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Insel der Verlorenen Roman

Titel: Insel der Verlorenen Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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holländischen Bürger, die die Stadt regierten, rieben sich bei der Aussicht auf satte Profite die Hände und zogen die Verhandlungen über die Verproviantierung der Flotte wochenlang hinaus. Es habe eine Hungersnot gegeben, zwei Missernten in Folge, Vieh sei knapp und so weiter und so fort. Gouverneur Phillip ertrug die endlosen Gespräche mit unerschütterlicher Geduld, wohl wissend, dass alles nur Taktik war, um die Preise in die Höhe zu treiben. Er hatte in Kapstadt nichts anderes erwartet.
    Vielleicht begriff er auch besser als mancher Untergebene, dass
die Gefangenen - und die Seesoldaten - die lange Pause brauchten, um durchzuhalten. Er hatte persönlich veranlasst, dass Orangen, Frischfleisch, Brot und jede Art von Gemüse, die zu kriegen war, an Bord gebracht wurden. Mit Ausnahme der Walfänger waren die Schiffe nicht darauf eingerichtet, ein Jahr lang hunderte von Passagieren zu befördern. Deshalb mussten die Leute im Hafen etwas Anständiges zu essen bekommen und so aufgepäppelt werden, dass sie die nächste Etappe durchstanden.
    Captain Duncan Sinclair hatte einen heftigen Streit mit Mr Zachariah Clark, dem Agenten des Lieferanten, und ließ die erste Lieferung frisch gebackenen Hartbrots als »ungenießbares Sägemehl« zurückgehen. Er ließ so viele Tiere an Bord holen, wie die Decks fassen konnten, hauptsächlich Schafe und Schweine, aber auch Hühner, Enten, Gänse und Truthähne, sodass das Schiff bald einem Bauernhof glich. Wenn Sinclair aus seiner Achterhütte nach vorn blickte, sah er nur in Wolle gepackte Hinterteile. Heuballen und Futtersäcke wurden unter den Verschlägen im Gefängnis verstaut, sodass kaum noch Platz für die Nachttöpfe und die Habseligkeiten der Sträflinge blieb. Die Diebe unter ihnen waren mittlerweile bekannt, und so genügte meist der Besuch einer Abordnung, um vermisstes Eigentum wieder zu Tage zu fördern. Meist wurden versteckte Lebensmittel oder Rum gestohlen, den die Sträflinge verbotenerweise von Sergeant Knight gekauft hatten, der mittlerweile in ernsten Schwierigkeiten war, weil ein Seesoldat ihn gemeldet hatte. Nach so vielen Monaten auf See wäre manch einer auch vor einem Mord nicht zurückgeschreckt, um an Rum heranzukommen.
    Von den brasilianischen Papageien hatte keiner überlebt, der Scotchterrier Wallace und Leutnant Johnstones Bulldogge Sophia dagegen erfreuten sich bester Gesundheit. Die Hündin war trächtig - worüber Shairp sich köstlich amüsierte -, und jeder an Bord war gespannt auf die Welpen. Rodneys Katzenfamilie war geschrumpft, weil man einige Kätzchen an andere Schiffe verschenkt hatte, doch er und die verbliebenen Katzen waren dick und rund.
    Am Ende der ersten Novemberwoche kam der Proviant für die Reise an Bord, und Captain Sinclair ließ die Mannschaft den Teil
des Rumpfes reinigen, der nicht mit Kupfer beschlagen war. Was Bordarzt Balmain auf die Idee brachte, das Gefängnis und das Quartier der Seesoldaten wieder einmal ausschwefeln, schrubben und tünchen zu lassen. Er war geradezu überwältigt von den Eindrücken, die er von seinen Ausflügen in die Vorberge mitgebracht hatte, von der Schönheit der exotischen Pflanzenwelt und ihrer verschwenderischen Frühjahrsblüte. Was für seltsame Blüten es dort gab! Einige sahen aus wie mit pastellfarbenem Plüsch bezogene Reichsäpfel!
    »Ich wusste doch, dass ich Mr Donovan noch um einen Gefallen bitten wollte«, rief Richard und klatschte den Pinsel an die Wand. »Ich wollte ihn bitten, allen Tünchehändlern der Stadt zu sagen, dass sie unserem Schiffsarzt keine Unze von dem Zeug verkaufen sollen.«
    Als die Flotte am 12. November den stark frequentierten Hafen verließ, lief gerade ein amerikanischer Kauffahrer aus Boston ein. Dessen Besatzung hatte offenbar noch nie einen solchen Massenexodus erlebt und drängte sich gaffend an der Reling. Der Aufenthalt hatte dreißig Tage gedauert und alle Schiffe waren randvoll beladen. Die weiblichen Gefangenen hatten die Friendship räumen müssen, um Platz für Schafe und einige Stück Vieh zu schaffen. Die Lady Penrhyn beförderte einen Hengst, zwei Stuten und ein Fohlen, Tiere, die für den Gouverneur reserviert waren. Doch sie war nicht das einzige Schiff, das neben Schafen, Schweinen und Geflügel auch Pferde und Rinder an Bord hatte, und so war jetzt schon abzusehen, dass die Wasserversorgung ein großes Problem werden würde. Der Unterbringung der Pferde wurde größte Aufmerksamkeit geschenkt. Sie durften sich nicht hinlegen, und

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