Insel der Traumpfade Roman
eingezogen.
»Niall Logan«, stellte er sich vor und schüttelte ihr die Hand. »Mir gehört die Schmiede in Parramatta.«
Die blauen Augen blitzten amüsiert. »Ich erinnere mich an dich«, sagte sie. »Kämpfst du immer noch für die Revolution?«
Er wurde rot, als das Mädchen am Eingang auftauchte. »Es muss schon ein Narr sein, der um eine verlorene Sache kämpft, wenn man ihm die Freiheit gibt und er beweisen kann, dass er mehr wert ist, als man ihm zutraut, Missus«, entgegnete er und hatte dabei nur Augen für die wallenden roten Locken, an die er sich erinnert hatte, die blauen Augen und die Sommersprossen.
»Das freut mich zu hören«, sagte Nell. Sie drehte sich kurz um, als die Tür hinter ihr ins Schloss fiel, und wandte sich dann wieder an Niall. »Ich glaube, ihr beiden seid euch schon begegnet«, sagte sie mit wissendem Lächeln. »Das ist meine Tochter Amy.«
Niall errötete noch stärker, als er dem Mädchen zunickte. Er kam sich wie ein kompletter Trottel vor.
»Kannst du Pferde beschlagen?«, fragte Nell.
»Ja, Missus.« Er konnte seinen Blick einfach nicht von Amy losreißen.
»Dann kommen wir ins Geschäft, wenn dein Preis in Ordnung ist. Wir haben seit Monaten keinen Hufschmied zu sehen bekommen, und die meisten Männer hier können zwar ein verlorenes Hufeisen ersetzen, aber für mehr reicht es nicht.«
Niall zählte seine Preise auf. »Ich habe auch Eisen im Karren, falls Sie Riegel benötigen, oder Nägel und Feuereisen und Eimer, falls Sie dafür Bedarf haben«, fügte er hinzu, denn Klappern gehörte zum Handwerk, das immerhin fiel ihm wieder ein.
Nell lächelte. »Ich glaube, der wird’s schaffen, was meinst du?«, fragte sie Amy.
Amy betrachtete ihn von den Stiefeln bis zum Hut, und als sich ihre Blicke trafen, lächelte sie. »Er ist noch ein bisschen mager«, murmelte sie, »aber ja, der wird’s schaffen. Soll ich ihm die Ställe zeigen, Mutter?«
»Warum nicht? Wir können hier nicht den ganzen Tag herumstehen, uns schmachtende Blicke zuwerfen und rot werden.« Nell lachte. »Dann kriegen wir unsere Arbeit nie fertig.«
Niall wollte schon protestieren, doch Amy packte seinen Arm und führte ihn die Treppe hinunter. »Mach dir nichts aus Mutter. Die hänselt nur.« Sie schaute ihm ins Gesicht und grinste. »Auf die Revolution, was?«
Niall grinste zurück, zutiefst erleichtert. Amy hatte ihm offensichtlich verziehen, und vielleicht mochte sie ihn sogar ein wenig.
Moonrakers, November 1805
Alice und Nell ließen ihre Pferde vor der Schafherde anhalten, die im üppigen Gras weidete. »Die Zahlen sind noch immer im Keller«, sagte Alice.
»Nach fünf Jahren Trockenheit ist das kein Wunder«, erwiderte Nell. »Gott sei Dank hat vor sechs Monaten der Regen eingesetzt, so dass wir mit den Frühlingslämmern einen Teil unserer Verluste aufholen konnten.«
»Schade, dass John Macarthur uns kein Vieh aus den Regierungsbeständen leihen will, um uns auszuhelfen. Anscheinend traut man zwei Frauen und drei Kindern nicht zu, ihre Schulden zu bezahlen.«
»Er ist habgierig«, murmelte Nell. »Er hat den größten Viehbestand in New South Wales und hält die Zahl der Schlachtungen nur deshalb niedrig, um von den steigenden Preisen für Hammelfleisch zu profitieren.«
Alice schwang sich aus dem Sattel und nahm den Brotfladen und das kalte Fleisch aus der Satteltasche. »Lass uns Macarthur erst einmal vergessen«, schlug sie vor.
Sie setzten sich ins Gras, um ihre einfache Mahlzeit zu sich zu nehmen und mit dem kalten Tee hinunterzuspülen, den Nell in einer Steingutflasche mitgenommen hatte. Alice war eine Woche lang draußen gewesen, hatte den Viehbestand überprüft, das Werfen der Lämmer und die Wasserlöcher überwacht. Sie hatte sich nicht einsam gefühlt, aber heute wusste sie Nells Gesellschaft zu schätzen.
»Es ist so friedlich hier draußen.« Nell stützte sich auf die Ellbogen und hielt ihr Gesicht in die Sonne. »Ich glaube, es liegt an der Stille.«
Alice nickte. »Die Schönheit der Natur bringt Trost«, sagte sie. Ungeachtet ihrer Worte hatte der Schmerz sie nie verlassen, und sie konnte sich nach wie vor nicht ganz damit abfinden, Jack nie wiederzusehen.
»Ich werde immer noch wütend, weißt du«, gestand Nell. »Es flammt hin und wieder auf, wenn ich daran denke, wie sie uns weggeschnappt wurden, ohne dass wir auch nur die Chance hatten, uns zu verabschieden. Wir sollten zusammen alt werden – nicht verlassen …«
Alice ergriff ihre Hand. »Ich weiß«,
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