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Insel der Verlorenen Roman

Titel: Insel der Verlorenen Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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und dann habe ich ihn für tot gehalten«, sagte Power zu Richard und Mr Donovan auf dem windigen Oberdeck. »Dieser blöde Hund! Zum Teufel, mich hätten sie begnadigen sollen, nicht Greenwell!«
    Power beteuerte unablässig seine Unschuld. Er sei nicht der Mann gewesen, der bei Charles Young, über dessen Verbleib nichts bekannt war, im Boot gesessen habe, als eine Vierteltonne Edelhölzer der Ostindischen Kompanie von einem Londoner Kai verschwunden sei. Der Nachtwächter hatte Young wieder erkannt, aber er hatte nicht beschwören wollen, dass Power der zweite Mann gewesen sei. Die Geschworenen gingen wie üblich auf Nummer sicher und sprachen Power schuldig. Der Richter schloss sich ihnen an und verurteilte ihn zu sieben Jahren Deportation.
    »Mich hätten sie begnadigen sollen«, brüllte Power unglücklich. »Greenwell war schlicht und einfach ein Räuber! Aber ich habe eben keine Beziehungen, nur einen kranken Vater, für den ich jetzt nicht mehr sorgen kann! Sollen sie doch zum Teufel gehen, diese Arschlöcher!«
    »Na, na, regen Sie sich nicht auf«, beschwichtigte ihn Donovan. »Jammern nützt jetzt auch nichts mehr. Denken Sie an die Katze und fahren Sie nach Hause, wenn Sie Ihre Strafe abgebüßt haben.«
    »Bis dahin ist mein Vater tot.«
    »Das können Sie nicht wissen. Und jetzt gehen Sie wieder an die Arbeit, sonst dürfen Sie wieder Däumchen drehen.«
    Powers Wut verrauchte, seine Niedergeschlagenheit blieb. Er musterte den vierten Maat mit Tränen in den Augen, dann entfernte er sich.
    »Ich wundere mich, dass Sie ihn nicht mögen«, sagte Richard, der fand, dass es höchste Zeit war, gewisse Dinge anzusprechen. »Wieso einen sehnigen, alten Kerl wie mich?«
    Das schöne Gesicht heuchelte Erstaunen, doch die Augen funkelten. »Wenn ich Sie mag, Richard, so bleibt es doch eine unerwiderte Liebe. Wie sagt das Sprichwort: Die Katze sieht den Bischof an und er ist ein geweihter Mann.«

    »Irischer Bauer!«
    »Schlammspringer.«
    »Was ist denn ein Schlammspringer?«, fragte Richard verdutzt.
    »Ein merkwürdiger Fisch mit amphibischer Lebensweise, von dem ich mal gelesen habe. Ich glaube, bei Sir Joseph Banks, ich weiß nicht mehr genau. Jedenfalls läuft der Fisch über Schlamm.«
     
    Weitere Männer starben und die Zahl der Sträflinge an Bord der Alexander schrumpfte auf 188.
    Etwa um dieselbe Zeit, als Thomas Gearing aus Oxford im Sterben lag, tauchte Teneriffa aus dem Nebel und Sprühregen auf. Die See war so ruhig, dass die Gefangenen, die man unter Deck geschickt hatte, kaum bemerkten, wie ihr Schiff im Hafen vor Anker ging.
    Die Seesoldaten, die drei Wochen lang nichts anderes zu tun gehabt hatten, als die Häftlinge zu füttern und mit ihrem Schicksal zu hadern, versahen ihren Dienst nun wieder mit größerem Ernst. Ihre lästigste Aufgabe war die Kocherei. Sergeant Knight oblag es, das gekochte Pökelfleisch mithilfe einer Waage, die Leutnant Shortland, der Marineagent, höchstpersönlich überprüft hatte, zu portionieren. Da Shortland dieser Prozedur fernblieb, zerlegte Sergeant Knight das Fleisch in ungleiche Stücke: ein halbes Pfund für jeden Sträfling, anderthalb Pfund für jeden Seesoldaten. Auch mit den Erbsen und dem Hafermehl, das den Sträflingen zustand, nahm es Sergeant Knight nicht genau. Er beglückte sie damit nur sonntags nach dem Gottesdienst. Er war es leid, für dieses Verbrechergesindel das Kindermädchen zu spielen - wiegen , sonst noch was? Selbst wenn Leutnant Shairp herunterkam und ihm auf die Finger sah, machte Knight keine Anstalten, das Fleisch vorschriftsmäßig zu portionieren, und Shairp sagte kein Wort. Da hielt man sich besser raus!
    Natürlich blieben Spannungen nicht aus, wenn vierzig Männer auf engstem Raum zusammenleben mussten, doch dies war nicht der einzige Grund, warum die Seesoldaten grollten. Der Umzug ins Zwischendeck hätte sie eigentlich versöhnen sollen, doch er tat es nicht. Gewiss, in diesem merkwürdig geschnittenen Raum, der
unter der Decke viel breiter war als am Boden, ließ es sich aushalten, auch wenn die Ruderpinne, die an der Decke entlanglief, quietschte, kreischte und rasselte und gelegentlich, wenn der Rudergänger das Ruder umlegte, gegen einen Mann stieß, der in seinem Schwingbett unter der Decke schlief. Durch mehrere Luken kamen Frischluft und Tageslicht, der Mief war erträglich, und die Matrosen waren so anständig gewesen, das Zwischendeck einigermaßen sauber zu hinterlassen.
    Doch all diese Verbesserungen vermochten

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