Insel der Traumpfade Roman
ein Balg mit zerrissenen Jacken und Fröschen in der Tasche. Meine arme Mutter ist an mir verzweifelt.«
Ihre Augen leuchteten tiefgrün. » Othello ist Fröschen auf jeden Fall vorzuziehen, Mr Collinson. Was für einen Aufruhr sie verursacht hätten, wenn sie beim Tee aus Ihrer Tasche gehüpft wären!«
Ihr Lachen klang in ihm nach, und er konnte den Blick nicht von ihr abwenden. » Othello ist mein Begleiter, wenn ich auf See bin«, sagte er leise. »Es gibt lange Stunden der Muße, und ich finde die Handlung fesselnd, auch wenn ich das Stück noch so oft lese.«
»Stimmt«, erwiderte sie. »Doch es geht darin um Verrat, Wahn und Eifersucht.«
»Aber die zentrale Gestalt ist ein verliebter Mann.«
Schweigen breitete sich zwischen ihnen aus, und die Geräusche des Fests schienen zu verhallen. »Othellos Liebe war sein Untergang«, rief sie ihm ins Gedächtnis.
Der Sinn ihrer Worte war eindeutig, und der Mut verließ ihn. »Nur weil sein verräterischer Freund Jago dafür gesorgt hat«, entgegnete er.
»Jago hat Othello bis zur Besessenheit getrieben.« Eloise hielt seinem Blick stand. »Besessenheit ist gefährlich, wenn sie von Eifersucht geschürt ist – darin lag Othellos Wahn.«
Er bewunderte Eloises Intelligenz. Sie erwartete Othellos besitzergreifende Eifersucht bereits von Edward Cadwallader und warnte George, dass sie ein gefährliches Spiel spielten. »Othello war ein Narr«, sagte er.
»Ja«, seufzte sie, »das stimmt.«
»Tief und ehrlich zu lieben, ist eine Freude. Sie mit Eifersucht und Besitzgier zu besudeln, kann das ehrlichste Herz zerstören.«
»So ist es«, murmelte sie.
George vernahm die Traurigkeit in ihrer Stimme und musste dem Drang widerstehen, ihr Kinn anzuheben, damit er ihr in die Augen schauen konnte. »Sieht ganz so aus, als hätten wir dieselben Gedanken«, sagte er.
Die Verwirrung stand ihr ins Gesicht geschrieben. »Kennen Sie die Geschichte von Abelard und Eloise?«, fragte sie nach längerem Schweigen.
»Ich habe davon gehört«, sagte er, »aber ich kenne sie nicht genau, da fehlt mir die Bildung.«
»Sie verliebten sich«, sagte sie. »Es war eine mächtige Liebe, die keiner von beiden zu leugnen vermochte, doch am Ende hat sie die Liebenden zerstört.« Sie lächelte und blickte ihm in die Augen. »In der Bibliothek meines Vaters steht ein Buch, in dem die Geschichte der beiden beschrieben wird. Vielleicht wollen Sie es sich einmal ausleihen?«
»Sehr gern«, sagte er gepresst.
Sie öffnete ihren Sonnenschirm und hängte sich die Handtasche ans Handgelenk, als wäre sie im Begriff, die Unterhaltung zu beenden. »Meine Mutter war eine Romantikerin, und es war ihre Lieblingsgeschichte, weshalb ich den Namen der Heldin trage.« Der Hauch von Röte auf ihren Wangen stand ihr ausgezeichnet. »Sind Sie lange an Land?«
»Bis Ende des Jahres.« Er erklärte ihr Samuels Notlage, verzweifelt darum bemüht, sie noch länger festzuhalten.
Wieder erschienen die Grübchen. »Bestimmt werden Sie das Fest der Macarthurs am Ende der Woche besuchen. Ich werde das Buch mitbringen, und wenn Sie es gelesen haben, können wir uns vielleicht darüber unterhalten.« Sie knickste. »Auf Wiedersehen, Mr Collinson.«
George schaute ihr nach und vermochte seinen Überschwang kaum zu zügeln. Sie wollte ihn wiedersehen und hatte einen Vorwand geschaffen, nach ihm zu suchen. Das Wunder war geschehen. Nun musste er nur eine Einladung zu dem Fest ergattern.
Eloises Herz war leicht, als sie ins Haus am Strand zurückkehrte und die Treppe hinauflief. Edward war nicht da und wurde erst in zwei Monaten zurückerwartet. Das Haus hatte seine unangenehme Atmosphäre vorerst verloren, und sie hatte sich nie so frei, so mädchenhaft und voller Freude gefühlt. Sie riss die Türen zum Wohnzimmer auf und betrachtete sich im Spiegel über dem Kamin.
George Collinson hatte eine große Veränderung in ihr bewirkt, und obwohl sie wusste, dass es falsch, ja sogar gefährlich war, so zu empfinden, ließ sich eine gewisse Bedenkenlosigkeit in ihr nicht verleugnen. Sie würde ihn wiedersehen – wie sollte sie es nach dem heutigen Tag sonst ertragen? Für einen Außenstehenden mochte ihre Unterhaltung nicht außergewöhnlich gewesen sein, doch dieSignale, die von ihren Äußerungen ausgegangen waren, das bedeutungsschwangere Schweigen dazwischen und der Schauer der Erregung waren von Unverbindlichkeit weit entfernt.
»Kümmern Sie sich um Charles, Eure Ladyschaft? Er jammert die ganze Zeit.«
Sie
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