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Insel der Verlorenen Roman

Titel: Insel der Verlorenen Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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löschte und das Dach der Hütte im Nu zerstörte. Der Boden verwandelte sich in einen See. Dicke Tropfen prasselten nieder und durchnässten die Männer bis auf die Haut. Zähneklappernd saßen sie zwischen den Pfosten der Hütte. Ihr einziger Trost war, dass ihre Habseligkeiten unter dem Felsvorsprung vor Regen geschützt waren.
    »Wir brauchen bessere Werkzeuge und Nägel oder Schnüre, die
unser Haus zusammenhalten«, sagte Will Connelly am nächsten Morgen, den Tränen nahe.
    Wir müssen uns an einen ranghöheren Offizier wenden, dachte Richard. Furser kommt ja nicht einmal mit sich selbst zurecht. Auch wenn es Sträflingen verboten ist, Offiziere anzusprechen, ich muss es tun.
    Er machte sich auf den Weg. Wenigstens war der Boden so sandig, dass er nicht verschlammen konnte. Er kam an den Fluss. Seesoldaten hatten mit drei Steinen einen Übergang geschaffen. Weiter oben am Fluss sah er einige nackte schwarze Gestalten, und es roch nach verfaultem Fisch. Man hatte ihm erzählt, dass die Eingeborenen nach einem Fischtran stanken, der genauso widerlich roch wie der Schlamm im Hafen von Bristol. Die Eingeborenen machten keine Anstalten, näher zu kommen. Richard sprang also über die Trittsteine und näherte sich der größeren Siedlung auf der Westseite der Bucht. Dort waren die meisten männlichen Sträflinge untergebracht, und auch die Frauen sollten dort wohnen - sie waren noch nicht alle ausgeschifft worden. In der Mitte der Siedlung standen das Sanitätszelt, das Zelt der Seesoldaten, die großen Zelte der Offiziere und das Zelt von Major Ross. Auch die Sträflinge waren auf dieser Seite der Bucht in Zelten untergebracht. Man hat also nicht genügend Zelte mit auf die Schiffe genommen, dachte Richard. Deshalb waren er und die restlichen hundert Sträflinge auf die östliche Uferseite verbannt worden, wo sie selber für ihre Unterbringung sorgen mussten.
    »Kann ich bitte Major Ross sprechen?«, fragte Richard den Dienst habenden Posten vor dem großen, runden Zelt.
    Der Seesoldat musterte ihn verächtlich von oben bis unten. »Nein«, erwiderte er schließlich.
    »Es geht um eine wichtige Angelegenheit«, beharrte Richard.
    »Der Vizegouverneur ist zu beschäftigt, um Leute wie dich zu empfangen.«
    »Kann ich warten, bis er einen Moment Zeit hat?«
    »Nein. Verzieh dich. Wie heißt du überhaupt?«
    »Richard Morgan, Nummer zwei-null-drei, von der Alexander .«
    »Lass ihn rein«, ertönte eine Stimme aus dem Zelt.

    Richard betrat das Zelt, in das durch offene Klappen auf allen Seiten helles Licht strömte. Der Fußboden bestand aus Holzbrettern. Ein Vorhang teilte den Raum in ein Büro und den Wohnbereich des Majors. Major Ross saß an einem Klapptisch, der ihm als Schreibtisch diente. Er war allein. Er verachtete die ihm untergebenen Offiziere genauso wie seine Soldaten, obwohl er die Rechte, die Ansprüche und den Stolz der Seesoldaten unverdrossen gegen die Königliche Marine hochhielt. Gouverneur Arthur Phillip hielt er für einen Narren, Milde verabscheute er.
    »Was führt Sie zu mir, Morgan?«
    »Ich komme von der Siedlung im Osten, Sir.«
    »Sie wollen sich beschweren, stimmt’s?«
    »Nein, Sir, ich habe nur eine Bitte.« Richard sah Ross an. Er wusste, dass er wahrscheinlich zu den wenigen Menschen in Port Jackson gehörte, die den raubeinigen Major mochten.
    »Um was geht’s?«
    »Wir haben nichts, womit wir unsere Hütten bauen könnten, Sir, außer ein paar Beilen. Damit konnten wir zwar Balken zuhauen, aber wir können das Dach nicht mit Palmwedeln decken. Dazu bräuchten wir Schnüre. Nägel brauchen wir nicht unbedingt, doch fehlen uns Bohrer, Sägen und Hämmer. Mit wenigstens ein paar Werkzeugen würde die Arbeit schneller vorangehen.«
    Der Major stand auf. »Kommen Sie mit, ich muss mir ein wenig die Beine vertreten«, sagte er schroff. »Sie sind ein kluger Kopf«, fuhr er fort, als er vor Richard aus dem Zelt marschierte. »Das habe ich schon gemerkt, als es um die Pumpen und die Bilge der Alexander ging. Sie stehen mit beiden Beinen fest auf dem Boden und vergehen nicht vor Selbstmitleid. Wenn mehr Leute so wie Sie wären und nicht wie der Abschaum der englischen Gefängnisse, kämen wir hier besser zurecht.«
    Richard passte sich dem flotten Schritttempo des Majors an. Offenbar hielt der Vizegouverneur nicht viel vom Experiment mit den Gefangenen. Sie kamen am Lager der Unteroffiziere vorbei und näherten sich den vier runden Zelten, in denen die Offiziere wohnten. Leutnant Shairp

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