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Insel der Verlorenen Roman

Titel: Insel der Verlorenen Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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wahrscheinlich roden, sägen und das Land bestellen müssen. »Sobald Leutnant Furser sich eingerichtet hat, bekommen wir wöchentliche Verpflegungsrationen«, sagte Bill. »In Kürze trifft angeblich ein Versorgungsschiff aus Kapstadt ein. Dann haben wir für die nächste Zeit genügend Vorräte.«
    Bei Einbruch der Dunkelheit breiteten die Sträflinge die von der Alexander mitgebrachten Decken aus, schoben sich ihre zusammengerollten Kleider als Kissen unter den Kopf und wickelten sich in ihre zerlumpten Mäntel. Es war ein heißer Tag gewesen, doch
sobald die Sonne untergegangen war, kühlte es merklich ab. Die Sträflinge waren so erschöpft, dass sie trotz des überall herumkrabbelnden Ungeziefers sofort einschliefen.
    Am nächsten Morgen löste eine dumpfe Schwüle die nächtliche Kälte ab. Die Männer machten sich wieder an den Bau ihrer Hütte. Sie hatten nichts, um die Palmwedel zu befestigen, deshalb versuchten sie, aus einigen Wedeln Schnüre herzustellen. Das Gerüst der Hütte wirkte einigermaßen stabil, allerdings gab Richard und Will zu denken, dass die Pfosten nur sechs Zoll tief in dem sandigen Boden steckten. Sie häufelten den Aushub um die Pfosten an. Dann fällten sie noch mehr junge Bäume und legten die Stämme als Querverstrebungen flach auf den Boden. Sie kerbten die Stützpfosten ein und schoben die Stämme in die Kerben.
    Auch die anderen Sträflingsgruppen in ihrer Nähe bauten Hütten, allerdings mit unterschiedlichem Erfolg. Niemand arbeitete mit Begeisterung, doch um die Mitte des zweiten Tages auf dem Festland war unschwer zu erkennen, welche Gruppen entweder einen fähigen Anführer oder Handwerker hatten und welche nichts von beidem. Tommy Crowders Männer hatten begonnen, ihre Hütte mit einer Palisade aus dünnen Schösslingen zu umgeben. Richard fand das eine gute Idee und beschloss, dasselbe zu tun. Hier zeigte sich deutlich, wer gebildet und erfahren war: Der aus London stammende Crowder hatte viel erlebt und war ein kluger Kopf.
    Einige Seesoldaten überwachten die Fortschritte und zählten die Männer. Ein paar Sträflinge waren in den Wald geflüchtet, darunter eine Frau namens Ann Smith. Wahrscheinlich wollten sie zu den französischen Schiffen in der Botany Bay, die dort Gerüchten zufolge mehrere Tage vor Anker liegen würden.
    »Mein Gott, hier wimmelt es von Ameisen und Spinnen!«, rief Jimmy Price und lutschte an seiner Hand. »Eine dieser Ameisen hat mich gebissen, und es tut richtig weh. Seht mal, wie groß die Viecher sind! Einen halben Zoll lang! Man sieht sogar ihre Kiefer.« Finster blickte er auf einen prächtigen Baum mit weißer Rinde. »Und was ist das für ein ohrenbetäubendes Gezirpe? Mir dröhnen die Ohren.«

    Kein Wunder, dass er sich beklagte: Es war ein gutes Jahr für Zikaden.
    Billy Earl kam leichenblass und zitternd aus dem Wald gerannt. »Ich habe eben eine Schlange gesehen!«, keuchte er. »Das Ding war größer als Ike Rogers in seinen Stiefeln! Ungefähr so dick wie mein Arm! Und auf der anderen Seite der Bucht gibt es riesige Alligatoren, sagt Tommy Crowder. Wie ich diesen Ort hasse!«
    »Wir werden uns schon an die Tiere gewöhnen«, beruhigte ihn Richard. »Soviel ich weiß, ist hier noch keiner von einem größeren Tier als einer Ameise gebissen oder aufgefressen worden, auch wenn die Ameisen so groß wie Käfer sind. Bei den Alligatoren handelt es sich um große Eidechsen. Ich habe gesehen, wie einer einen Baum hinaufkletterte.«
    Am Nachmittag dieses Tages voller Überraschungen und Schrecken stellten die Männer die Hütte fertig. Im Süden verschwand die Sonne hinter einem Wolkengebirge. Der Himmel verfärbte sich schwarz und dunkelblau, in der Ferne zuckten Blitze. Die Männer hatten die Hütte im Windschatten eines großen Sandsteinfelsens gebaut, an dessen Unterseite sich eine kleine, wie mit einem Löffel ausgehöhlte Einbuchtung befand.
    »Ich glaube, wir sollten unsere Sachen unter den Felsen stellen«, sagte Richard. »Für alle Fälle. Die Palmwedel halten den Regen nicht ab.«
    Eine Stunde später brach ein Gewitter über sie herein, das noch heftiger war als der Sturm, den die Sträflinge auf See vor Kap Dromedar erlebt hatten. Gewaltige Blitze schlugen zwischen den Bäumen in die Erde ein. Knapp zehn Meter von ihrer Hütte entfernt explodierte ein riesiger Baum mit zinnoberroter Rinde. Der Stamm riss auseinander und brannte lichterloh. Aber nicht lange. Ein kalter, heulender Wind brachte Regen mit sich, der das Feuer

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