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Insel der Sehnsucht: Roman (German Edition)

Insel der Sehnsucht: Roman (German Edition)

Titel: Insel der Sehnsucht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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dir auch niemand zu Hilfe kommen.«
    Lachend legte er seinen Arm um ihre Taille und ignorierte, daß sie bei seiner Berührung instinktiv zusammenzuckte. »Dann sitzen wir eben nur da.«
    Er holte ihr ein Bier, spießte einen Hot Dog auf und setzte sich neben sie. »Aha, du hast also deine Kamera mitgebracht.« Automatisch legte sie ihre Hand auf die abgenutzte Lederhülle in ihrem Schoß. »Gewohnheit. Ich warte besser noch ein bißchen, bis ich sie rausnehme. Manchmal schreckt die Kamera die Leute ab. Aber wenn sie genug getrunken haben, dann stören sie sich nicht mehr daran.«
    »Ich dachte, du machst keine Porträts.«
    »Tu’ ich normalerweise auch nicht.« In Unterhaltungen kam sie sich oft unter Druck gesetzt vor. Sie griff in ihre Tasche und suchte nach einer Zigarette. »Leblose Objekte muß man nicht mit Alkohol bestechen oder sonstwie umgarnen, um ein Bild zu machen.«
    »Ich hab’ erst ein Bier getrunken.« Er nahm ihr das Feuerzeug aus der Hand, legte die andere Hand schützend drumherum und gab ihr Feuer. Über der Flamme trafen sich ihre Blicke. »Und umgarnt hast du mich auch nicht gerade. Aber fotografieren darfst du mich trotzdem.«
    Sie betrachtete ihn durch den Rauch hindurch. Kantiges Gesicht, ausdrucksvolle Augen, starker Mund. »Vielleicht.« Sie nahm ihm das Feuerzeug ab und steckte es in die Tasche. Was würde sie durch das Objektiv entdecken? Und welche Wirkung würde es auf sie haben? »Ja, vielleicht.«
    »Wäre es dir unangenehm, wenn ich dir sagen würde, daß ich hier auf dich gewartet habe?«
    Sie sah ihn an und wandte dann den Blick ab. »Ja. Sogar ziemlich.«
    »Dann werde ich es nicht erwähnen«, sagte er. »Und ich werde auch nicht sagen, daß ich dich da oben auf der Düne gesehen und gedacht habe, na endlich, wo hat sie denn gesteckt?«
    Jo klemmte den Hot-Dog-Spieß zwischen die Knie, damit sie eine Hand fürs Bier frei hatte. Die Hand war feucht.
»Ich bin gar nicht zu spät. Das Feuer brennt kaum eine Stunde.«
    »Ich meine nicht heute abend. Und wahrscheinlich sollte ich auch nicht sagen, wie verdammt attraktiv ich dich finde.«
    »Ich glaube nicht, daß …«
    »Also wechseln wir schnell das Thema.« Er lächelte sie an und freute sich dabei über den verwirrten Ausdruck in ihren Augen und ihren leicht unwillig verzogenen, sinnlichen Mund.
    »Hier sind eine Menge Gesichter. Du könntest ein Buch nur über Gesichter machen. Gesichter von Desire.« Er bewegte sich ein wenig, so daß ihre Knie aneinanderstießen.
    »Ich habe das erste Buch noch lange nicht fertig, und an ein zweites denke ich gar nicht.«
    »Aber irgendwann bestimmt. Du bist viel zu talentiert und ehrgeizig, um nicht an ein zweites zu denken. Aber jetzt erzähl mir doch einfach von diesen Leuten hier.«
    »Von wem denn?«
    »Von allen. Von jedem.«
    Jo hielt ihren Hot Dog in die Flamme und beobachtete, wie das Fett zischend ins Feuer tropfte. »Das ist Mr. Brodie – der alte Mann da drüben, der mit der weißen Kappe und dem Baby auf dem Schoß. Es ist sein Urenkel, der vierte, wenn ich mich nicht irre. Seine Eltern haben um die Jahrhundertwende als Dienstboten auf Sanctuary gearbeitet. Er ist auf Desire geboren und aufgewachsen.«
    »Und hat auf Sanctuary gelebt?«
    »Sie haben viel Zeit auf Sanctuary verbracht, aber seine Familie hat in ihrem eigenen Cottage auf ihrem eigenen Land gewohnt. Das hat man ihnen als Dank für ihre treuen Dienste geschenkt. Er hat im Zweiten Weltkrieg als Kanonier gedient und in Paris seine Frau kennengelernt. Sie hieß Marie Louise und hat hier mit ihm gelebt, bis sie vor drei Jahren starb. Sie haben vier Kinder, zehn Enkel und jetzt vier Urenkel. Er hat immer Pfefferminzbonbons in seiner Hosentasche.« Sie sah ihn an. »Ist es das, was du wissen willst?«
    »Ja, genau das.« Er fragte sich, ob ihr selbst aufgefallen war, daß ihre Stimme beim Erzählen ganz warm klang. »Noch eine, bitte.«
    Irgendwie albern, dachte sie seufzend. Aber immerhin machte er sie nicht nervös. »Da ist Lida Verdon, eine Cousine von mir, von der Pendletonschen Seite. Dort drüben, die müde wirkende, schwangere Frau, die gerade mit dem Kleinen schimpft. Sie erwartet gerade ihr drittes Kind in vier Jahren. Wally, ihr Mann, ist so hübsch wie sechs Teufel, aber keinen Pfifferling wert. Er ist Lastwagenfahrer und meistens unterwegs. Verdient nicht schlecht, aber Lida sieht nicht viel davon.«
    Ein Kind lief vor Vergnügen quietschend an ihnen vorbei, seinen Daddy im Schlepptau. Jo drückte die

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