sehnsucht: Roman (German Edition)

Titel: Insel der Sehnsucht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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trocken. »Wirklich?«
    »Ich bin am ganzen Körper bebend in Brians Arme gerannt. Jedenfalls kam er sich männlich und stark genug vor, mich zu küssen, also war ’s immerhin nicht umsonst.«
    Jo stellte dankbar fest, daß ihre Knie nicht mehr zitterten. »Und – wie war ’s?«
    »Phantastisch. Ich glaube, ich geb’ ihm wirklich noch ’ne Chance.« Freundschaftlich drückte sie Jos Hand. »Geht’s dir wieder besser?«
    »Ja, tut mir leid.«
    »Ist doch nicht schlimm. Ist tatsächlich ein bißchen gruselig hier.« Dann erschien ein breites Grinsen auf ihrem Gesicht. »Komm, laß uns zurückschleichen und Lex und Ginny einen Schrecken einjagen.«
    Als sie sich Hand in Hand in Bewegung setzten, beobachtete er sie noch immer aus dem Schutz der Bäume heraus. Lächelnd genoß er den gedämpften Klang der weiblichen Stimmen, die sich langsam entfernten. Schon gut, dachte er, daß sie in Begleitung der anderen gekommen ist. Wäre Jo Ellen ihm allein so nah gewesen, hätte er sich vielleicht versucht gefühlt, schon zum nächsten Stadium überzugehen.
    Und dazu war die Zeit noch nicht reif, noch nicht ganz. Er war noch nicht so weit, den letzten Schritt zu tun und die Vorfreude gegen die Wirklichkeit einzutauschen. Es gab noch einiges vorzubereiten, zu genießen.
    Oh, wie sehr er sich nach ihr sehnte. Danach, ihren sinnlichen Mund zu spüren, ihre langen Beine auseinanderzuspreizen, seine Hände um ihren hübschen weißen Hals zu legen.
    Er schloß die Augen und ließ die Bilder in seinem Kopf ablaufen. Annabelles erstarrtes Antlitz, so reglos und so perfekt, war zum Leben erwacht und sein geworden. War Jo geworden.
    Eine Passage aus dem Tagebuch, das er bei sich trug, kam ihm in den Sinn.
    Mord fasziniert uns alle. Und jeder, der das leugnet, lügt. Der Mensch wird magisch vom Spiegelbild seiner eigenen Sterblichkeit angezogen. Tiere töten, um zu überleben – für Beute, für ihr Revier, für ihre Fortpflanzung. Die Natur tötet ohne Emotionen.
    Aber der Mensch tötet auch zu seinem Vergnügen. Das ist schon immer so gewesen. Unter allen Lebewesen sind wir die einzige Spezies, die weiß, daß die Gewalt über Leben und Tod den Gipfel der Kontrolle und der Macht darstellt.
    Bald werde ich es in Perfektion erleben. Und es festhalten. Meine eigene Unsterblichkeit.
    Er erschauerte vor Lust.
    Vorfreude, sinnierte er, während er seine Taschenlampe wieder anknipste. Ja, er liebte die Vorfreude über alles.

Neun
    Das fröhliche Pfeifen riß Nathan aus dem Schlaf. Gerade hatte er von einem Vogel geträumt, der munter zwitschernd auf einem Ast des Ahornbaumes direkt vor seinem Fenster saß. Auch damals hatte dort ein Vogel gesessen, eine Spottdrossel, und jeden Morgen, den ganzen Sommer hindurch, ihr Begrüßungslied gesungen. Er hatte sie Bud genannt.
    Dampfend heiße Tage, ausgefüllt mit solch wichtigen Dingen wie Radfahren, Ballspielen und Brauselecken.
    Er war am Boden zerstört gewesen, als Bud Ende August plötzlich verschwunden war, aber seine Mutter hatte ihm erklärt, daß Bud wahrscheinlich in seinen Winterurlaub aufgebrochen sei.
    Nathan wälzte sich auf die andere Seite und träumte, Bud würde ihn jetzt mit dem geträllerten »Ring of Fire« wecken. Im Halbschlaf sah er den Vogel auf die Fensterbank hüpfen; er hatte sich in ein Zeichentrick-Tier verwandelt, in eine Disney-Figur mit langen schwarzen Federn und einem wettergegerbten Johnny-Cash-Gesicht.
    Als der Vogel begann, akrobatische Sprünge und Pirouetten zu vollführen, wachte Nathan vollends auf. Verwirrt starrte er aufs Fenster, irgendwie in der Erwartung, dort einen bunten, wild umherwirbelnden Comic-Vogel zu sehen.
    »Himmel.« Er fuhr sich mit der Hand übers Gesicht. »In Zukunft kein Dosen-Chili mehr um Mitternacht, Delaney.«
    Er drehte sich noch mal um und vergrub sein Gesicht im Kopfkissen. Langsam wurde ihm klar, daß draußen zwar kein Vogel war, aber das Pfeifen sehr wohl.
    Murrend rappelte er sich auf, blinzelte in Richtung Wecker und taumelte schlaftrunken zur Tür, um festzustellen, wer um Viertel nach sechs so gutgelaunt pfiff.
    Er folgte dem Pfeifen – jetzt war es »San Antonio Rose« – durch die gazebespannte Verandatür und die Stufen hinunter. Ein knallroter Pick-up parkte hinter seinem Jeep in der Einfahrt.
Sein Besitzer machte sich auf einer Trittleiter unter dem Haus zu schaffen, wobei er sich die Lunge aus dem Leib pfiff. Angesichts der Muskeln, die durch sein dünnes, blaues T-Shirt hindurch zu sehen waren,

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